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Urebberlieferung, die

h2

Oberfläche kommt, so iſt die Gewitterzeit die geeignetste zum
Welsstechen. Dieſe Jagd iſt weder leicht noch ungefährlich.
Hat der Fiſcher mit der fünfzinkigen Gabel glücklich einen
an der Oberfläche ſtehenden Wels angestochen, so muß ſsein
Gehilfe sofort mit dem Bootshaken ihm zu Hilfe kommen
(siehe das Bild S. 55), ſonſt macht ſich der gewaltige Fiſch
von der Gabel los, und alle Mühe und Arbeit war umſonſt.
Es beginnt dann ein erbitterter Kampf zwiſchen dem Wels,
der, ſolange er noch in ſeinem Elemente iſt, eine erſtaun-
liche Kraft entwickelt, und den Fischern, die ihn in den Kahn
ziehen wollen. Auch

der Ruderer am Bug

Da s Buch für’ Alke.

entbehrlich zu erachten, um in dem von Rousseau ge-
forderten Sinne zur Einfachheit der Natur zurückzu-
kehren; auch müßten erſt mindeſtens neun Zehntel der
jetzt lebenden Bevölkerung Europas durch Seuchen oder
Unglücksfälle hingerafft werden, um dem übrig bleiben-
den Zehntel Platz zu machen zu dieser wenig beneidens-
werten Lebensführung des Wilden.

Die Thatsache steht alſo fest, daß der zivilisierte
Menſch, um sich zu ernähren und geiſtig zu vervoll-

Heft 2.

andere Motive dazu veranlaſſen, die Bogensehne Feines
geiſtigen Rüstzeuges über die Elaſtizitätsgrenze hinaus
tzuſvaunch. itt. és. tif y.tirlih # sus für jeden
U rperter pu .. ttz pts [rer Urd rviékeg zi.
dauernd überschritten, ſind die kärglich bemessenen Ruhe-
pauſen nicht mehr im stande, die aufgebrauchte Kraft
zu erseßen, dann wächſt für den letzteren die Gefahr,
schwerem körperlichen Siechtum zu verfallen; den Geistes-

arbeiter aber be-

drohen Nervenkrank-



hat manchmal alle
seine Kraft und Ge-
ſchicklichkeit nötig, um
das Fahrzeug am Um-
schlagen zuverhindern.

Arbeit und
Ermüdung.
Hygieiniſcie Helracikung.

Von

Dr. Krensner.

(Nachdruck verboten.)

ie Ansichten über

die woſhlthä-

tige Wirkung
der Arbeit sind seit
U U
sagt : „Arbeit macht
das Leben ſüß“’, und
der praktiſche Durch-
ſchnittsmenſch findet
ſich früher oder ſpä-
ter, nach mehr oder
minder ſchwerem
Kampfe, mit der
Notwendigkeit zu
arbeiten ab, nach-
dem er eingesehen
hat, daß die meiſten
ſich dieſer Notwen-
digkeit nun doch ein-
mal fügen mùſſen,
wenn sie ihr Daſein
friſten wollen. Die



über den erſten Men-
ſchen, welcher mit
seiner Gefährtin in
müheloſem Genießen
vonden Früchten des
_ Panradieſesgarten
lebte, nach dem Süun.
denfall die Strafe
ausſpricht: „Zm
Schweiße deines An-
gesichts sollſt du dein
Brot eſſen,“ urteilt
jedoch anders. Hier-
nach iſt die Arbeit
eine ſchwere Mühe,
ein Fluch, der auf
dem um ſeine Exri-
stenzringendenMen-
ſchengeſchlecht liegt,
und in Uebereinstim-
mung hiermit ent-
werfen uns alle uto-
piſtiſchen Schilde-
rungen ver Ver-:
gangenheit und Ge-
genwart nur Bilder
von Staatswesen,
deren Bevölkerung
mit nur geringer
Anstrengung, sei es
durch die Güte einer
reichlich schaffenden
Natur, sei es durch :
die Leiſtungen einer auf das Höchſte vervollkommneten
Maſchinentechnik, alles zum Leben Notwendige erwirbt.
Wo wird dieſer Traum des Menſchen aber jemals
Erfüllung finden? Das Leben eines zentralafrikaniſchen
Negers, weit ab von den Pfaden der Zivilisation, der
in träger Ruhe ein thatenloſes Dasein lebt, welches nur
ab und zu durch kriegeriſche Unternehmungen gegen die
Nachbarſtämme unterbrochen wird, kommt dieſem Ideal
noch am nächſten. Wer aber möchte, allen Ernstes vor
die Wahl gestellt, wirklich mit ihm tauſchen? Wir ſind von
Jugend auf daran gewöhnt, zu viele, nur durch fleißiges
Regen zu beſchaffende Güter und Bedürfniſse für un-

| :





heiten, von der Neur-
aſthenie bis zur
wirklichen Geiſtes-
krankheit.

Jede Arbeit führt
notgedrungen ſchließ-
lich zur Ermüdung.
Diese täglich von
jedem an ſich ſelbst
erprobte Thatsache
erscheint eben des-
wegen als ſelbstver-
ständlich. Dennoch
lohnt es sich, einen
Augenblick auf das
Wesen der Ermü-
dung einzugehen.
Menſch wie Tier,
diese vollendetſten
Kraftmaſchinen der
Natur, an deren
Leiſtungen die besten
Erzeugnisse der Ma-
schinenbaukunst un-
sere Ingenieure
nicht im entfernte-
sten heranreichen,
funktionieren nur,
indem sie von der
in ihnen aufgeſpei-
cherten Energie zeh-
ren. Diese in letzter
Linie aus unſeren
Nahrungsmitteln
stammende Energie

. iſt an das Plasma
unserer Mustkelzel-
len gebunden und
wird in dem Maße,
wie die Arbeit fort-
gesetzt wird, aufge-
braucht, indem die
komplizierten Ei-
weißſtoffe der Zelle
sich in einfachere
umsetzen und dabei
Wärme, das heißt
Arbeit erzeugen. Es
muß daher für einen
Ersatz des Verluſtes
gesorgtwerden, wenn
nicht über kurz oder
lang die Maschine
ſtillsſtehen soll; der
Körper bedarf der
Zufuhr von Nah-
rung und muß diese
verdauen, um aus
ihr die verbrauchten
Substanzen wieder
aufzubauen. Er zieht
zu diesem Zwecke
das. Blut, welches
zur Zeit der Arbeit
sich in den Muskeln
und im Nervensyſtem
konzentriert hat, nach
den Verdauungsor-
ganen. Daher kommt
es, daß nach einer
reichlichen Mahlzeit





Das Holſtenthor in Lübeck. Nach einem Lichtdruck von J. Nöhring in Lübeck. (S..51)

kommnen, arbeiten muß. Das erhält ihn auch körperlich
gesund und munter und froh, wie die Erfahrung aus-
weiſt. Arbeit wird nur dann zum Unſegen, wenn sie die
Kräfte des Individuums überſteigt. Dies gilt von dem
geistig minder Begabten, den ein Zufall oder fremde Protek:
lion oder Ueberſchätzung der eigenen Fähigkeiten in eine
Laufbahn warfen, für die er die Befähigung durch müh-
sam bestandene Prüfungen formell zwar dargethan hat,
in der ihm jedoch täglich geiſtige Leiſtungen zugemutet
werden, welchen sein Können nicht gewachſen iſt. Es
gilt von dem talentierten Geistesarbeiter, welchen Ehr-
geiz oder die Sorge um eine zahlreiche Familie oder



eine gewisse Träg-
heit vorhanden iſt,
welche gewiß nicht
; zum Vorteil des ver-
dauenden Organismus erst mit Anstrengung des Willens
überwunden werden muß, wenn unmittelbar darauf die
Arbeit fortgeſett werden doll.

Schon aus diesem Grunde bedarf der Körper un-
mittelbar nach dem Essen einer gewissen, wenn auch
kurzen Ruhe, und das Sprichwort: „Nach dem Eſſsen ſoll
man stehn oder tauſend Schritte gehn," iſt längst als
unrichtig erkannt worden. i

Bei dem eben erwähnten Umsatz komplizierter Ei-
weißverbindungen in einfachere entstehen aber auch noch
ganz eigentümliche Ermüdungsſtoffe, anf deren Existenz
man erſt in den letzten Jahren aufmerkſam geworden
 
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