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Heſt 23. . Das Buch für Alte. 997

ſo recht deutlich ſehen konnte. Nessel hatte sie absicht: | türmte. Der Geruch von Wein und gebrannten Wäsſern, | erstenmal öffentlich bezeuge. Je länger aber die Ent-

lich, wie eine Dekoration, an den Wänden gruppiert, | vom Schmalze des Sterbekuchens und würzig fettem [scheidung sich hinauszog, um so ängſtlicher, zorniger

um die anlangenden Zunftherren und Geſellen zu ärgern | Rauchfleiſch miſchte ſich mit dem Duft welkender Blüten | und aufgeregter ward die sonderbare Gemeinde.

und zu verhöhnen. und verbrannten Wachſes, wurde aber übertäubt durch Da kam würdevoll gemeſſenen Schrittes Malek, der
Da hingen die alten breiten Richtſchwerter mit den | das hervorstechende Aroma der auf Glühkohlen ge: | Ratsdiener, heran. Die großen Fanghunde der Scharf-

gutgemeinten Inſchriften. Die eine, noch aus Karl IV. | streuten Wachholderbeeren. Die gesetzlichen drei Tage | richterei stürzten sich mit heiſerem Gebelle auf die fremde

Zeiten stammend, sagte : . waren um, und wenn morgen die Beerdigung nicht | Erſcheinung, und Malek hatte Mühe, mit ſeiner Helle-



„Wenn ich dieses Schwert regier ttelgte sr eſlel d 1hwerer Eotoe. h und fern harhe fie Hullen bzſer featthellen. e Ftuf
Sci Gott tiit tr und hir. : ; die ganze weitverzweigte Sippe der Nesſſels versammelt Malek richtete den Antrag und die Bedingung des

und das zweite, jenes, mit dem ein Berka v. Leipa und | worden. Da alle Scharfrichterfamilien untereinander | Rates umständlich aus.
Daube hingerichtet ſein ſollte, trug den Spruch : verheiratet und verschwägert waren, jede Stadt damals Neſſel war wütend. „Nein!“ rief er. „„Auf keinen

Wenn ich thu das Shwert erhebor ihr eigenes Hochgericht beſaß, so waren ihrer genug | Fall gehe ich darauf ein — entweder alle oder nichts!
. anweſend. Der Nachrichter Haſe aus Leitmerit, Mag- | Dann aber prozeſſiere ich und sollte ich bis zur Kaiserin

So wünſch' ich dem Sünder das ewige Leben."

dalas Taufpate, jener aus Reichſtadt, Veronikas Bruder, | gehen müſſen. Ich will mein Recht !“

Dazwiſchen lagen und hingen die ſchauerlichen Folter- | Jochim, der Bruder Nesſels, Stockknecht aus Auſcha, Die anderen beſchwichtigten, beruhigten und rieten
geräte; die Birnen und Maullnebel, die Daumſchrauben | und viele andere. Dazu noch deren Knechte und Ge- | zum Nachgeben. Man ſtritt hin und her, während
und ſpaniſchen Stiefel, die Reckleiter und die Brand- | hilfen. / Malek dem Totenimbiß alle Ehre angedeihen ließ.
stempel, sowie die Fiedeln, Geißeln und Böcke. Man beſprach den eigentümlichen Fall, zweifelte | Endlich bequemte sich auch der alte Nesſel zu dem

Aber niemand kam, um diese furchtbaren Instru- | an dem Erfolge oder fürchtete troy königlichen Ediktes | Mittelwege; die Kapuziner wurden geholt, und noch
mente mit geheimem und offenem Grauſen anzuſtarren, | den Widerstand der Zünfte, hoffte aber auch, daß die | am Abende sette sich der Leichenzug mit Prieſter und
kein Trauergaſt erſchien, um von dem Trauerimbiß | „große Leiche“ doch zu stande komme, und so die Gleich- | Ministranten, Kreuz und Windfackeln, geleitet von
zu nehmen, der sich protzig auf einem Nebentiſche auf- | stellung der Verfemten mit ihren Mitbürgern zum | der ganzen Sippe des Scharfrichters, nach der Magda-







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Perſuche mit Telegraphie ohne Draht zwiſchen Frankreich und England: Empfang eines Telegrammes auf der Station in Wimereux bei Woulogne ſur Mer. (S. 555)
 
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