Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 42.1907

DOI Heft:
Heft 10
DOI Heft:
Heft 11
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.60738#0273
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
va8LuchfülMe
Illustnette fgmllienreilung
11. liest. 1907.

Watt ich geblieben doch!
Noman von
Sevfg stattlvig (Lmmg lsoeppel).

lvortseftung und Zchluft.) —. — (Nachdruck oerdoten.)
^^^^urücksehen willst du auch nicht," fragte
Richard leise, „wenn du denn nicht vor-
wärtssehen kannst, Mia? Rückwärts in
unser Glück sehen, meine ich, in den Reich-
tum unseres Glückes, das so langsam aus
dem Nichts herauswuchs? War's denu nicht, schön,
wie mir allmählich die Binde von den Augen fiel und
ich dich sah, sah mit den Augen der Liebe? Wie ich
mit Entzücken erkannte, was ich besaß — was du
warst? Wie mein Herz den quälenden Ballast von
sich warf und dein Bild aufnahm — nur dein Bild,
sonst nichts mehr? War's denn nicht schön, Mia?
Was ist denn nun zu bereuen? Ist es denn so
undenkbar, daß du deine Hand wieder vertrauend
in die meine legtest?"

„Die Angst — meine schreckliche Angst!" flüsterte
sie in Tränen ausbrechend.
„Vor was denn? Vor wem?" fragte er, ihre
Hände fest in die seinen nehmend.
„Vor ihr, die dich liebt —" stammelte sie zitternd.
„Nur das?" sagte er nach sekundenlangem
Schweigen. „Nur das quält dich? Und das andere,
was ich verschuldet, das — ist das vergessen? Ver-
gessen und vergeben? Du mußt mir's sagen, Mia!
Ich habe darauf noch eine Antwort zu geben."
Sie atmete so schnell, daß ihm der Wunsch heiß
im Herzen entstand, ihr die Not von den Lippen
zu küssen.
,',Also: ich habe Alexandra Luise noch einmal
gesprochen — gegen meinen Wunsch und Willen,
aber doch gesprochen."
Sie schrie nicht auf. Aber er fühlte, daß dieses
Bekenntnis ihr wie ein Schwert durchs Herz ging.
„Ich wußte es — ich ahnte es!"
„Was du wissen mußtest," fiel er nicht ohne
Schärfe ein, „war, daß nach dem, was zwischen
uns geschah, von meiner Seite keine Annäherung

mehr stattfinden konnte. Du hattest mein Wort.
Es widerstrebt mir, auszusprechen, wer die Ver-
anlassung gab. Du denkst an Schönheit, Rang und
Hoheit. Ich sah und sehe nichts als ein leidendes,
im Überfluß darbendes Weib. Und daß ich zu dieser
Erkenntnis durchgedrungen bin, ist dein Werk, das
Werk unserer Liebe. Wär's dir denn lieber, ich
wäre gestorben mit meiner Sehnsucht nach dir, als
daß ich sie nun lebend im Herzen trage — dir ent-
gegen?"
Er schwieg, von der Erinnerung ergriffen.
„Du sollst die volle Wahrheit wissen. „Alexandra
Luises Neigung war nicht erkaltet —"
„Laß mich!" rief Mia, ihre Hände aus den seinen
reißend. „Ich will —"
„Wir standen uns gegenüber," fuhr Mersbach
langsam fort, „und jedes Wort, das sie in tiefem
Schmerze sprach, war ein Geständnis ihres ver-
fehlten Ringens und ungesättigten Verlangens. Ich
habe sie verstanden. Und dieses Verständnis löste
Mitleid in mir aus, nichts mehr. Ich habe ihr
Wahrheit gegeben, wie ich sie dir jetzt gebe. Vier


Var neue Nathau5 in München. Nach einer pbotograpbie von jager L Sörgen in München. (5- 241)

XI. 1907/
 
Annotationen