Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Heft 17. JUus^rirte Fmnilien-Dcitung. 2«hrg. >M




Der Fuchs von Hesselrodo.

Roman

Regiment weg mußte, und als es jnst an: schlimmsten
stand, da kam das mit der Erbschaft."
„Und mit Dem wallten sic mich verheirathen!
Tiefen Menschen wollten sic mir zum Manne geben!"
schrie cs in Helia auf.
Sie sagte kein Wort. Ein unbeschreiblich elendes
Gefühl überwältigte sie. Tas hatte Heinz ihr anthnn
wollen! Er, den sie so lieb hatte!
Aber schon ehe der Gedanke ausgedacht war, sprang
Helia ans, als müsse sic ersticken. Tie Erkenntniß, daß
sie ihn liebe, kam ihr so urplötzlich, daß sie wie be-
täubt mitten im Zimmer stand und, die Hände krampf-
haft ineinander gefaltet, vor sich hinstarrte wie in
einen Abgrund.
„Das das wollte er mir authun! Ich sollte
diesen — diesen Bodo heirathen!"

Und mit einem Schlage durchschaute sie jetzt auch
dessen Falschheit. Als ob em Blitz Alles erhellte, was
dunkel und eindruckslos au ihr vorübergeglitten, so fiel
ihr mit einem Male ein, wie oft Bodo gethan, als sei
cs Heinz, der sich für die Eastaroni intcressirte. Und
dann wieder erinnerte sie sich, Heinz hatte eine Braut
gehabt. Wie war es doch damit !
Ihre Gedanken flatterten wie geängstete Vögel hin
und her. Törtchen blickte sie, zum Schein weiter ar-
beitend, heimlich m tiefster Unruhe au.
Helia suchte sich endlich zu fassen. Sic mußte nun
Alles wissen. Nie war ihr so zu Muthe gewesen, wie
jetzt. Sie kam sich so verrathen vor, so elend ver-
rathen. Und sie — sie hatte nicht eine Minute ge-
zögert, als es gatt, Heinz sein Recht zu geben!
als er! Aber daß er
so schlecht hatte sein
können — und nur
um des Geldes willen!
Er fürchtete den Pro-
zeß zu verlieren!
Wenn sie den Fuchs
heirathete, war das
Geld den Brüdern ge-
rettet.
To mußte sie zum
zweiten Male erfah-
re», welche Rolle das
Geld spielt.
Inzwischen waren
ihre Hände eiskalt, ihr
Gesicht ganz blaß ge-
worden, aber sic hatte
ihre Ruhe wieder, we-
nigstens äußerlich.
„Erzählen Sie mir
doch weiter, Törtchen,
wie das gewesen ist!"
sagte sic mit ganz an-
derem, befehlendem
Tone.
Tas kleine Wesen
sah sie bang und un-
ruhig an.
„Erzählen Sie nur.
Sie werden sich doch
nicht einbilden, daß
mich diese Herren et-
was angingen!" for-
derte Helia noch ein-
mal.
„Ja, wo war ich
denn?" suchte das zit-
ternde Törtchen Zeit
zu gewinnen.
„Sie erzählten, der
Baron Bodo sei mit
der Schauspielerin
fort. Sie hätte ihn
geholt! Wie war das
denn?"

gewiß, Ice war

L. Kaidheim.

(Fortsetzung.)
(Nachdruck derbsten.)

ie Schauspielerin sei die Liebste des Barons
Bodo, meinen Sie?" sagte Helia. „Nicht
doch, Törtchen — sie war die Geliebte des
Barons Heinz."
„Aber nm Gottes willen, gnädiges Fräu-
lein! So ein braver, ehrenwerther Herr!"
rief Törtchen ganz ent-
rüstet. „Dem so etwas
zuzutrauen!"
Helia war die Ar-
beit aus deu Händen
gesunken, in höchster
Aufregung starrte sie
die Nähterin an.
„Törtchen! Er
nicht? Er nicht ? Kön-
nen Sie mir das be-
schwören? Aber ach,
was wissen Sie da-
von!"
„Was ich weiß?
Alles weiß ich! Habe
doch in der Residenz
das Schneidern ge-
lernt, und die ganze
Stadt sprach von den
Geschichten, die der
Fuchs von der Hessel-
rodeburg um die Ea-
staroni machte. Dazu-
mal war er noch Offi-
zier! Geld hatten beide
Brüder nicht, aber der
Fuchs that, als hätte
er Millionen! Die
Blumen, die sie alle
Tage von ihr» geschickt
erhielt und
Schmuck, und Alles
nicht bezahlt! Die
Leute sprachen sich die
Zungen fast lahm über
die Beiden. Er hat sich
denn auch immer tie-
fer in Schulden ge-
stürzt und hernach
mußte er abgehen,
weil es gar nicht mehr
ging. Und da hat
Baron Heinz doch noch
wieder Alles bezahlt,

MWM

daß der Bruder nur
nicht mit Unehre vom

Puch eine große Paine. Nach einem Gemälde von R. Hohenberg. (S. 406)
Photographieverlag der Photographischen Union in München.

„Das weiß ja näm-
lich kein Mensch, gnä-

»

s
 
Annotationen