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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 42.1907

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Heft 14
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https://doi.org/10.11588/diglit.60738#0342
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Da8LuchfülMe
fllustriette fgmilienreitung
14. liest. 1907.

8i5 ans ende bei- wett.
Ilomari von
Maximilian stöttchei-.
lforhehung.) lllgchdruck verboten.!
5echste5 Kapitel.
Sommerwochen fliegen wie der Wind.
Rstl.W Auch für Rottend urgs und Fran
UMU/ ^r>rgstedt kam rasch genug der Tag,
an dem sie ihre Heimreise antreten muß-
ten; bald war hier wie dort alles im
alten Gleise. Die Baronin tauschte wieder mit
gleichgestimmten Seelen tägliche Kaffeevisiten aus,
Frau v. Rottenburg schlich müde, an der Stadt-
luft „fast erstickend", durchs Haus und ließ sich wie
ein Kind bedienen und verhätscheln. Julia sam-
melte die Schülerinnen, denen sie Mal- und Stick-
unterricht erteilte, von neuem um sich und be-
gann in ihren Mußestunden, heimlich und meist
in der Nacht, die ersten Wäschestücke für ihre Aus-
steuer zu nähen.
Nur der Oberst wollte durchaus nicht wieder
auf den Damm kommen. Mit so unermüdlichem
Optimismus er bisher immer noch auf Genesung
gerechnet hatte, jetzt kamen auch für ihn Tage, an
denen er den Kopf hängen ließ, an denen er fühlte,
daß es für ihn kein Entrinnen mehr gab; und
Altdorf und Waldemar hatten harte Arbeit, dem
Verzagenden immer von neuem mit dem Schein
der Zuversicht Mut zuzusprechen.
Waldemar tat unter dem Druck der Verhältnisse
durchaus seine Schuldigkeit. Er war voll regen
Eifers an den Krankenbetten und im Operations-
saal, blieb, wenn er Dienst hatte, eher noch ein
Stündchen über die bestimmte Zeit hinaus in dem
kleinen Wachtzimmer des ihm zugeteilten Pavillons,
las viel und hatte sich sogar seine schönen Nägel auf
das gebührliche Maß zurückgestutzt. Seine Kollegen
aber waren fest überzeugt, daß diese Veränderung
ihre Ursache nur in einer ernsthaften Herzens-
angelegenheit haben könnte.
Auch von Altdorfs Erlaubnis, sich in seinen
Mußestunden ihm anzufchließen und sich nach Be-
lieben in seiner Privatklinikumzutun, machte Walde-
mar ausgiebigen Gebrauch, so daß der Professor
sich gar nicht genug darüber wundern konnte, denn
Waldemars verändertes Wesen hielt nun schon über
drei Monate an.
Daß hier wirklich Amor seine Hand im Spiele
Hütte, wie der dicke Oberarzt seine Meinung kund-
tat, daran wollte der Professor nicht glauben. Walde-
mars Tun und Treiben lag jetzt von früh bis spät
wie ein aufgeschlagenes Buch vor seinen Augen, so
klar, so übersichtlich, daß er seinen Verkehr und Um-
gang ganz genau kannte; und da gab es eigentlich
überhaupt kein Mädchen, am allerwenigsten eines, in
das Waldemar sich hätte verlieben können. Ja, bei
einem gelegentlichen Besuch, den Altdorf bei Rotten-
burgs abstattete, klagte ihm Frau v. Rottenburg
geradezu ihr Leid darüber, daß ihr Sohn neuer-
dings immer schleunigst Reißaus nähme, sobald
Julia einmal eine Freundin bei sich sähe; es wäre
schrecklich, wenn der Junge sich etwa zum Weiber-
feind entwickeln möchte. Möglicherweise schlüge er
gar seinem Onkel, dem Bruder des Obersten, einem
eingefleischten Junggesellen, nach. Aber in der Tat:
an all dem Wunder war die Liebe schuld, eine Liebe
noch dazu, deren Fäden sich vor des Professors
Augenangesponnenhatten,nurdaßWaldemarv. Rot-
tenburg zu vorsichtig und auch zu ritterlich war, um
einen dritten merken zu lassen, wie sehr die Oberin
in der Klinik seines Chefs es ihm angetan hatte.

Vie »Tpmnel-in am kl-eur« in Wienen-Neustadt. (5.307)


Nach einer Photographie von ls. Schuhmann in Wien.

XIV. 1007.
 
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