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132

Das Bu ch f ü r All e.

Heft 5.



die Gesandten, bevollmächtigten Minister und Geschäftsträger.
Als Letzter in der Reihe unter Nr. 23 ist Sir Christopher
Lecsdale, der Ccremoniemneistcr der Königin Viktoria, ange-
führt. Tie ganze vornehme Gesellschaft ist in lebhafter Unter-
haltung begriffen, in leichter, geistreich zugespitzter Plauderei.
An Hosklatsch fehlt es natürlich auch nicht. Zu den witzigsten
und unterhaltendsten Diplomaten gehören der russische Bot-
schafter Staat und der deutsche Graf Hatzfeldt. Diplomatische
Geschäfte werden jedoch hier nicht verhandelt; dazu ist weder

Theodor Körner
in seiner Uniform als Lieutenant des Lützow'schen Freicorps.
Zeit noch Ort geeignet. In jedem Augenblick können sich die
Flügelthüren öffnen, und der Stab des Hosmarschalls aus
den Boden klopfen, nm anzngeben, daß die Königin des Em-
pfanges der Versammelten gewärtig sei, die dann unter

tober 1791 an seinen vertrauten Freund, den damaligen Ober-
appellationsgerichtsrath Christian Gottfried Körner in Dres-
den, den sciue Gattin Miimn, geb. Stock, Tochter des bekannten
Leipziger Kupferstechers Stock, nm 23. September mit einem
Knäblein beschenkt hatte. Jener von dem großen Dichter mit
einem Segenswunsche begrüßte „Stammhalter" nun war kein
Anderer, als Theodor Körner, der spatere Held und Sänger
der deutschen Befreiungskriege, dessen hundertsten Geburtstag
wir nm 23. September dieses Jahres feiern. Wir bringen
aus diesem Anlaß untenstehend die Bildnisse der
Eltern Körner's, sowie sein Porträt und das
seiner Braut, Toni Adamberger, der späteren
Frau v. Arneth. Noch immer zählt Th. Körner
zu den volksthümlichsten Gestalten unserer dichte-
rischen Literatur, und nicht mit Unrecht rühmt
sein jüngster Biograph, A. Kohnt, von ihm:
„Wäre es ihm bejchieden gewesen, durch ein
längeres Leben fein außerordentliches dichterisches
Talent voll und ganz zu entfalten, so wäre er
voraussichtlich einer unserer größten Poeten ge-
worden, deren Namen mit goldenen Lettern in
den Tafeln der Literaturgeschichte verzeichnet sind.
Aber obschon ihm nur eins kurze Lebensspanne
vergönnt war, so wird doch die Spur voll seinem
Erdendasein selbst in Aeonen nicht untergehen.
Ganz abgesehen davon, daß in der Feuerseele
Theodor Körner s die Flammen der Freiheits- und
der Vaterlandsliebe loderten und er sein junges
Herzblut auf dem Altar Deutschlands verspritzte,
um die heiligsten Güter des deutschen Volkes
gegen die Willkür und den Despotismus des ruch-
losen Korsen zn vertheidigen — er also in der Ge-
schichte stets als ein ruhmreicher Heid und Mär-
tyrer gefeiert werden wird — hat er auch als
Lyriker und Dramatiker gar Manches geschaffen,
was ihm die Unsterblichkeit sichert." Schon wäh-
rend Theodor noch von 1808 bis 1810 die Berg-
akademie in Freiberg besuchte, entstanden feine
ersten lyrischen Dichtungen, die unter dem Titel
„Knospen" erschienen und ein beachtenswert hes
Talent verriethen. Ganz wandte er sich aber
erst in Wien der Dichtkunst zu, wohin er, nach
einem kürzeren Aufenthalte in Berlin lind Karls-
bad, im August 1811 übersiedelte. Hier schuf er
nun in rascher Folge die dramatischen Dichtun-
gen: „Die Braut", „Der grüne Domino", „Der
Nachtwächter", „Toni", „Die Sühne", „Zriny",
„Hedwig" und „Rosamnnde", die unter rauschen-
dem Beifall über die Bühne gingen. Einen großen
Theil dieses Beifalls hatte der junge Poet dem hinreißenden
Spiele der trefflichen Schauspielerin Toni Adamberger zn
danken, die in den meisten Stücken die weiblichen Haupt-
rollen verkörperte und der ausgesprochene Liebling der Wiener
war. Körner trat dem ebenso

und Freuden: seine Grabnrne ist mit dem Kranze der Un-
sterblichkeit geschmückt, und getröstet rufen wir ihm »ach:
Du hast vollendet!"
Die Hochwasser-Katastrophe in Kostmann Airol».
(Siehe das Bild auf Seite 133.)
Südtirol, und zwar das Eifackthal zwischen Klausen und
—' Bozen, ist wieder von einer furchtbaren Hochwasser-Kata-

Nntonie Ndambcrger, die Braut Theodor Körner s.
Nach dein im Körnermusenm befindlichen Miniatnrbildnib von Monsorno,
Photographirt von Rammler L Jonas in Dresden.
strophe heimgesncht worden. In der Nacht vom 17. auf den
18. August sind nämlich infolge eines Wolkenbruches durch
einen angcschwolleuen Gebirgsbach in dem kleinen Dorfe Koll-
mann 16 Hänser binnen wenigen Augenblicken zerstört und

vr. Christ. Gottsr. Körner, der Vater Theodor Körner's.
Nach dem Leben 1786 gezeichnet von Dora Stock. Original im Körncrmnsenm.


Mitwirkung des Ceremonienmeisters ihre nach dem Etikettegesetz
geordnete Ausstellung nehmen und gruppenweise in den Saal

lassen; jetzt,
ans mich '

Minna Körner, geb. Stock, die Mittler Theodor Körner's.


Nach dem Leben 1786 gezeichnet von Dora Stock. Original im Körncrmnsenm.

und vor den Thronsessel Ihrer „allerhuldvollsten" Majestät
treten, schweigend, lief sich neigend, mit gnädigem Blick von
ihr begrüßt, nnd dann sich wieder entfernend.

Zu Theodor Körner's hundertstem Geburtstage.
sSiehe die 4 Porträts.)
^^eine herzlichsten Glückwünsche zu dem angelangten Stauiui-
l Halter des Köruer'schcn Geschlechts, dem ich meinen
besten Segen zurufe," schrieb Schiller von Jena aus am 3. Ok-

schönen, als durch strengste
Sittsamkeit sich nuszeichnenden
Mädchen auch persönlich bald
näher nnd faßte eine tiefe Lei-
denschaft für sie, die von Toni
erwiedert wurde. Beide ver-
lobten sich, und da Körner nach
dem großen Erfolge seiner Erst-
lingswerke eine ebenso ehrenvolle
als einträgliche Anstellung als
k. k. Hoftheaterdichter erhielt,
so schien einer Verbindung des
jungen Paares nichts mehr im
Wege zu stehen. Da rief Preu-
ßen zum Kampfe gegen Napo-
leon I. auf, und nnn griff auch
Körner zum Schwerte, nm seinen
begeisterten Liedern, die erst
nach seinem Tode unter dem
Titel „Leier und Schwert" ge-
sammelt erschienen, die That
folgen zu lassen und sein Leben
für die Befreiung des Vater-
landes einzusetzen. „Deutsch-
land steht auf," schrieb er nach
Hanse: „der preußische Adler
erweckt in allen treuen Herzen
durch seine kühnen Flügelschlüge
die große Hoffnung einer deut-
schen , wenigstens norddeutschen
Freiheit. Meine Brust seufzt
nach ihrem Vaterlande — laßt
mich ihr würdiger Jüngling
fein! — Ja, liebster Vater, ich
will Soldat werden, ich will
das hier gewonnene glückliche
und sorgenfreie Leben mit Freu-
den Hinwersen, um, fei's auch
mit meinem Blute, mir ein
Vaterland zu erkämpfen! —
Ncnn's nicht Uebermuth, Leicht-
sinn, Wildheit! — Vor zwei
Jahren hätte ich es so nennen
da alle Sterne meines Glückes in schöner Milde
ederleuchten, jetzt ist es bei Gott ein würdiges
Gefühl, das mich treibt, jetzt ist es die mächtige Ueberzeu-
gung, daß kein Opfer zu groß sei für das höchste mensch-
liche Gut, sür seines Volkes Freiheit." Am 19. Mürz 1813
trat Körner in Breslan in die Lützow'sche Freiscbaar ein
nnd wurde bald zum Lieutenant befördert. Als Adjutant
Lützow's empfing er in dem Gefechte bei Gadebusch am 26. Au-
gust die Todeskugel und ward bei dem Dorfe Wöbbelin unter
einer alten Eiche bestattet. „Noch hatte er jein einundzwanzig-
stes Jahr nicht vollendet, als er seine Augen für immer schloß,"
schrieb sein Jugendfreund F. Förster; „nur ein rasch enteilender
Frühling war ihm vergönnt, allein er war reich an Blütheu

hinweggefegt worden, und an 40 Personen haben einen plötz-
lichen gräßlichen Tod gesunden. Außerdem wurde die Reichs-
straße bei Kollmann auf eine wecke Strecke hin zerstört, das
Flußbett des Eifack mit Felsstücken und Steinmassen hoch
angefüllt, und der Damm der Südbähn in der Länge von
600 Metern überschwemmt und vermuhrt. Ter durch das
Dorf Kollmann fließende Bach, der dies Unheil verursachte,
empfängt sein Wasser von, Rittnerhorn nnd den südlich davon
liegenden Nachbarbergen. Er heißt im Volksmnudc Saubach,
sollst Ganderbach, nnd mündet bei Kollmann in den Eiiack.
In der verhängnißvollen Nacht null ging oben im Gcbirgc
ein Wolkenbruch llieder, der plötzlich das Rinnsal deS Baches
mit großen Wassermassen füllte und hoch über dem Dorse
 
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