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oft hat mir auch die größte Lieb’ nicht über die Prügel
hinwegg'holfen. “ ; ;
| „Eh Majko,“ lächelte Marica unter Thränen, „um-
sonst irh es aber doch schwerlich heißen: Ohne Hiebe
Liebe. "
Ice Lis schon, mein Kind, “ gab die Alte zu, „jedes
Sprichwort iſt ein Wahrwort, deswegen braucht es
einer aber doch nicht gleich zu übertreiben, und der
Gliso schaut mir ganz danach aus, als ob er's ſeinem
Alten nachmachen könnt’, der ſeiner Seligen so lang
den Prügel zu koſten ‘geben hat, bis sie für Zeit und
Ewigkeit satt war.“ :

Dies gab Marica zu denken und mit gesenktem
Kopf blieb ſie vor der Mutter stehen.

„Na, jetzt iſt's genug der Diskuriererei, " entschied
dieſe. „Geh aufs Kartosfelfeld, sonst könntest du leicht
erleben, bei der eigenen Verlobung nicht dabei sein zu
dürfen. “

Marica ging, und als sie nach einer Viertelstunde
aufs Feld kam, fand sie dort Gliſo ihrer wartend.
Daß er ein stattlicher Burſche sei, ließ ſich nicht leug-
nen, und Marica hatte sich auch nicht wenig darauf
eingebildet, unter den vielen ſchmucken Dirnen ſeine
Auserwählte zu sein; als er aber jetzt auf sie zu-
geschritten kam, lag in seinem Blick ſo etwas Böſes,
daß ſie unwillkürlich erſchrak und zurückwich.

„Es ist alſo wahr, was ſie ſich im Dorf erzählen,“
sagte er höhniſch,
Verlobung ?“

„Gliſo, bei den Wunden aller heiligen Märtyrer,

„am Abend giebt's bei euch luſtige

red nicht so!“ beſchwor sie ihn. „Mach mir das Herz |
nicht noch ſchwerer ~ bedenk doch, was kann ich da- |

qroeu ul kannst du dich von mir noch laſſen,“
sagte er mit heißem Atem und versuchte ſie an ſich zu
siches. mich!“ riß sie ſich ängſtlich los. „Du weißt

doch selbſt, daß es jetzt zu einer ehrlichen Otmica *) zu

ſpät ist, daß ich jezt damit nur Schimpf und Schand

auf mich laden würd'.“
„Ich pfeif auf die dumme Rederei der Leute.“
„Ja, du kannſt leicht pfeifen; euch Mannsbildern
wird überhaupt nichts ſchwer genommen, aber uns
.. gjHDen möcht' ich sehen, der sich was zu sagen ge-
z! breaſe Gliso auf. „Den Schädel ſchlag’ ich
ihm ein!" :



*) Entführung.







Anterm Fiamikien ſchirm.

„Das ist eine Frechheit!



Das Buch für Nlkke.

„Als ob's damit g'holfen wär'!“ entgegnete die
Dirne zitternd. „Wenn's einmal bis zur Verſprechung
gekommen ist, darf ſich halt ein anständiges Frauen-
zimmer nicht mehr entführen laſſen. Warum haſt auch
nicht früher daran gedacht ?"

„Hab' ich wiſſen können, daß dich dein Alter wirk-
lich dem Mamlatſch geben wird? !“





General Shafter. (S. 71)

Unwillkürlich zuckte Marica bei der Beſchimpfung
ihres Zukünftigen zuſammen, und ſtolz wie eine echte
Kroatin, die gegen jedermann, und ſei es ſelbſt der
Geliebte, die Familienehre hochhält, protestierte ſie:
Mein Alter nimmt keinen
Mamlatſch zum Schwiegersohn !“

„Aho !“ rief Gliſo. „Also aus dem Loch weht der
Wind? Na, dann b'Hhüt dich Gott, Liebſchaft, und
werd' mit deinem Mamlatſch selig.“

„Gliſo, sei barmherzig, erſchwere uns nicht unnütz





Heft 3.

den Abſchied,“ fing ſie nochmals zu bitten an. „Nimm
doch nur Vernunft an, trag mir nicht nach, was ich
ja nicht ändern kann und unter dem ich doch g'rad so
gut und vielleicht noch mehr leide, als dul“

Der Burſche begriff, daß jedes weitere Drängen
vergeblich ſein würde, aber er hoffte auf spätere Rache
an dem glücklichen Nebenbuhler und sagte deshalb mit

ſchwer unterdrückter Leidenſchaft: „Gut! Nimm ihn

wir kommen ja doch noch zuſammen. "

„Gliso !“ erſchrak das Mädchen. „Du hast was
Schlechtes vor !“

„Bewahre, mein Schatz!“ lachte er hämiſch. „Ich
denk nur wie der Haſe: Auch im Zickzackſprung
kommt man zum Trunk!“ -- dann zog er ſie ſtürmiſch
an sich, küßte sie, daß ihr ſchier der Atem ausging,
und rannte davon.

Gegen Mittag brachte die jüngere Schwester der Marica
das Essen aufs Feld, weil ja doch die Braut, wollte man
nicht das Schickſal mit Gewalt verſuchen, beim Backen
des Verlobungskuchens nicht anwesend sein durfte.

„Wie sieht's zu Hauſe aus ?“" fragte Marica.

„Eh, luſtig, “ lachte Jela. „Die Nachbarinnen helfen
der Mutter und backen drauf los, als wenn's eine
feine Männerleich' und nicht eine lumpige Verlobung
gäb’. Und der Vater iſt ſchon jett ſternhagelvoll. “

„O weh !“ seufzte Marica. ,„Alſo iſt's ernst.“

„Und denk nur,“ plauderte die Kleine weiter, ,der
Gliſo war beim Alten –"

Erſchrocken ſchaute Marica auf.

„Na ja doch, der Glisſo, “ wiederholte Jela, „und
ich hab' ganz genau g'hört, wie er ihn drum anging,
bei deiner Hochzeit Barjakter*) zu sein.“

„Das giebt's nicht ~ das darf nicht ſein, er g'hört

weder zu unserer, noch zu Marijans Verwandtſchaft.“n—

Neugierig ſchaute die Kleine zur Schwester auf und
sagte dann: „Eh, das hat ihm ja auch der Alte vor-
g'halten, aber glaubst du, er hätt' nachg laſſen? ,„Siehſt
du, Nachbar,“ hat er zum Vater gsagt, „du weißt ja,
wie's mir ums Herz steht, und daß ich das Frauen-
zimmer selber gern hab’ wollen, und wenn ich jetzt den
Barjakter mach’, so zeig' ich doch nur, daß ich euch
keine Feindschaft nachtrag' und das kann doch dir und
dem Marijan nur recht ſein !“

„Und er hat eing willigt?" fragte Marica in atem-
loſer Spannung.



*) Fahnenträger.



Nach einem Gemälde von A. Paoletti. (S. 71)
 
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