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Des Oheims Erbe.
Roman
von
P. E. v. Areg.
(Fortsetzung und Schluß.) ,
o 2 (Nachdruck verboten.)
ögm die lieben Heiligen Eurer Herrlich-
keit solche Gnade vergelten," sagte Mattheo,
indem er das Geld nahm, es mit Ent-
zücken betrachtete und dann in den Taschen
seiner weiten Beinkleider verschwinden ließ,
„ich armer Mann vermag dafür nur zu
danken."
„Es ist gut, Mattheo," entgegnete der Baron,
„aber Hamit hat sich der Zweck meines
Kommens nicht erledigt. Du wirst be-
greifen, daß ich jetzt, wo es sich heraus-
gestellt hat, daß Deine Erzählung von neu-
lich Wahrheit enthielt, nothwendiger Weise
Eure beiden Aussagen haben muß, um die
Angelegenheit in der von mir gewünschten
Weise zu Ende zu führen. Denn es wird
mir nur gelingen, eine Ucberführung des
Mörders vor oem Gericht herbeizuführen,
Wenn ich meine Anklage mit dem beider-
seitigen Zeugniß der am Thatorte An-
wesenden unterstützen kann. Nun sehe ich
aber sehr Wohl ein, daß Ihr nicht das
gewöhnliche Zeugniß vor den Gerichten
ablegen könnt, ohne selbst Gefahr zu laufen,
eingesteckt zu werden. Wir müssen also
ein Mittel wählen, das Euren direkten Zu-
sammenstoß mit dem Gerichte vermeidet."
„Ja, Eccellenza, das wäre allerdings
Nothwendig, denn im anderen Fälle möchten
unsere Hälse eine unliebsame Bekanntschaft
mit dem Stricke machen," versetzte Mattheo,
seinem Genossen einen Blick zuwerfend.
„Um eine solche zu verhüten, müßt
Ihr Eure Aussage vor einen: vereideten
Notar und zwei Zeugen machen, und sobald
das geschehen ist, Euch mit möglichster Ge-
schwindigkeit aus dem Staube machen. Ich
werde Euch ausreichende Mittel geben, da-
mit Ihr im Auslande so lange leben könnt,
bis Ihr ein ehrliches Brod gefunden habt."
„Wenn die Sache einmal so weit ge-
diehen ist, so ist es besser, Marco und ich
thun, was Eure Herrlichkeit will," sagte
der Brigant, „und verschwinden dann mit
einander, als daß wir warten, bis die
Starren kommen."
„Du hast vollkommen Recht, Pietro!"
„Aber diesem schuftigen Hunde, der mir
Mein Geld vorenthielt, möchte ich erst noch
eins auswischen, bevor ich mich unsichtbar
uinche."
„Verliere Deine Zeit nicht mit einer

„Sprich, Pietro, sage mir Alles," drängte der Baron,
„Du weißt, daß ich gute Dienste nicht unbelohnt lasse.
Willst Du Dir vielleicht zugleich Straflosigkeit und das
ausgesetzte Lösegeld zusichern, indem Du der Polizei
Eröffnungen machst, so soll es mir noch lieber sein."
„Nein, ich will mit der Polizei nichts zu thun haben
und will das Verderben so vieler meiner Kameraden
nicht auf meine Schulter laden."
„So lasse mich denn wissen, was Du noch auf dem
Herzen hast," ermunterte der Baron.
„Sv hören Eure Herrlichkeit den». Es fiel mir
schon seit langer Zeit ans, daß unsere beiden Führer,
von denen wir soeben sprachen, niemals auf dem ge-
wöhnlichen Wege zu unserem Lagerplatze gelangten,
und auch diesen niemals auf dem gewöhnlichen Wege
verließen. Immer kamen sie gerade von der entgegen-
gesetzten Seite, es schien, als stiegen sie vom Hochgebirge
herab und kehrten auch dahin zurück, und
wir wußten doch Alle, Einer so gut wie
der Andere, daß dorthin kein Weg führe
und daß man überhaupt dort hinaus nicht
vorzudringen vermöge, weil tiefe und
gähnende Felsschluchten jedes Vordringen
unmöglich machen. Au einem Tage, wo
ich durch einen Zufall allein oben im Lager
zurückgeblieben war, beschloß ich, meine
Neugierde über das von mir Bemerkte zu
befriedigen. Ich unterwarf die im Rücken
unseres Lagerplatzes liegenden felsigen Ab-
hänge einer genauen Untersuchung. Plötz-
lich trete ich um einen Felsblock herum,
der am Rande einer tiefen Schlucht liegend
jedes weitere Vordringen zu verhindern
schien, und vor mir liegt ein allerdings
sehr schmaler, steil abfallender Pfad, der
aber bis zum Grunde der Schlucht lief.
In dieser vermochte mau, eine sehr lange
Strecke dem Laufe eines kleinen Baches
folgend, weiter zu schreiten; endlich stürzt
der Bach au einer völlig unwegsamen Stelle
zu Thal, aber auch hier führt, dem Fels-
abhange folgend, ein sehr schmaler, kaum
sichtbarer Pfad abwärts; gelaugt man au
sein Ende, so ist die Thalsohle nur durch
einen Sprung aus einer Höhe von vier
Ellen zu gewinnen. Nach der Höhe hinauf
aber können mir Zwei zusammen den Pfad
erreichen, indem Einer den Anderen unter-
stützt. Das ist der heimliche Weg, den
sich die Führer Vorbehalten haben und
benützen."
„Deine Erzählung ändert meine Ent-
schlüsse, Pietro," sagte der Baron, der auf-
merksam zugehört hatte, „ich muß Dich
morgen Abend um sechs Uhr auf dem
Marktplatze zu Fiorenzuvla treffen; laß
mich nicht warte», Du wirst reichen Lohn
erhalten."
„Ich werde zur Stelle sein, Eure Herr-
lichkeit," sagte der Bandit.

Hans Richter, Kapellmeister der Hofoper in Wien.
Nach einer Photographie gezeichnet von C. Kolb. iS. ao7l

Rache, die Dich in Gefahr bringt. Hat Dich die
Polizei einmal gefaßt, so bin ich außer Stande, Dich
wieder aus ihren Händen zu befreien," warnte der
Baron.
„Ich habe ein Mittel in der Hand, ihm seinen
Raub zu vergällen, ohne daß ich mir dabei irgend
welchen Schaden zufüge."
„Willst Du die Kameraden etwa verrathen, mit
denen Du so lange vereint warst?" fragte Mattheo.
„Willst Du in ich etwa davon abhalten, Freund,
der Du uns Beide, wie cs sich heute herausstellt, an
den gnädigen Herrn um einen Beutel Gold verrathen
hast?"
„Du hast ja eine» entsprechenden Lohn für Dich in
der Tasche!"
„Gerade deshalb werde ich den Mund aufmachen
und dem gnädigen Herrn sagen, was ich weiß!"
 
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