Hch 20.
Freilich gereicht es den mit diesem Rettungswerk Be-
schnftigten nicht inimer zum Vergnügen, ihre Pflicht zu er-
füllen, denn die betreffenden Taschenbücher und Börsen waren
oft in sehr Verschiedenartiges gefallen, ehe sie der Zufall oder
Nachsnchnngeu wieder au's Tageslicht brachten. Jndeß man
hat nicht die Wahl, und ob ein Portemonnaie in einer Kloake
lag oder aus einem Grabe kommt, das muß den jungen Damen
einerlei sein.
Unter den Ursachen, welche, abgesehen von der Abnützung im
täglichen Umsatz, die Zerstörung des Papiergeldes bewirken, steht
obenan der Ofen des Wohnzimmers. Es soll geradezu erstaunlich
sein, wie viel Geld darin verloren geht. Man hat etwas Geld,
das man nicht auf die Bank thun will und versteckt es den
Sommer über im Ofen, da man es dort vor Einbrechern am
sichersten glaubt. Anfang Herbst macht dann Jemand Feuer
im Ofen und — fort ist das Geld! Das sind oft traurige
Fälle, denn es betrifft meist Ersparnisse, welche man für
nölhige Anschaffungen, wohl gar als Nothpfennig für spätere
Jahre zurückgelegt hat, die da in Rauch aufgehen. Nur selten
bleiben in diesen Fällen genug Reste, um etwas daraus zu retten.
Ein wichtiger Faktor in dem Zerstörnngswerk ist auch das
Kiud. Mit welchem besonderen Vergnügen die „Babies" jenes
Landes au Papiergeld ihre ersten Kaustudieu machen, das
kann wohl nur eine Mutter nachempfinden, die so zärtlich
war, das Dascheubuch mit dein Hanshnltnngsgelde in dem
Bereich des braven Kleinen zu lassen. Wer all' das Geld
hätte, das die lieben Kleinen schon zu Brei gekaut haben, der
würde sicherlich ein reicher Mann sein. Schoßhündchen haben
mitunter gleichfalls großes Wohlgefallen an der hiugelegten
Börse ihrer Gebieter oder Gebieterinnen.
Selbst Mäuse und Ratten werden zuweilen des Diebstahls
mit zerstörenden Umständen überführt. So fand einst ein
Farmer in Texas bei der Reparatur sein Hauses ein Mause-
nest, das mit Dollarscheinen ausstaffirt war, die ihm vor Jahren
aus sicherstem Versteck auf unerklärliche Weise abhanden ge-
kommen waren. Von 900 Dollars, welche das Mausenest
repräsentirte, gelang es den Damen in Washington 400 Dollars
zu retten. O. v. Briesen.
Drei Warnungen. — Als Napoleon t. im Jahre 1812
seinen Kriegszug gegen Rußland unternahm, überraschten ihn
drei merkwürdige, aber historisch verbürgte Vorfälle, denen er
jedoch keine Beachtung schenkte. Beim Uebersetzen über die
Schlapackerbrücke im Regierungsbezirk Gumbinnen erhob
sich, nachdem am Tage nur ein mäßiger Wind geherrscht hatte,
ein heftiger Sturm, der zwei mächtige, alte, am Wege stehende
Lindei: umriß und sie quer über dis Landstraße niederstreckte,
so daß die Passage vollkommen gesperrt war. Bis die Kolosse
bei Seite geschafft und die Fahrstraße wieder benutzbar gemacht
war, mußte der Weltenstürmer, durch zwei Bäume aufgehalten,
mehrere Stunden im Dorskruge zubringen.
Nachdem die russische Grenze überschritten, das erste Lager
in Feindesland nnfgeschlagen war und der Kaiser von seinen:
Zelt aus einen Ritt durch die ganze Reihe von Baracken bis
zum Ende gemacht hatte und eben umkehrte, zog eii: Gewitter
herauf. Noch ehe Napoleon sein Zelt erreicht hatte, fuhr ein
Blitz hernieder und setzte dasselbe in Flammen, welche cs völlig
verzehrten.
Das dritte Omen wnrde ihm auf dem späterhin nach ihm
benannten Napoleonsberge bei Poniemon zu Theil, von wo
er den Uebergaug über den Riemen zu ordnen beabsichtigte.
Hier stürzte er beim Hinabreitcn, jetzt zum dritten Male ge-
warnt, mit seinen: sonst so sichern Araber, ohne indeß besonderen
Schaden zu nehmen. Sich schnell aufraffend, sprach er die
denkwürdigen, aber leider zum Verderben so Vieler von ihm
nicht befolgten Worte: „Wäre ich ein Römer, ich würde um-
kehren!"
Wie sein Feldzug endete, ist weltbekannt. M. L-l.
Gegen die „hohe Schulter". — Die Kultur bringt
der Menschheit große Segnungen und wir setze:: Alles daran,
um sie einer noch höheren Stufe der Vollendung entgegen-
zuführeu; aber während wir in diesem Streben eine veränderte
Lebensweise anuehinen, setzen wir uns auch neuen Schädlichkeiten
aus. In erster Linie unterliegen diesen die Bewohner großer
Städte, vor Allem die Kinder. Ihnen fehlt die frische Luft,
die Freiheit der Bewegung, in deren vollstem Genuß sich
ihre Altersgenossen auf dem Lande befinden. Der Mangel
an Bewegung im Freien, das Hocken in den Stuben schwächt
die Kinder. Ihre Muskeln werden schlaff, ihre allgemeinen
Körperkräfte gehen zurück, und jo kommt es, daß so viele der
Kleinen bleiche Wangen zeigen, daß sie gebückt eiuhergehen,
und immer häufiger wird die Zahl derjenigen, deren Rückgrat
in früher Jugend gekrümmt wird. Vor einigen Jahren wur-
den beispielsweise in Fürth 336 Mädchen einer Schule ärzt-
lich untersucht, und man fand, daß nur 147 keine Abweichung
im Bau der Wirbelsäule zeigten, während 189, also mehr als
die Hälfte, Verkrümmungen größeren oder kleineren Grades
aufwiesen.
Die Rückgratverkrümmungen können infolge verschiedener
Ursachen entstehen. Entzündungen der Wirbel, englische Krank-
heit n. j. w. können das Bucklig- und Schiefwerden der Kinder
zur Folge haben. Aber diese Fälle sind verhältnißmäßig selten.
Die meisten Kinder werden schief, weil sie sich eine schlechte
Körperhaltung angewöhnen. Wenn die kleinen Schüler und
Schülerinnen beim Schreiben, Nähen und Zeichnet: unrichtig
sitzen, wenn sie sich vorbeugen, den Körper verdrehet:, die eine
Körperseite einsinken lassen, dann wird ihre Wirbelsäule
8-förmig nach rechts oder links verkrümmt, gewöhnt sich an
diese Krümmung und fällt in dieselbe zurück, auch wenn die
Kinder nicht arbeiten, sondern stehen und gehen. Anfangs ist
die Krümmung unmerklich, das Laienauge vermag sie nicht zu
entdecken, erst später, wenn sie sich vergrößert hat, wird sie Jeden:
bemerkbar, denn das Kind ist daun nicht mehr gerade, sondern
schief, die eine Schulter steht höher als die andere. Man
nennt darum diese Verkrümmung der Wirbelsäule die „hohe
Schulter", bei den Aerzten heißt sie Skoliose. Entsteht sie in-
folge schlechter Körperhaltuüg, so wird sie Gewohnheitsskoliosc
genannt.
In der ersten Zeil ihrer Entstehung ist diese Verkrümmung
leicht auszugleichcn. Wird das Kind beaufsichtigt, wird es
nbgehalten, in die fehlerhafte Kürperstellung zurückzufallen, wird
Das Buch für A l l c.
495
cs im Allgemeinen durch gute Ernährung und Bewegung im
Freien gestärkt und zu gymnastischen Hebungen, welche eine
gerade, sichere Haltung veranlassen, ungehalten, so verschwindet
die Skoliose. Ueberläßt mau aber das Kind sich selbst, greift
man nicht in zweckmäßiger Weise ein, so verliert die Wirbel-
säule ihre Biegsamkeit, sie kann nicht mehr so leicht in die
normale Stellung zurückgebracht werdens die Skoliose kann in
diesen: Stadium noch heilbar sein, aber die Heilung gelingt
den: Arzte nur nach langer Blühe und unter Anwendung ver-
schiedener Apparate. Rascher aber als viele Leute denken,
wird diese Verkrümmung zu einer dauernden; ehe man sich
versieht, ist das Kind wie ein geknicktes Bäumchen schief ge-
wachsen und kann nicht mehr gerade gebogen werden. Es
bleibt verunstaltet für das ganze Leben.
Man sollte nun denken, daß Une gründliche Belehrung des
Volkes über die Ursachen des Schiefwerdeus und über die
Mittel, die dasselbe verhüten, von großem Erfolg sein müßte.
Leider ist dies nicht immer der Fall. Wenn die sorgsamen
Eltern ihre Kinder zur geraden Haltung und zu gymnastischen
Hebungen auhalten, so stoßen sie ost auf sehr große Schwierig-
keiten. Es sind eben schwache Kinder, welche eine schiefe Hal-
tung auuehmen, und ost haben die Kleinen keine genügende
Kraft, um die Freiübungen dauernd in gerader Haltung vor-
zunehmen. Läßt mau sie an Gerätheu turnen, so verfallen sie
in den alten Fehler und turnen in schiefer Haltung, indem sie
den Kopf au die Brust drücken. In vielen Füllen ist das
Turnen au Apparaten für diese schwachen Kinder überhaupt
zu anstrengend. Man sucht sich zu helfen, indem man den
Kindern Geradehälter oder besonders konstruirte Mieder gibt.
Diese Helsen wohl etwas, aber nicht viel.
Da ist es vor Kurzem einen: Arzt in Württemberg
(vr. C. Schund in Seebnrg bei Urach) gelungen, einen Apparat
zu konstruiren, welcher die Wirbelsäule in eine gerade Hal-
tung bringt und zugleich den: Kinde die Mühe des Turnens
erleichtert. Hervorragende Spezialärzte haben sich über den
neuen Apparat überaus günstig ausgesprochen und ihn auch
zum Gebrauch in der Familie geeignet gesunden; hier in:
Fig.
Ter „Wirbelsiittlc-Strkckcr" von ve. ss. Schmid.
Hause soll er dem Gesunden zum Schutz, dem Kranken zur
Heilung dienen.
Wie unsere obenstehenden Abbildungen zeigen, besteht der
Apparat aus einem Mittelstück, in welches der Kopf des
liebenden eingeschnallt wird, und aus einer Leine, die in zwei
Handgriffen endet. Die Leine läuft über zwei Rollen, die an
der Decke des Zimmers oder an einen: Tyürrahmcn befestigt
werden. Ist der Kopf nach einer bestimmten Vorschrift ein-
geschnallt, so ersaßt der Hebende die beiden Handgriffe. Schon
jetzt wird dis Haltung sofort eine normale, denn durch den
Zug der Arme an den Handgriffen wird der Kopf stark von
der Schulter ab und in die Höhe gezogen, die Wirbelsäule
wird durch das Gewicht des Körpers gestreckt — und darum
hat der Erfinder dem Apparate den Namen „Wirbelsäule-
Strecker" gegeben.
Durch den Apparat wird der liebende gezwungen, das
Rückgrat gerade zu halten. Das ist der eine Vortheil. Der
zweite beruht darauf, daß zum Aufziehen an diesem Apparate
ein sehr geringer Kraftaufwand nölhig ist. In der Thal haben
Kranke, die nicht im Stande waren, an: Reck oder Trapez
ihren Körper^ u:u Haarbreite in dis Höhe zu bringen, am
Wirbelsäule-Strecker sofort einen Erfolg erzielt, indem sie die
Handgriffe der Schulter näher bringen und sich hinanszieheu
konnten (Fig. 1). Daran: eignet sich der Apparat gerade
für sehr schwache Kinder, die nieder Freiübungen noch Hebungen
an den gewöhnlichen Turngeräthen vornehmen können. Am
Wirbelsäule-Strecker vermögen die Kleinen bei normaler Lage
der Wirbel durch fortgesetzte Hebungen ihre Muskeln zu kräf-
tigen. Gar bald bringen sie es bis zur Stellung in Stütz,
wie auf Fig. 2 ersichtlich, und können dann alle jene übrigen
vornehmen, die man sonst an: Schwebereck oder an den Ringen
macht, mit alleiniger Ausnahme derjenigen, bei welchen der
Kopf nach unten kommen würde. Dabei ist der Apparat
völlig gefahrlos und die Hebungen bereiten den Kindern eine
besondere Freude, da sie mit keiner Unannehmlichkeit ver-
bunden sind,
In Fällen, in welchen bereits bedeutendere Krümmungen
der Wirbelsäule wahrnehmbar sind, werden natürlich ver-
nünftige Eltern in erster Linie einen Arzt um Rath fragen.
Derselbe wird alsdann entscheiden, ob diese oder andere
Hebungen vorgenommen werden sollen, oder ob das Kind einen:
Orthopäden zugeführt werden muß. In allen Fällen dagegen,
in welchen erst die Anfänge der Gewohnheitsskoliose, eine
zeitweilig fehlerhafte Haltung des Kindes, beobachtet werden,
ist der Apparat ausgezeichnet als Vorbeugnngsinittel für
weitere Fortschritte der schlimmen Angewohnheit zu gebrauchen,
und je eher dies geschieht, desto sicherer wird der Erfolg fein.
Juden: wir hiermit Eltern, die Kinder mit schlechter Körper-
haltung haben, auf diesen nützlichen Apparat aufmerksam
machen, möchten wir an alle noch die dringende Mahnung richten,
bei der Erziehung dcr Kinder von Anfang au auf eine gerade,
ruhige und sichere Haltung zu achten; denn auch in diesen:
Falle Hal der alte Spruch Geltung: „Krankheiten verhüten ist
leichter, als Krankhe.ten heilen!" F.
Ein zärtlicher Ehemann. — Heron, der Privatsckrctar
des schrecklichen Anklägers Fouquier-Tinville in der Pariser
Schreckenszeit, saß eines Tages aus seinem Platz im Gerichts-
saale, als einer seiner Freunde hereintrat.
»Ist Ihre Liste," begann er, „bereits geschlossen und von
dem Bürger Fouquier unterzeichnet?"
„Noch nicht. Aber warum fragen Sie? Haben Sie einen
Aristokraten anzuklagen?"
„Leider nicht; aber um eine Gefälligkeit möchte ich Sie
bitten. Erzeigen Sie mir den Freundschaftsdienst und setzen
Sie den Namen meiner Frau auf die Liste."
„Ihrer Frau? Sie scherzen."
„Auf meine Ehre, ich spreche iu vollstem Ernst, und vcr
sichere Sie, Sie würden mir einen großen Gesallen erweisen."
„Unmöglich; mir aßen ja noch vor ein paar Tagen mit-
einander, und Sie schienen nut Ihrer Gattiw ganz zufrieden
zu jein."
„Meine Meinung von ihr hat sich geändert. Sie ist eine
Aristokratin, und ich kann es beweisen."
„Sie sind toll! Ihre Gattin ist eine vortreffliche Frau,
und Sie würden es bald bereuen."
„Niemals! Wollen Sie also meine Frau gnillotiniren
lassen? Erzeigen Sie nur die Freundschaft — ja?!"
„Durchaus nicht; ich will damit nichts zu schaffen haben."
„Nun rechne noch einer auf seine besten Freunde," brummte
der zärtliche Ehemann ärgerlich und entfernte sich kopf-
schüttelnd. G. W—r.
Revanche. — Der alte Marschall Pelissier, Herzog von
Malakoff (ff 1864) befahl einst, auf der Heimfahrt von einen:
weiten Ausfluge mit seiner Gemahlin und Tochter begriffen,
seinen: Kutscher, schneller zu fahren. Dieser, ein ehemaliger
Kavallerist, erwiederte, daß die Pferde zu angegriffen seien,
u:u schneller laufen zu können. Neber diesen Widerspruch
aufgebracht, hieb der Herzog seinen Kutscher von hinten mit
dem Stocke über den Rücken, und rief: „Wenn ich befehle,
hast Du zu gehorchen, Du L-chlingel!"
In der Brust des alten Soldaten erwachte das beleidigte
Ehrgefühl. Er wandte sich um — man befand sich eben auf
einer Bergstraße, zu deren beiden Seiten sehr steile Böschungen
waren — und sagte entschlossen: „Herr Herzog, Sie haben
mich beschimpft! Steigen Sie ans! Ich fahre nur noch Ihre
Gemahlin und Tochter! Falls Sie im Wagen bleiben, fahre
ich nut uns Allen sogleich diesen Abgrund hinab!"
Der Herzog sah die entschlossene Miene des Mannes und
stieg wirklich anS. —du—
Ein fetter Prozeß. — Dcr Freiherr Ernst Albrecht
v. Eberstein war in: Jahre 1668 mit einem Jahrgehalt von
4000 Thalern in kursächsische Dienste getreten. Als er am
9. Jnui 1676 starb, blieben seinen Erben noch 30,481 Thalcr
3 Groschen 2V- Pfennig an Rückständen zu fordern, die zwar
von Kurfachsen auf die Nentkasse der seit 1570 in Sequestra-
tion befiudlicheu Grafschaft Mansfeld angewiesen, von dieser
aber trotz aller Mahnungen nicht gezahlt wurden. Die Fa-
milie entschloß sich daher zu einen: Prozeß und erzwang da-
durch nach nicht ganz 200 Jahren, nämlich 1865, die gericht-
liche Anerkennung und Festsitzung ihrer Forderung nut Zins
und Zinseszins in der Höhe von 141,667 Thalern 15 Silber-
groschen 5 Pfennig. Unglücklicher Weise jedoch ergab die
gräflich Mansfeldische Konkursuiasse nur etwa 0,004 Prozent
zur Vertheilnug au die Gläubiger, und so erhielt die Familie
Eberstein auf ihren Theil die Summe von 6 Thalern
10 Groschen 11 Pfennig, die ihr au: 10. Mai 1870 unter
Abzug des Porto's gewissenhaft in's Haus geschickt wurden.
Die Vertheilnug dieses Betrages auf die einzelnen Linien soll
dem Familienältesten schweres Kopszerbrechen verursacht haben.
Hbs.
Der Ursprung des Diadems. — Welcher Leserin
Hütte nicht schon das Herz geklopft, wenn sie eines der herr-
lichen Diademe zu Gesicht bekam, wie sie unsere Juweliere
auzufcrtigen wissen. Welch' prächtiger Schmuck ist aber auch
das Diadem iu: Haar einer schönen Frau! Und doch hat cs
einen höchst eigenthümlichen Ursprung. Gott Bacchus nämlich,
ein Sohu des Zeus, trug seiner heftigen Kopfschmerzen wegen,
die er sich stets durch unmäßigen Genuß von Wein zuzog,
eine Binde nm den Kopf, weshalb er auch Mitraphoros hieß.
Diese Kopsbinde wurde die Veranlassung, daß später bei dcu
Königen das Diadem zur Einführung gelangte, denn auch sic
litten häufig an derartigen Kopfschmerzen, verzierten aber all-
mälig, n:u den Ursprung derselben nicht merken zn lassen,
diese „Katerbinds" so, daß sie als Schmnck gelten konnte.
v. d. S.
Höchster Zweifel. — Von: Baron Z., der als zweiter
Münchhausen au: Berliner Hofe bekannt war, hatte man das
Gerücht verbreitet, er sei gestorben. Einige Tage darauf er-
schien er aber bei der Tafel.
„Ich denke, Sie sind todt?" sagte Friedrich Wilhelm IV.
zu ihm.
„Wer hat das gesagt? Ich versichere Eure Majestät, daß
ich noch lebe, frisch und gesund bin."
„Die Sache ist mir doch immer noch sehr zweifelhaft,"
erhielt er znr Antwort, „denn der es mir erzählt hat, ist ein
Mann, dem ich zehnmal mehr glaube als Ihnen." —du—
Ein launiges Stammbiichblatt. — Der bekannte
Wiener Komiker Scholz wnrde einst von seine::: Schwager,
Namens Molzer, gebeten, ihm einen Stammbnchvers in sein
Album zu schreiben, und Scholz entledigte sich dieser Aufgabe
in folgender launigen Weise:
„Molzer ist^tolz
Auf seinen Schwager Scholz,
Aber Scholz ist noch stolzer
Auf seinen Schwager Molzer." —du—
Freilich gereicht es den mit diesem Rettungswerk Be-
schnftigten nicht inimer zum Vergnügen, ihre Pflicht zu er-
füllen, denn die betreffenden Taschenbücher und Börsen waren
oft in sehr Verschiedenartiges gefallen, ehe sie der Zufall oder
Nachsnchnngeu wieder au's Tageslicht brachten. Jndeß man
hat nicht die Wahl, und ob ein Portemonnaie in einer Kloake
lag oder aus einem Grabe kommt, das muß den jungen Damen
einerlei sein.
Unter den Ursachen, welche, abgesehen von der Abnützung im
täglichen Umsatz, die Zerstörung des Papiergeldes bewirken, steht
obenan der Ofen des Wohnzimmers. Es soll geradezu erstaunlich
sein, wie viel Geld darin verloren geht. Man hat etwas Geld,
das man nicht auf die Bank thun will und versteckt es den
Sommer über im Ofen, da man es dort vor Einbrechern am
sichersten glaubt. Anfang Herbst macht dann Jemand Feuer
im Ofen und — fort ist das Geld! Das sind oft traurige
Fälle, denn es betrifft meist Ersparnisse, welche man für
nölhige Anschaffungen, wohl gar als Nothpfennig für spätere
Jahre zurückgelegt hat, die da in Rauch aufgehen. Nur selten
bleiben in diesen Fällen genug Reste, um etwas daraus zu retten.
Ein wichtiger Faktor in dem Zerstörnngswerk ist auch das
Kiud. Mit welchem besonderen Vergnügen die „Babies" jenes
Landes au Papiergeld ihre ersten Kaustudieu machen, das
kann wohl nur eine Mutter nachempfinden, die so zärtlich
war, das Dascheubuch mit dein Hanshnltnngsgelde in dem
Bereich des braven Kleinen zu lassen. Wer all' das Geld
hätte, das die lieben Kleinen schon zu Brei gekaut haben, der
würde sicherlich ein reicher Mann sein. Schoßhündchen haben
mitunter gleichfalls großes Wohlgefallen an der hiugelegten
Börse ihrer Gebieter oder Gebieterinnen.
Selbst Mäuse und Ratten werden zuweilen des Diebstahls
mit zerstörenden Umständen überführt. So fand einst ein
Farmer in Texas bei der Reparatur sein Hauses ein Mause-
nest, das mit Dollarscheinen ausstaffirt war, die ihm vor Jahren
aus sicherstem Versteck auf unerklärliche Weise abhanden ge-
kommen waren. Von 900 Dollars, welche das Mausenest
repräsentirte, gelang es den Damen in Washington 400 Dollars
zu retten. O. v. Briesen.
Drei Warnungen. — Als Napoleon t. im Jahre 1812
seinen Kriegszug gegen Rußland unternahm, überraschten ihn
drei merkwürdige, aber historisch verbürgte Vorfälle, denen er
jedoch keine Beachtung schenkte. Beim Uebersetzen über die
Schlapackerbrücke im Regierungsbezirk Gumbinnen erhob
sich, nachdem am Tage nur ein mäßiger Wind geherrscht hatte,
ein heftiger Sturm, der zwei mächtige, alte, am Wege stehende
Lindei: umriß und sie quer über dis Landstraße niederstreckte,
so daß die Passage vollkommen gesperrt war. Bis die Kolosse
bei Seite geschafft und die Fahrstraße wieder benutzbar gemacht
war, mußte der Weltenstürmer, durch zwei Bäume aufgehalten,
mehrere Stunden im Dorskruge zubringen.
Nachdem die russische Grenze überschritten, das erste Lager
in Feindesland nnfgeschlagen war und der Kaiser von seinen:
Zelt aus einen Ritt durch die ganze Reihe von Baracken bis
zum Ende gemacht hatte und eben umkehrte, zog eii: Gewitter
herauf. Noch ehe Napoleon sein Zelt erreicht hatte, fuhr ein
Blitz hernieder und setzte dasselbe in Flammen, welche cs völlig
verzehrten.
Das dritte Omen wnrde ihm auf dem späterhin nach ihm
benannten Napoleonsberge bei Poniemon zu Theil, von wo
er den Uebergaug über den Riemen zu ordnen beabsichtigte.
Hier stürzte er beim Hinabreitcn, jetzt zum dritten Male ge-
warnt, mit seinen: sonst so sichern Araber, ohne indeß besonderen
Schaden zu nehmen. Sich schnell aufraffend, sprach er die
denkwürdigen, aber leider zum Verderben so Vieler von ihm
nicht befolgten Worte: „Wäre ich ein Römer, ich würde um-
kehren!"
Wie sein Feldzug endete, ist weltbekannt. M. L-l.
Gegen die „hohe Schulter". — Die Kultur bringt
der Menschheit große Segnungen und wir setze:: Alles daran,
um sie einer noch höheren Stufe der Vollendung entgegen-
zuführeu; aber während wir in diesem Streben eine veränderte
Lebensweise anuehinen, setzen wir uns auch neuen Schädlichkeiten
aus. In erster Linie unterliegen diesen die Bewohner großer
Städte, vor Allem die Kinder. Ihnen fehlt die frische Luft,
die Freiheit der Bewegung, in deren vollstem Genuß sich
ihre Altersgenossen auf dem Lande befinden. Der Mangel
an Bewegung im Freien, das Hocken in den Stuben schwächt
die Kinder. Ihre Muskeln werden schlaff, ihre allgemeinen
Körperkräfte gehen zurück, und jo kommt es, daß so viele der
Kleinen bleiche Wangen zeigen, daß sie gebückt eiuhergehen,
und immer häufiger wird die Zahl derjenigen, deren Rückgrat
in früher Jugend gekrümmt wird. Vor einigen Jahren wur-
den beispielsweise in Fürth 336 Mädchen einer Schule ärzt-
lich untersucht, und man fand, daß nur 147 keine Abweichung
im Bau der Wirbelsäule zeigten, während 189, also mehr als
die Hälfte, Verkrümmungen größeren oder kleineren Grades
aufwiesen.
Die Rückgratverkrümmungen können infolge verschiedener
Ursachen entstehen. Entzündungen der Wirbel, englische Krank-
heit n. j. w. können das Bucklig- und Schiefwerden der Kinder
zur Folge haben. Aber diese Fälle sind verhältnißmäßig selten.
Die meisten Kinder werden schief, weil sie sich eine schlechte
Körperhaltung angewöhnen. Wenn die kleinen Schüler und
Schülerinnen beim Schreiben, Nähen und Zeichnet: unrichtig
sitzen, wenn sie sich vorbeugen, den Körper verdrehet:, die eine
Körperseite einsinken lassen, dann wird ihre Wirbelsäule
8-förmig nach rechts oder links verkrümmt, gewöhnt sich an
diese Krümmung und fällt in dieselbe zurück, auch wenn die
Kinder nicht arbeiten, sondern stehen und gehen. Anfangs ist
die Krümmung unmerklich, das Laienauge vermag sie nicht zu
entdecken, erst später, wenn sie sich vergrößert hat, wird sie Jeden:
bemerkbar, denn das Kind ist daun nicht mehr gerade, sondern
schief, die eine Schulter steht höher als die andere. Man
nennt darum diese Verkrümmung der Wirbelsäule die „hohe
Schulter", bei den Aerzten heißt sie Skoliose. Entsteht sie in-
folge schlechter Körperhaltuüg, so wird sie Gewohnheitsskoliosc
genannt.
In der ersten Zeil ihrer Entstehung ist diese Verkrümmung
leicht auszugleichcn. Wird das Kind beaufsichtigt, wird es
nbgehalten, in die fehlerhafte Kürperstellung zurückzufallen, wird
Das Buch für A l l c.
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cs im Allgemeinen durch gute Ernährung und Bewegung im
Freien gestärkt und zu gymnastischen Hebungen, welche eine
gerade, sichere Haltung veranlassen, ungehalten, so verschwindet
die Skoliose. Ueberläßt mau aber das Kind sich selbst, greift
man nicht in zweckmäßiger Weise ein, so verliert die Wirbel-
säule ihre Biegsamkeit, sie kann nicht mehr so leicht in die
normale Stellung zurückgebracht werdens die Skoliose kann in
diesen: Stadium noch heilbar sein, aber die Heilung gelingt
den: Arzte nur nach langer Blühe und unter Anwendung ver-
schiedener Apparate. Rascher aber als viele Leute denken,
wird diese Verkrümmung zu einer dauernden; ehe man sich
versieht, ist das Kind wie ein geknicktes Bäumchen schief ge-
wachsen und kann nicht mehr gerade gebogen werden. Es
bleibt verunstaltet für das ganze Leben.
Man sollte nun denken, daß Une gründliche Belehrung des
Volkes über die Ursachen des Schiefwerdeus und über die
Mittel, die dasselbe verhüten, von großem Erfolg sein müßte.
Leider ist dies nicht immer der Fall. Wenn die sorgsamen
Eltern ihre Kinder zur geraden Haltung und zu gymnastischen
Hebungen auhalten, so stoßen sie ost auf sehr große Schwierig-
keiten. Es sind eben schwache Kinder, welche eine schiefe Hal-
tung auuehmen, und ost haben die Kleinen keine genügende
Kraft, um die Freiübungen dauernd in gerader Haltung vor-
zunehmen. Läßt mau sie an Gerätheu turnen, so verfallen sie
in den alten Fehler und turnen in schiefer Haltung, indem sie
den Kopf au die Brust drücken. In vielen Füllen ist das
Turnen au Apparaten für diese schwachen Kinder überhaupt
zu anstrengend. Man sucht sich zu helfen, indem man den
Kindern Geradehälter oder besonders konstruirte Mieder gibt.
Diese Helsen wohl etwas, aber nicht viel.
Da ist es vor Kurzem einen: Arzt in Württemberg
(vr. C. Schund in Seebnrg bei Urach) gelungen, einen Apparat
zu konstruiren, welcher die Wirbelsäule in eine gerade Hal-
tung bringt und zugleich den: Kinde die Mühe des Turnens
erleichtert. Hervorragende Spezialärzte haben sich über den
neuen Apparat überaus günstig ausgesprochen und ihn auch
zum Gebrauch in der Familie geeignet gesunden; hier in:
Fig.
Ter „Wirbelsiittlc-Strkckcr" von ve. ss. Schmid.
Hause soll er dem Gesunden zum Schutz, dem Kranken zur
Heilung dienen.
Wie unsere obenstehenden Abbildungen zeigen, besteht der
Apparat aus einem Mittelstück, in welches der Kopf des
liebenden eingeschnallt wird, und aus einer Leine, die in zwei
Handgriffen endet. Die Leine läuft über zwei Rollen, die an
der Decke des Zimmers oder an einen: Tyürrahmcn befestigt
werden. Ist der Kopf nach einer bestimmten Vorschrift ein-
geschnallt, so ersaßt der Hebende die beiden Handgriffe. Schon
jetzt wird dis Haltung sofort eine normale, denn durch den
Zug der Arme an den Handgriffen wird der Kopf stark von
der Schulter ab und in die Höhe gezogen, die Wirbelsäule
wird durch das Gewicht des Körpers gestreckt — und darum
hat der Erfinder dem Apparate den Namen „Wirbelsäule-
Strecker" gegeben.
Durch den Apparat wird der liebende gezwungen, das
Rückgrat gerade zu halten. Das ist der eine Vortheil. Der
zweite beruht darauf, daß zum Aufziehen an diesem Apparate
ein sehr geringer Kraftaufwand nölhig ist. In der Thal haben
Kranke, die nicht im Stande waren, an: Reck oder Trapez
ihren Körper^ u:u Haarbreite in dis Höhe zu bringen, am
Wirbelsäule-Strecker sofort einen Erfolg erzielt, indem sie die
Handgriffe der Schulter näher bringen und sich hinanszieheu
konnten (Fig. 1). Daran: eignet sich der Apparat gerade
für sehr schwache Kinder, die nieder Freiübungen noch Hebungen
an den gewöhnlichen Turngeräthen vornehmen können. Am
Wirbelsäule-Strecker vermögen die Kleinen bei normaler Lage
der Wirbel durch fortgesetzte Hebungen ihre Muskeln zu kräf-
tigen. Gar bald bringen sie es bis zur Stellung in Stütz,
wie auf Fig. 2 ersichtlich, und können dann alle jene übrigen
vornehmen, die man sonst an: Schwebereck oder an den Ringen
macht, mit alleiniger Ausnahme derjenigen, bei welchen der
Kopf nach unten kommen würde. Dabei ist der Apparat
völlig gefahrlos und die Hebungen bereiten den Kindern eine
besondere Freude, da sie mit keiner Unannehmlichkeit ver-
bunden sind,
In Fällen, in welchen bereits bedeutendere Krümmungen
der Wirbelsäule wahrnehmbar sind, werden natürlich ver-
nünftige Eltern in erster Linie einen Arzt um Rath fragen.
Derselbe wird alsdann entscheiden, ob diese oder andere
Hebungen vorgenommen werden sollen, oder ob das Kind einen:
Orthopäden zugeführt werden muß. In allen Fällen dagegen,
in welchen erst die Anfänge der Gewohnheitsskoliose, eine
zeitweilig fehlerhafte Haltung des Kindes, beobachtet werden,
ist der Apparat ausgezeichnet als Vorbeugnngsinittel für
weitere Fortschritte der schlimmen Angewohnheit zu gebrauchen,
und je eher dies geschieht, desto sicherer wird der Erfolg fein.
Juden: wir hiermit Eltern, die Kinder mit schlechter Körper-
haltung haben, auf diesen nützlichen Apparat aufmerksam
machen, möchten wir an alle noch die dringende Mahnung richten,
bei der Erziehung dcr Kinder von Anfang au auf eine gerade,
ruhige und sichere Haltung zu achten; denn auch in diesen:
Falle Hal der alte Spruch Geltung: „Krankheiten verhüten ist
leichter, als Krankhe.ten heilen!" F.
Ein zärtlicher Ehemann. — Heron, der Privatsckrctar
des schrecklichen Anklägers Fouquier-Tinville in der Pariser
Schreckenszeit, saß eines Tages aus seinem Platz im Gerichts-
saale, als einer seiner Freunde hereintrat.
»Ist Ihre Liste," begann er, „bereits geschlossen und von
dem Bürger Fouquier unterzeichnet?"
„Noch nicht. Aber warum fragen Sie? Haben Sie einen
Aristokraten anzuklagen?"
„Leider nicht; aber um eine Gefälligkeit möchte ich Sie
bitten. Erzeigen Sie mir den Freundschaftsdienst und setzen
Sie den Namen meiner Frau auf die Liste."
„Ihrer Frau? Sie scherzen."
„Auf meine Ehre, ich spreche iu vollstem Ernst, und vcr
sichere Sie, Sie würden mir einen großen Gesallen erweisen."
„Unmöglich; mir aßen ja noch vor ein paar Tagen mit-
einander, und Sie schienen nut Ihrer Gattiw ganz zufrieden
zu jein."
„Meine Meinung von ihr hat sich geändert. Sie ist eine
Aristokratin, und ich kann es beweisen."
„Sie sind toll! Ihre Gattin ist eine vortreffliche Frau,
und Sie würden es bald bereuen."
„Niemals! Wollen Sie also meine Frau gnillotiniren
lassen? Erzeigen Sie nur die Freundschaft — ja?!"
„Durchaus nicht; ich will damit nichts zu schaffen haben."
„Nun rechne noch einer auf seine besten Freunde," brummte
der zärtliche Ehemann ärgerlich und entfernte sich kopf-
schüttelnd. G. W—r.
Revanche. — Der alte Marschall Pelissier, Herzog von
Malakoff (ff 1864) befahl einst, auf der Heimfahrt von einen:
weiten Ausfluge mit seiner Gemahlin und Tochter begriffen,
seinen: Kutscher, schneller zu fahren. Dieser, ein ehemaliger
Kavallerist, erwiederte, daß die Pferde zu angegriffen seien,
u:u schneller laufen zu können. Neber diesen Widerspruch
aufgebracht, hieb der Herzog seinen Kutscher von hinten mit
dem Stocke über den Rücken, und rief: „Wenn ich befehle,
hast Du zu gehorchen, Du L-chlingel!"
In der Brust des alten Soldaten erwachte das beleidigte
Ehrgefühl. Er wandte sich um — man befand sich eben auf
einer Bergstraße, zu deren beiden Seiten sehr steile Böschungen
waren — und sagte entschlossen: „Herr Herzog, Sie haben
mich beschimpft! Steigen Sie ans! Ich fahre nur noch Ihre
Gemahlin und Tochter! Falls Sie im Wagen bleiben, fahre
ich nut uns Allen sogleich diesen Abgrund hinab!"
Der Herzog sah die entschlossene Miene des Mannes und
stieg wirklich anS. —du—
Ein fetter Prozeß. — Dcr Freiherr Ernst Albrecht
v. Eberstein war in: Jahre 1668 mit einem Jahrgehalt von
4000 Thalern in kursächsische Dienste getreten. Als er am
9. Jnui 1676 starb, blieben seinen Erben noch 30,481 Thalcr
3 Groschen 2V- Pfennig an Rückständen zu fordern, die zwar
von Kurfachsen auf die Nentkasse der seit 1570 in Sequestra-
tion befiudlicheu Grafschaft Mansfeld angewiesen, von dieser
aber trotz aller Mahnungen nicht gezahlt wurden. Die Fa-
milie entschloß sich daher zu einen: Prozeß und erzwang da-
durch nach nicht ganz 200 Jahren, nämlich 1865, die gericht-
liche Anerkennung und Festsitzung ihrer Forderung nut Zins
und Zinseszins in der Höhe von 141,667 Thalern 15 Silber-
groschen 5 Pfennig. Unglücklicher Weise jedoch ergab die
gräflich Mansfeldische Konkursuiasse nur etwa 0,004 Prozent
zur Vertheilnug au die Gläubiger, und so erhielt die Familie
Eberstein auf ihren Theil die Summe von 6 Thalern
10 Groschen 11 Pfennig, die ihr au: 10. Mai 1870 unter
Abzug des Porto's gewissenhaft in's Haus geschickt wurden.
Die Vertheilnug dieses Betrages auf die einzelnen Linien soll
dem Familienältesten schweres Kopszerbrechen verursacht haben.
Hbs.
Der Ursprung des Diadems. — Welcher Leserin
Hütte nicht schon das Herz geklopft, wenn sie eines der herr-
lichen Diademe zu Gesicht bekam, wie sie unsere Juweliere
auzufcrtigen wissen. Welch' prächtiger Schmuck ist aber auch
das Diadem iu: Haar einer schönen Frau! Und doch hat cs
einen höchst eigenthümlichen Ursprung. Gott Bacchus nämlich,
ein Sohu des Zeus, trug seiner heftigen Kopfschmerzen wegen,
die er sich stets durch unmäßigen Genuß von Wein zuzog,
eine Binde nm den Kopf, weshalb er auch Mitraphoros hieß.
Diese Kopsbinde wurde die Veranlassung, daß später bei dcu
Königen das Diadem zur Einführung gelangte, denn auch sic
litten häufig an derartigen Kopfschmerzen, verzierten aber all-
mälig, n:u den Ursprung derselben nicht merken zn lassen,
diese „Katerbinds" so, daß sie als Schmnck gelten konnte.
v. d. S.
Höchster Zweifel. — Von: Baron Z., der als zweiter
Münchhausen au: Berliner Hofe bekannt war, hatte man das
Gerücht verbreitet, er sei gestorben. Einige Tage darauf er-
schien er aber bei der Tafel.
„Ich denke, Sie sind todt?" sagte Friedrich Wilhelm IV.
zu ihm.
„Wer hat das gesagt? Ich versichere Eure Majestät, daß
ich noch lebe, frisch und gesund bin."
„Die Sache ist mir doch immer noch sehr zweifelhaft,"
erhielt er znr Antwort, „denn der es mir erzählt hat, ist ein
Mann, dem ich zehnmal mehr glaube als Ihnen." —du—
Ein launiges Stammbiichblatt. — Der bekannte
Wiener Komiker Scholz wnrde einst von seine::: Schwager,
Namens Molzer, gebeten, ihm einen Stammbnchvers in sein
Album zu schreiben, und Scholz entledigte sich dieser Aufgabe
in folgender launigen Weise:
„Molzer ist^tolz
Auf seinen Schwager Scholz,
Aber Scholz ist noch stolzer
Auf seinen Schwager Molzer." —du—