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derartig raſch ließ ich daraus eine Rauchwolke der an-
deren folgen; aber vergeblich war mein Mühen, die
jeht bei Hunderten auf mich einſtürmenden Moskitos
zu verſcheuchen. Ich fühlte deren Stiche im Gesicht,
an den Händen und ſogar durch die Strümpfe hindurch
gan den Beinen.

Pedro Gomez, der mir umständlich ein ellenlanges
Jagdabenteuer mit einer Anakonda erzählte, ſah plöt-
lich, wie ich mich ohne Erfolg gegen die Angriffe der
unverſchämten Inſekten wehrte. „Armer Freund !“
unterbrach er ſich, aufspringend, voll Teilnahme. „Jch
dachte nicht daran, daß Ihr eine andere Haut habt wie
wir. Kommt! Ich verſchaffe Euch Ruhe. “

Nachdem er in das Feuer mehrere grüne Zweige
und trockene Aeſte geworfen hatte, bedeutete er mir,
eine der ziemlich hoch über dem Boden, unweit des
Feuers befeſtigten Hängematten zu besteigen, was mir
mit seiner Hilse auch gelang.

Ich wünſchte ihm gute Nacht, legte mich nieder und
ſchloßh die Augen, denn der von den Flammen auf-



Wieder in die Hütte zurückgekehrt, überzeugte ich
mich durch Betaſten von der Richtigkeit meiner Em-
pfindung, daß meine Hände und mein Geſicht ſtark
geſchwollen waren. Laut verwünſchte ich es jetzt, daß
ich der Verlockung des Mestizen gefolgt und bei ihm
geblieben war. .

Endlich regte sich mein Freund und glitt gleich

darauf, seine Hängematte verlaſſend, an einem der
das Dach stütenden Pfähle herab. „Es iſt Zeit,“

ſagte er, in die Hände klatſchend..

Einige Sekunden später standen sämtliche Indianer
bei uns, und unverzüglich brachen wir auf. Bald
lagen die Curiaras im Wasser, das mehrere Fuß ge-
ſtiegen war. Die Indianer bestiegen je ein Fahrzeug,
Pedro Gomez und ich nahmen in einer etwas größeren
Curiara Platz; dann ging es fort zwischen den ſich
ſchwarz vom mondbeſchienenen Himmel abgrenzenden
Urwaldmauern, zuerſt raſch durch mehrere kleine Fluß-
arme, bis wir einen breiteren Flußarm erreichten, wo

die Fahrt langſamer fortgeſett wurde. Lautlos glitten

die Curiaras durch das dunkle Waſſer, in dem ſich jetzt
der über einer östlichen Laubwand emportauchende Mond
ſilbern ſpiegelte.

Etwa eine halbe Stunde mochte vergangen sein,
als ſich Ramon, der die Führung übernommen hatte,
in seinem Fahrzeuge aufrichtete. Sämtliche Curiaras

mich,





wirbelnde Rauch brannte darin wie Feuer. Wirllich
ließen mich die Moskitos in Frieden; doch ſchon nach
einer kurzen Weile ertrug ich den Rauch nicht mehr.
Nicht nur meine Augen brannten und thränten ent-
setlich, auch ein immer stärker werdender Huſtenreiz
machte ſich bei mir fühlbar, und kaum nach einer halben
Stus qah ich mich gezwungen, mein Lager zu ver-
aſſen.

f Was habe ich in jener Nacht alles begonnen, um
der Plage der Tropen zu entrinnen! Ich stellte mich
ganz in die Nähe des Feuers, das ich von Zeit zu
Zeit mit neuer Nahrung verſah; wenige Minuten
ſpäter zog ich mich soweit wie möglich, triefend von
Schweiß, davon zurück. Ich rannte wie ein Tiger im
Käfig in der Hütte umher; es war mir, als hingen
ſich ſämtliche in dem Raume befindliche Moskitos an
Ich begab mich in das Freie und kletterte die
Leiter auf und ab; draußen waren ſo viel Quälgeisſter

wie in der Behauſung, und außerdem umflatterten
mich dort große Fledermäuſe. Ich kletterte mit vieler |

>>;

Im Damenbilkardſaak der Kerkauſchen „„Wilkardakademie“ in Werkin. Nach einer Originalskizzz von E. Hos ang. (S. 582)

| hielten an, um ſich gleich darauf in einer langen Linie

gegen das nördliche Ufer des Flußarmes zu wenden.
Auch dort sah ich eine dichte Waldmauer; doch nun
flüſterte mir mein Freund zu, der hinter mir mit dem
kurzen, ſchaufelförmigen Ruder die Curiara fortbewegte,
während ich die Büchſe ſchußbereit in den Händen hielt,
daß vor uns der Aufenthaltsort der Sirenen läge.
Scharf ſpähte ich aus, und als wir uns der Wald-
mauer mehr genähert hatten, entdeckte ich am Fuße
derſelben größere Grasmaſſen, die jetzt bei der Flut
kaum aus dem Waſser hervorſahen.
s Wieder erhob sich Ramon und abermals hielten die
uriaras.

„Hört Ihr ihren Gesang ?“" fragte mich der Mesſtize leise.

Ich horchte geſpannt und vernahm in der Ferne |

am Ufer ein dumpfes Stöhnen und Schnauben.

Wohl eine Stunde blieben wir auf jener Stelle
liegen. Mit ihrem Ruder verhinderten die Männer,
daß die Fahrzeuge von der allerdings nur ſchwachen
Strömung fortgetrieben wurden. Wie mir Pedro Gomez
jyklißterte. war die Flut noch zu hoch und unserer Jagd
hinderlich. G

Der Mond stieg höher und höher, und obgleich
nur seine halbe Scheibe leuchtete, war es faſt tages-
hell. Leiſe plätſcherten die Wellen an den Seiten der
Curiaras; sonst regte sich nichts, kein Laut, kein Hauch;



hundert Meter entfernten Ufer zwiſchen den Grasmassen,

] einem Halbkreiſe nach dem Ufer. Näher und näher

„in den Curiaras.














Mühe wieder in die Hängematte, um bald darauf
wieder geräuchert, husſtend und mit strömenden Thränen
daraus zu entfliehen.

Mein Freund hatte ſich gleich nach mir niedergelegt
und ſchlief fest. Daß jedoch auch die Indianer trot,
des Rauches, der sie in ihren Hängematten umgab, von
den Moskitos zu leiden hatten, bewies mir das oft ver-
"tyre Fluſhcr drründe auf ihren nssteugbeger

Q. ] ] Ü I . §
räuſch wie ug! Rollen eines in der Ferne eine Brücke
paſſierenden Eiſenbahnzuges lockte mich ſchließlich wieder
in das Freie. ~ Ein heller Glanz im Osten verkündete
den Aufgang des Mondes. Das Geräuſch kam näher
und näher und entfernte sich dann wieder, bis es ver-
ſtummte. Eine Herde Brüllaffen hielt ihren nächtlichen
Umzug. Ich lauſchte weiter. Deutlich, ja fast laut
klang das abſcheuliche Singen der Moskitos, und ein-
mal unterbrach die jetzt wieder feierliche, nächtliche
Stille das vom Flusse her tönende Schnauben einiger
Süßwaſserdelphine.



nur von Zeit zu Zeit ließ sich wieder am noch etwa

die mehr und mehr aus dem Waſſer zum Vorschein
laysn das Stöhnen und Schnauben der Sirenen
hören.

Mit jeder Minute wuchs meine Spannung, mit
der ich der Jagd auf die seltene Beute entgegensah,
und hocherfreut war ich, als Ramon endlich das Zeichen
gab, weiter vorzurücken.

Langſam bewegte sich die Reihe der Fahrzeuge in

kamen wir demſelben. Schon ließen ſich deutlich die
lapsct Wedel der Palmen zwiſchen dem dunklen Laube
erkennen.

Jetzt winkte Ramon mit der Hand, und blitzschnell
ſchoſſen die Curiaras vorwärts.. Nach wenigen Sekun-
den lagen die aus dem Waſſer hervorſchauenden Gras-
massen unmittelbar vor uns. Hin und her wogten sie
an verschiedenen Stellen, und richtig! da wurde zwiſchen
ihnen einen Augenblick ein dunkler Körper sichtbar.

Die Indianer hatten ihre Ruder beiseite gelegt und
Alle standen aufrecht
Ramon und noch zwei Männer
ſchoſſen, doch nicht ihren Pfeil auf das Ziel richtend,
sondern in die Luft ſchnellten sie den Pfeil, der dann
einen Bogen beſchrieb und von oben herab auf den

Bogen und Pfeile ergriffen.
 
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