Heft 18. JUustrirte Familien-Zeitung. «M. ms.
Sprache
Prinz Georg, der zukünftige englische Thronfolger. ZS. 481)
kennen sollen, blind und thöricht genug war, Dich wie
ein Kind zu lieben, Dir zu vertrauen! Wie ein Elen-
der stehe ich vor dem Mädchen, der Dn Liebe heuchel-
test, das Du umwarbest, um Dich — o der Schmach,
der Niedertracht! - schließlich entführen zn lassen von
dieser — "
„Heinz! Sie ist mein Weib!" schrie Bodo, indem
er auf ihn zu stürzte und ihm die Hand auf den Mund
preßte.
Wie ein kraftloses Hündchen wurde er aber von
dem Wüthenden abgeschüttelt.
„Ehrlos bist Du! Ehrlos hast Du mich erscheinen
lassen vor dem edlen Mädchen, das — das —"
„Das Du wohl gar selber anbetetest und haben
möchtest'?" lachte Bodo, jetzt auf das Aeußerste er-
bittert, hämisch auf. „Schade, daß sie Dich von Anfang
an verabscheute! Aber steh doch zu, vielleicht nimmt
sie Dich jetzt."
Mit einem entsetzten Aufschrei warf sich die ehe-
malige Schauspielerin zwischen die Brüder. Heinz
hatte die Hand erhoben, um, sinnlos vor Zorn, zuzu-
schlagen.
Bodo wich zurück, todtenblaß wie der Bruder.
Heinz stand da wie gelähmt, langsam sank ihm die Hand
herab. Ein unbeschreibliches Gefühl des Elends überkam
ihn, er wandte sich ab und - weinte. Er weinte!
Ihm selbst waren diese Thränen unglaublich, und doch
schüttelte es ihn krampfhaft. So weit hatte es kommen
müssen!
„Du bist ein Hitzkopf, alter Junge," sagte der
Fuchs, der sich wieder ganz gefaßt hatte, in seinem ge-
müthlichen Tone. „Nun laß es gut sein, gib mir das
Geld, es ist ja doch vorläufig nichts mehr mit uns
Beiden, laß mich fort!"
Heinz schlug das Herz bis iu den Hals hinauf
vor Jammer, und dabei las er in Bodo's listigen
Augen doch heute zum ersten Male verstand er ihre
h: - den Spott des überlegenen Gegners. Und
nun wollte das Schicksal auch zum Un-
glück, daß der Bruder dieser Adele einen
Blick zuwarf, der deutlich sagte: „Siehst
Du, ich weiß ihn zu behandeln!"
Die körperliche Empfindung, als werde
ihm ein Messer in's Herz gestoßen, kam
Heinz dabei. Wie er aus dem Garten und
über den Burghof gekommen, wußte er nach-
her nicht mehr. Er fuhr die Nacht durch,
in einer qualvollen Aufregung ohne Glei-
chen. Bodo war ihm heute gestorben! Nein,
schrecklicher noch: der Bodo, den er so tief,
so brüderlich geliebt, hatte nie eristirt.
Und um Bodo's willen litt Helia jetzt
alle Qualen eines getäuschten Herzens! —
Helia! armes, holdes Mädchen!
„Wie hätte ich sie lieben wollen! Wie
hätte ich sie auf Händen getragen!" stöhnte
er. O, es war nicht zu ertragen!
In köstlicher Morgenfrische langte er in
Ordabrunn wieder an.
Die Damen, seine Gäste, saßen schon
unter der Linde und tranken ihren Kaffee.
Sie begrüßten den blassen, düster blickenden
Hausherrn beklommen, athmeten aber er-
leichtert ans, als er, sich zu ihnen setzend,
herzlich sagte: „Ihr müßt bleiben, so lange
ihr könnt. Es weht mich traut an, daß ich
eine Familie habe."
Das Erste, was er erfuhr, waren die
großen Neuigkeiten über Helia. Sie mach-
ten ihn fast sprachlos.
„Und sie geht an den Hoff" fragte er.
„Ja, und ich glaube, cs wird ihr eine
Erleichterung sein; sie war krank und sah
blaß und trübe aus," crwiederte Marie
ernst.
Er verstand sie. Um Bodo's willen!
Diese Krankheit erklärte auch, daß He-
lia in der ganzen Zeit nicht nach Orda-
brunn gekommen war. Wie schmerzlich ihm
das War — nichts, nichts wollte sie von
ihm. Und heute reiste sie ab!
Der Fuchs von Hesselrode.
Roman
L. Aaidüeim.
(Fortsetzung.)
_ (Nachdruck verboten.)
, das ist nicht wahr, daß Du Dich
von mir lossagen willst!" rief Bodo, auf
Bruder zustürzend.
„Es ist so wahr, daß Du vor mir Dich
jetzt winden könntest in Angst und Qual,
und ich hätte keine Hand für Dich!" ent-
gegnen Heinz kalt.
„Weshalb kommen Sie denn hierher?
Welchen Zweck haben Sie? Wollten Sie
uns nur Mittheilung von Ihrem aller-
höchsten Mißfallen machen?" schrie die Ca-
staroni wüthend auf.
„Ich kam, weil ich Bodo v. Hesselrode
darüber in's Klare setzen wollte, daß ich —"
„Schweigen Sie! Es ist genug der leeren
Worte!" rief die ehemalige Schauspielerin.
„ — daß auf Grund dieser von Ihnen zu
den Prozeßakten gelieferten Briefe der Pro-
zeß voraussichtlich gewonnen werden wird,
daß ich aber mit Bodo fernerhin nur noch
durch unseren Advokaten zu verhandeln
wünsche, und daß ich gesonnen bin, den
größten Theil des ihni zufallenden Erbes
gesetzlich festlegen zu lassen," fuhr Heinz
fort. „Er ist als notorischer Verschwender
bekannt; Sie sind sein böser Genius, und
wären Sie es nicht, bei Ihrem ebenfalls
wohlbekannten Ruse werden Sie mit ihm
gemeinsame Sache machen, wie er es mit
Ihnen gethan. Ich halte es als Haupt des
Hauses für geboten, meine Macht in dieser
Weise zu Ihres Gatten Besten zn ge-
brauchen."
„Ah — so weit sind wir noch nicht, theu-
rer Heinz," unterbrach sie ihn, zitternd vor
Aerger. „Es ist gut, daß Bodo's ,böser
Genius' Ihnen gewachsen ist. Wir wollen
sehen."
„Es ist Ihre Sache, was Sie versuchen
wollen gegen mich zu thun."
Und nun war es ihm, da er sich zum
Gehen wandte, doch, als legte sich eine Last
auf ihn, als beugte sie ihn nieder.
„Heinz! Wenn ich Helia genommen
hätte, so würdest Du nicht so schlecht von
mir reden, mich nicht so behandeln," rief
Bodo, sich aufraffend, ihm zu.
Helia! Der Name entfesselte die vulka-
nische Heftigkeit, die Heinz bis jetzt so müh-
sam unterdrückt hatte.
„Nenne den Namen nicht, ehrloser
Bursche," rief er außer sich. „Schande und
Schimpf über mich, daß ich, der Dich hätte
Sprache
Prinz Georg, der zukünftige englische Thronfolger. ZS. 481)
kennen sollen, blind und thöricht genug war, Dich wie
ein Kind zu lieben, Dir zu vertrauen! Wie ein Elen-
der stehe ich vor dem Mädchen, der Dn Liebe heuchel-
test, das Du umwarbest, um Dich — o der Schmach,
der Niedertracht! - schließlich entführen zn lassen von
dieser — "
„Heinz! Sie ist mein Weib!" schrie Bodo, indem
er auf ihn zu stürzte und ihm die Hand auf den Mund
preßte.
Wie ein kraftloses Hündchen wurde er aber von
dem Wüthenden abgeschüttelt.
„Ehrlos bist Du! Ehrlos hast Du mich erscheinen
lassen vor dem edlen Mädchen, das — das —"
„Das Du wohl gar selber anbetetest und haben
möchtest'?" lachte Bodo, jetzt auf das Aeußerste er-
bittert, hämisch auf. „Schade, daß sie Dich von Anfang
an verabscheute! Aber steh doch zu, vielleicht nimmt
sie Dich jetzt."
Mit einem entsetzten Aufschrei warf sich die ehe-
malige Schauspielerin zwischen die Brüder. Heinz
hatte die Hand erhoben, um, sinnlos vor Zorn, zuzu-
schlagen.
Bodo wich zurück, todtenblaß wie der Bruder.
Heinz stand da wie gelähmt, langsam sank ihm die Hand
herab. Ein unbeschreibliches Gefühl des Elends überkam
ihn, er wandte sich ab und - weinte. Er weinte!
Ihm selbst waren diese Thränen unglaublich, und doch
schüttelte es ihn krampfhaft. So weit hatte es kommen
müssen!
„Du bist ein Hitzkopf, alter Junge," sagte der
Fuchs, der sich wieder ganz gefaßt hatte, in seinem ge-
müthlichen Tone. „Nun laß es gut sein, gib mir das
Geld, es ist ja doch vorläufig nichts mehr mit uns
Beiden, laß mich fort!"
Heinz schlug das Herz bis iu den Hals hinauf
vor Jammer, und dabei las er in Bodo's listigen
Augen doch heute zum ersten Male verstand er ihre
h: - den Spott des überlegenen Gegners. Und
nun wollte das Schicksal auch zum Un-
glück, daß der Bruder dieser Adele einen
Blick zuwarf, der deutlich sagte: „Siehst
Du, ich weiß ihn zu behandeln!"
Die körperliche Empfindung, als werde
ihm ein Messer in's Herz gestoßen, kam
Heinz dabei. Wie er aus dem Garten und
über den Burghof gekommen, wußte er nach-
her nicht mehr. Er fuhr die Nacht durch,
in einer qualvollen Aufregung ohne Glei-
chen. Bodo war ihm heute gestorben! Nein,
schrecklicher noch: der Bodo, den er so tief,
so brüderlich geliebt, hatte nie eristirt.
Und um Bodo's willen litt Helia jetzt
alle Qualen eines getäuschten Herzens! —
Helia! armes, holdes Mädchen!
„Wie hätte ich sie lieben wollen! Wie
hätte ich sie auf Händen getragen!" stöhnte
er. O, es war nicht zu ertragen!
In köstlicher Morgenfrische langte er in
Ordabrunn wieder an.
Die Damen, seine Gäste, saßen schon
unter der Linde und tranken ihren Kaffee.
Sie begrüßten den blassen, düster blickenden
Hausherrn beklommen, athmeten aber er-
leichtert ans, als er, sich zu ihnen setzend,
herzlich sagte: „Ihr müßt bleiben, so lange
ihr könnt. Es weht mich traut an, daß ich
eine Familie habe."
Das Erste, was er erfuhr, waren die
großen Neuigkeiten über Helia. Sie mach-
ten ihn fast sprachlos.
„Und sie geht an den Hoff" fragte er.
„Ja, und ich glaube, cs wird ihr eine
Erleichterung sein; sie war krank und sah
blaß und trübe aus," crwiederte Marie
ernst.
Er verstand sie. Um Bodo's willen!
Diese Krankheit erklärte auch, daß He-
lia in der ganzen Zeit nicht nach Orda-
brunn gekommen war. Wie schmerzlich ihm
das War — nichts, nichts wollte sie von
ihm. Und heute reiste sie ab!
Der Fuchs von Hesselrode.
Roman
L. Aaidüeim.
(Fortsetzung.)
_ (Nachdruck verboten.)
, das ist nicht wahr, daß Du Dich
von mir lossagen willst!" rief Bodo, auf
Bruder zustürzend.
„Es ist so wahr, daß Du vor mir Dich
jetzt winden könntest in Angst und Qual,
und ich hätte keine Hand für Dich!" ent-
gegnen Heinz kalt.
„Weshalb kommen Sie denn hierher?
Welchen Zweck haben Sie? Wollten Sie
uns nur Mittheilung von Ihrem aller-
höchsten Mißfallen machen?" schrie die Ca-
staroni wüthend auf.
„Ich kam, weil ich Bodo v. Hesselrode
darüber in's Klare setzen wollte, daß ich —"
„Schweigen Sie! Es ist genug der leeren
Worte!" rief die ehemalige Schauspielerin.
„ — daß auf Grund dieser von Ihnen zu
den Prozeßakten gelieferten Briefe der Pro-
zeß voraussichtlich gewonnen werden wird,
daß ich aber mit Bodo fernerhin nur noch
durch unseren Advokaten zu verhandeln
wünsche, und daß ich gesonnen bin, den
größten Theil des ihni zufallenden Erbes
gesetzlich festlegen zu lassen," fuhr Heinz
fort. „Er ist als notorischer Verschwender
bekannt; Sie sind sein böser Genius, und
wären Sie es nicht, bei Ihrem ebenfalls
wohlbekannten Ruse werden Sie mit ihm
gemeinsame Sache machen, wie er es mit
Ihnen gethan. Ich halte es als Haupt des
Hauses für geboten, meine Macht in dieser
Weise zu Ihres Gatten Besten zn ge-
brauchen."
„Ah — so weit sind wir noch nicht, theu-
rer Heinz," unterbrach sie ihn, zitternd vor
Aerger. „Es ist gut, daß Bodo's ,böser
Genius' Ihnen gewachsen ist. Wir wollen
sehen."
„Es ist Ihre Sache, was Sie versuchen
wollen gegen mich zu thun."
Und nun war es ihm, da er sich zum
Gehen wandte, doch, als legte sich eine Last
auf ihn, als beugte sie ihn nieder.
„Heinz! Wenn ich Helia genommen
hätte, so würdest Du nicht so schlecht von
mir reden, mich nicht so behandeln," rief
Bodo, sich aufraffend, ihm zu.
Helia! Der Name entfesselte die vulka-
nische Heftigkeit, die Heinz bis jetzt so müh-
sam unterdrückt hatte.
„Nenne den Namen nicht, ehrloser
Bursche," rief er außer sich. „Schande und
Schimpf über mich, daß ich, der Dich hätte