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Das Buch für Alle.
Hell 2l>.
sanr — sieben), der siebente Donnerstag nach Ostern, wird dort
namentlich ans dem Lande als Volksfest mit Tanz and allerlei
Unterhaltungen gefeiert. In erster Linie aber ist er ein
Mädchenfest im eigentlichsten sinne des Wortes und zugleich
die nm meisten nationale von allen Lustbarkeiten, welche die
russische Frühlingszeit aufznweisen hat. Nachweislich stammt
dies originelle Fest, das uns die beiden Bilder aus S. 481
vor Augen führen, aus der altslavischen Vorzeit, denn an
diesem Tage brachten die alten heidnischen Slaven dem Früh-
lingsgotte ihre Opfer dar. Ueberall, wo sich ein Wald, sowie
ein Fluß oder See in der Nähe eines Ortes befindet, da
ziehen am «einiktage die jungen Mädchen in ihrem Souutags-
pnhe schaarenweise dorthin. Draußen werden zunächst Kränze
gewunden, und dann lagert man sich, um unter den Bäumen
die mitgebrachten Plinsen (Eierkuchen) und Kringel (Brezeln)
zu verzehren, die eigens für dieses Fest in den Haushaltungen
gebacken werden. Junge abgehauene Birken werden ferner
mit Bändern und Laubgewinden verziert und dann unter Ge-
sang au das lifer des Flusses oder See's getragen. Dort
steckt man sie in die Erde und tanzt wieder unter Gesang um
sie herum. Dieser Theil des Festes erinnert au die Oster-
HumorWsches.
Mißlungener Mih.
Im Herrenstiibel sitzen Drei
Bei einer großen Schmauserei.
Sie kneipen bis zum Morgenschein,
Da fällt dem Einen etwas ein.
Zwei kriechen nnter's Tischtuch schnelle.
Der Dritte aber zieht die Schelle.
Im Nebenzimmer sährt erschreckt
Der Kellner au, vom Schlaf erweckt.
Diensteifrig stürzet er einher
Und findet, weh! das Zimmer leer.
Ans seiner Klagen lauten Schall
Kommt auch herbei der Prinzipal.
„Ter Weill! Tas Essen! Die Eigarreu i
Herrgott, was waren wir für Narren!"
„Doch hin ist hin! Was nützt das Schrei'n,
Räumt ab und macht das Zimmer rein!"
Letzt kriechen sie hervor aus Pfützen —
Ja, ja, das kommt von schlechten Witzen!
bäume, die mau ehedem iu den Rheinlauden neben dem Oster-
feuer nmlanzte, oder au die Pfingstmaien, die ja heute noch
in vielen Gegenden ausgepflauzt und umtauzt werden. Manche
der zum Semikfeste ins? Freie hinansgepilgerten jungen Mäd-
chen nehmen auch wohl daS Kreuzchen, das sie au einem
Baude litt! den Hals tragen, und befestigen eS iu der Mitte
eines der zuvor von ihnen geflochtenen Kränze. Wenn dann
zwei Mädchen das Kreuz iu ihrem Kranze küssen und hieraus
die Kränze gegenseitig Umtauschen, so bedeutet das den Ab
jchluß eines Frenndschnstsbündnisfes für das ganzcLebeu.
Endlich werden noch die geflochtenen Kränze in's Wasser ge-
worfen, da man ans ihrem schwimmen Schlüsse auf die Zu-
kunft ziehen zu können meint. Nach dem russischen Volks-
glauben wird nämlich das Mädchen, dessen Kranz untersiukt,
in denn laufenden Jahre noch nicht unter die Haube kommen,
oder aber, falls sie doch Heiratheu follte, schon bald daraus
zur Wittwe werden, schwimmt der Kranz dagegen auf der
Oberfläche des Gewässers flott dahin, so ist demnächst eine
lustige Hochzeit iu Aussicht. Man kann sich daher vorstelleu,
mit welcher Spannung die Mädchen dem Ergebnisse ihres
Kranzwerfeus entgegenfehen. Erst wenn die Sonne sinkt,
zieht Alles vom Semikfeste wieder heimwärts! unter frohem
Gesang schreiten die Mädchen paarweise oder in Reihen dahin,
wobei die geschmückten Birkenstämmchen voransgetragen werden,
die man daun vor den Häusern, oder im Hausflur vor den
Stuben auipflanzt.
Das Buch für Alle.
Hell 2l>.
sanr — sieben), der siebente Donnerstag nach Ostern, wird dort
namentlich ans dem Lande als Volksfest mit Tanz and allerlei
Unterhaltungen gefeiert. In erster Linie aber ist er ein
Mädchenfest im eigentlichsten sinne des Wortes und zugleich
die nm meisten nationale von allen Lustbarkeiten, welche die
russische Frühlingszeit aufznweisen hat. Nachweislich stammt
dies originelle Fest, das uns die beiden Bilder aus S. 481
vor Augen führen, aus der altslavischen Vorzeit, denn an
diesem Tage brachten die alten heidnischen Slaven dem Früh-
lingsgotte ihre Opfer dar. Ueberall, wo sich ein Wald, sowie
ein Fluß oder See in der Nähe eines Ortes befindet, da
ziehen am «einiktage die jungen Mädchen in ihrem Souutags-
pnhe schaarenweise dorthin. Draußen werden zunächst Kränze
gewunden, und dann lagert man sich, um unter den Bäumen
die mitgebrachten Plinsen (Eierkuchen) und Kringel (Brezeln)
zu verzehren, die eigens für dieses Fest in den Haushaltungen
gebacken werden. Junge abgehauene Birken werden ferner
mit Bändern und Laubgewinden verziert und dann unter Ge-
sang au das lifer des Flusses oder See's getragen. Dort
steckt man sie in die Erde und tanzt wieder unter Gesang um
sie herum. Dieser Theil des Festes erinnert au die Oster-
HumorWsches.
Mißlungener Mih.
Im Herrenstiibel sitzen Drei
Bei einer großen Schmauserei.
Sie kneipen bis zum Morgenschein,
Da fällt dem Einen etwas ein.
Zwei kriechen nnter's Tischtuch schnelle.
Der Dritte aber zieht die Schelle.
Im Nebenzimmer sährt erschreckt
Der Kellner au, vom Schlaf erweckt.
Diensteifrig stürzet er einher
Und findet, weh! das Zimmer leer.
Ans seiner Klagen lauten Schall
Kommt auch herbei der Prinzipal.
„Ter Weill! Tas Essen! Die Eigarreu i
Herrgott, was waren wir für Narren!"
„Doch hin ist hin! Was nützt das Schrei'n,
Räumt ab und macht das Zimmer rein!"
Letzt kriechen sie hervor aus Pfützen —
Ja, ja, das kommt von schlechten Witzen!
bäume, die mau ehedem iu den Rheinlauden neben dem Oster-
feuer nmlanzte, oder au die Pfingstmaien, die ja heute noch
in vielen Gegenden ausgepflauzt und umtauzt werden. Manche
der zum Semikfeste ins? Freie hinansgepilgerten jungen Mäd-
chen nehmen auch wohl daS Kreuzchen, das sie au einem
Baude litt! den Hals tragen, und befestigen eS iu der Mitte
eines der zuvor von ihnen geflochtenen Kränze. Wenn dann
zwei Mädchen das Kreuz iu ihrem Kranze küssen und hieraus
die Kränze gegenseitig Umtauschen, so bedeutet das den Ab
jchluß eines Frenndschnstsbündnisfes für das ganzcLebeu.
Endlich werden noch die geflochtenen Kränze in's Wasser ge-
worfen, da man ans ihrem schwimmen Schlüsse auf die Zu-
kunft ziehen zu können meint. Nach dem russischen Volks-
glauben wird nämlich das Mädchen, dessen Kranz untersiukt,
in denn laufenden Jahre noch nicht unter die Haube kommen,
oder aber, falls sie doch Heiratheu follte, schon bald daraus
zur Wittwe werden, schwimmt der Kranz dagegen auf der
Oberfläche des Gewässers flott dahin, so ist demnächst eine
lustige Hochzeit iu Aussicht. Man kann sich daher vorstelleu,
mit welcher Spannung die Mädchen dem Ergebnisse ihres
Kranzwerfeus entgegenfehen. Erst wenn die Sonne sinkt,
zieht Alles vom Semikfeste wieder heimwärts! unter frohem
Gesang schreiten die Mädchen paarweise oder in Reihen dahin,
wobei die geschmückten Birkenstämmchen voransgetragen werden,
die man daun vor den Häusern, oder im Hausflur vor den
Stuben auipflanzt.