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Iahrg. 1198...





Der Schmetterling.
| Novelle

von

Reinhold Prkmann.
(Fortsetzung.)




_ (Nachdrutk verboten.)
y<h erklärte dir bereits, “ fuhr Imberg fort,
„nicht in Fräulein Williſen verliebt zu sein,
/// yſÿ und das iſt die Wahrheit.
P ſie ſehr hoch + ja, ich darf wohl sagen,
daß ich ſie aufrichtig verehre. Der Verkehr
mit ihr und ihrer Mutter hat mir Gelegen-
“ heit genug gegeben, ſie kennen zu lernen.

O, Sl A as 2qrcluhftz. ſclbftloſeſte teech
reinſte Geſchöpf und sie verdiente ſicherlich

einen hundertmal beſſeren Mann als mich.“
„So laß ſie doch in ihrem eigenen Intereſſe noch
eine Weile auf diesen beſſeren warten + ich beſchwöre
dich darum, Rudolf! Wenn er nach ſo und ſo langer

Zeit nicht gekommen ſein ſollte, iſt es für dich ja

immer noch früh genug.“ ;

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es denn, die vorurteilslos genug wären, eine

î wiegen Diebſtahls Beſtraſte zu heiraten?“ j

„Nicht viele ~ Gott sei Dank! Es würde
ja auch recht hübſch um den Nachwuchs unſerer
Geſellſchaft ausſehen, wenn es anders wäre.

Und ſo lange ich mich deinen Freund nenne,
werde ich nicht dulden, daß du um einer bloßen
Edelmutsmarotte willen zu den wenigen ge-
hörſt, die sich in ſträflichem Leichtſinn über die
Pflicht gegen ſich selbſt und gegen ihre Nach-
kommen hinwegſeten. "
ups t qe eh ie. Velkuer! erat,
zum Wahnsinn liebte, würde ich eine Diebin hei-
raten. Margarete Williſen aber iſt unschuldig
verurteilt worden, und gerade um vor aller
Welt Zeugnis abzulegen für ihre Unſchuld, will
ich ihr meinen Namen geben.“

Der Doktor zauderte ein wenig, dann trat
er an die Seite des Freundes und legte die
Hand auf seine Schulter. ., ;

„Nun laß mich einmal ein aufrichtiges
Wort zu dir reden, mein Junge, und fahre,
bitte, nicht gleich auf wie ein angeſchoſſener
Löwe. Worin bestehen denn nun eigentlich deine

îDVBeweiſe für die Schuldloſigkeit des Fräulein

§viliea L. chaung zur Ruhe war gewiß keine

überflüſſige gewesen, denn Rudolf Imbergs Ant-

lit färbte ſich bis über die Stirn hinauf mit
dunkler Röte. Beinahe heftig ſchüttelte er die

_ heſchwichtigende Hand des Freundes von ſich ab.

. „Soll das heißen, Volkmar, daß auch du

„Pſt! + nicht so hitzig! Fordere mich meinet-
wegen nachher auf Piſtolen, aber höre mich erſt

Aber ich ſchäte



Illuſtrirte Familien-Jeitnunn.

eine Minute lang geduldig an. Daß dein Vater ſich

bei der Abgabe ſeines Zeugnisses geirrt hat und daß die

Ueberbringerin des Brillantſchmetterlings eine andere ge-
wesen iſt als Margarete Williſen, glaube ich dir natürlich
ohne jeden Vorbehalt. Aber damit iſt doch noch nicht
bewieſeén, daß sie ihn nicht genommen hat. Die Aus-
sage der Frau Haller läßt sich nicht aus der Welt
ſchaffen, und dieſe Frau hatte nicht das geringſte Inter-
eſſe daran, ihre Geſellſchafterin ſchwerer zu belasten,
als es ihrer Ueberzeugung nach den Thatsachen ent-
ſprach. Abgesehen von dem einzigen Fall, wo ſie sie
auf wenige Minuten dem Fräulein Willisen anvertraute,

hat sie die Schlüſſel zu dem Wandſchrank und der |

Kassette nicht aus der Hand gegeben. Bei der Be-
gehung des Diebstahls iſt offenbar weder ein Nach-
ſchlüſſel gebraucht, noch Gewalt angewendet worden.
Die beiden Dienſtmädchen sind den vorliegenden Um-
ständen nach gänzlich außer allem Verdacht, und eine
fremde Perſon hätte ſich weder bei Tage noch bei Nacht
unbemerkt in das Schlafzimmer einſchleichen können.
Muß nicht jeder nüchterne Beurteiler in Erwägung

aller dieser Momente zu dem Schluß kommen, daß

Margarete Williſen in einem ſchwachen Augenblick der
Verſuchung unterlegen iſt, und daß ſsſie dann irgend
eine Bekannte oder Freundin damit beauftragt hat, den



Ludwig Frhr. v. Falkenhauſen,

kommandierender General des XII. (königlich württembergiſchen) Armeecorps. (S. 619)



[! nur beleidigen und kränken.

Schmuck zu verwerten? Es iſt ja denkbar, daß diese

Perſon ihr Vertrauen getäuſcht und das erlangte Geld

gar nicht an sie abgeliefert hat. Jedenfalls aber wird
es dir kaum gelingen, der Welt eine andere Meinung
von der Sache beizubringen, solange nicht die Ueber-
bringerin des Brillantſchmetterlings ermittelt iſt, und
so lange sie ſich nicht zu dem Diebſtahl bekannt oder
den wirklichen Verbrecher genannt hat.“

Mit wachſender Ungeduld hatte Rudolf Imberg

ihm zugehört, aber er hatte ſich bezwungen und er be-

zwang ſich auch noch jezt. Scheinbar ruhig fragte er: _

,„Biſt du nun zu Ende?“

„Jch denke, ja. Und wenn du wirklich der ver-
nünftige, klar denkende Menſch biſt, für den ich dich
bis zu diesem Augenblick gehalten habe, ſo muß es
dir genug sein, um dich von der Unausführbarkeit
dieſer tollen Heiratsidee zu überzeugen. Du würdeſt

dir mit einem ſolchen Schritt deine ganze Zukunft zer.
stören und dich grenzenlos unglücklih, machen. J.
aber Margarete Williſen wirklich das feinfühlige Ge-
ſchöpf, das dein Mitleid dich in ihr erblicken läßt, so

muß die Erkenntnis, dein Daſein verdorben zu haben,
ſie doppelt elend machen, auch wenn ſie ſich jeßt natür-
lich leicht genug überreden lasſen wird, die Hand zu

ergreifen, die ſie aus ihrer Bevrängnis und aus ihren

dürftigen Verhältniſſen emporzieht.e!n.
i „Deine Gründe ſind, wie ich annehme, da-
mit erſchöpft. Und wenn du noch weitere in
Bereitſchaft haben ſollteſt, ſo erſpare es, bitte, dir
und mir, sie vorzubringen. Ich habe meinen
Entſchluß nicht so plötllich und nicht so kampflos
gefaßt, daß er jezt von dem bloßen Hauch
eines Mundes wieder über den Haufen geworfen
werden könnte. Zum letztenmal erkläre ich dir,
daß ich von Margaretes Schuldlosigkeit felſen-
feſt überzeugt bin, wie ich zugleich noch immer
an die Schuldlosigkeit derjenigen glaube, die
meinem Vater den Schmuck überbrachte.
magſt mich darum in deinem Herzen einen Narren
ſchelten, aber ich erwarte, daß du meine Ueber-
zeugung achteſt. Wenn deine ſchlimmen Pro-

gehen, so werde ich eben, gleich manchem Beſſeren
vor mir, ein Opfer des Kampfes geworden sein,

kann unterliegen, wie jeder Streiter unterliegen
kann, dafür aber, daß es nur mit Ehren ge-
ſchehen wird, dafür ſtehe ich dir ein. + Und
nun laß dieſen Gegenstand zwiſchen uns für
immer abgethan sein. Ich weiß, daß deine
Warnung wohlgemeint war, und ich danke dir
dafür. Ihre Wiederholung aber könnte mich
Willſt du nach
meiner Verheiratung unser geſchäftliches Ver-
ghjöältnis auflöſen, so erkläre ich mich jederzeit
bereit, von dem Vertrage zurückzutreten. Du
wirſt ja in diesen drei Monaten Zeit genug
haben, es dir zu überlegen. Gute Nacht!“

Er eilte raſch hinaus, ohne eine Erwide-
rung des Doktors abzuwarten. Der aber ſah
ihm kopfschüttelnd nach.

„Er iſt wahrhaftig im stande, es zu thun,“
ſagte er bei ſich ſelbſt. „Daß doch gerade die

DV.

phezeiungen für meine Zukunft in Erfüllunn

den ich um der Gerechtigkeit willen führe. Ih
 
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