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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 42.1907

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Heft 26
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https://doi.org/10.11588/diglit.60738#0621
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Illustnette fgmillenrestung

26. kseft. 1907.

Der pttnr-6emah!.
Homan von Henriette o. Meessteimb.

(vortsedung.) (Nachdruck oewokn.)
gab Nadine zur Antwort, indem sie
I mW Norbert herzlich in die Augen sah. „Aber
I V/ W danke Ihnen, daß Sie mir gerade heute
>!// » das gesagt haben. Das richtet mich wie-
der auf. Ich will nicht mehr so ver-
zweifelt sein." - -
„Nadine, wenn ich Ihnen einmal ein besseres
Los bieten kann, darf ich dann wieder fragen?"
Zum ersten Male an diesem schrecklichen Tage
huschte ein flüchtiges Lächeln über ihr Gesicht.
„Wenn Ihr Bild auf der Ausstellung die goldene
Medaille bekommt und vom Staat angekauft wird
— dann fragen Sie noch einmal," scherzte sie.
„Nichts ist unmöglich!" entgegnete er ruhig.
„Jedenfalls gebe ich die Hoffnung nicht auf. Vor
allen Dingen müßte aber etwas für Ihre Gesundheit
geschehen. Können Sie nicht für einige Zeit Paris
verlassen und irgendwo aufs Land gehen, im Grünen
liegen, Milch trinken? Haben Sie Geld dazu?"

„Ja — aber ich mag es nicht angreifen. Es liegt
seit Stechows Abreise in meiner Kommode — fünf-
hundert Franken, der Preis fürsein Bild, die, Salome'.
Nehmen Sie das Geld, Norbert, damit Sie Werner
begraben, ihm einen Stein setzen lassen können."
„Gut — ich schlage Ihr großmütiges Anerbieten
nicht ab." Der Gedanke, daß Nadine Stechows
Geld gebrauchen könnte, erregte seinen Widerwillen,
so sehr er auch eine Erholung für sie ersehnte. „Aber
wie wollen Sie weiter leben, weiter malen, wenn
Olhardts Unterricht wegfällt?"
„Ich tusche und illustriere wie bisher. Das
Malen vom rein künstlerischen Standpunkt aus
muß ich aufgeben."
„Nein — das sollen Sie nicht! Ich werde
meine freie Zeit auch dem Kopieren widmen. Wir
halten uns dann zusammen Modelle. Die aus-
einandergesprengte Klasse muß das aufbringen. Ich
korrigiere Ihnen dann Ihre Bilder und —"
„Wie gut Sie gegen mich sind!"
„Ich liebe Sie, Nadine. — Könnten Sie mir
nicht doch etwas Hoffnung geben?"
„Ich bin keine Natur, die schnell vergißt, Norbert."
Er beügte sich über ihre lose im Schoß liegenden
Hände und küßte sie ehrerbietig. „Noch viel mehr
liebe ich Sie, weil Sie sich weigern, mich zu heiraten,"

sagte er bewegt. „Aber, Nadine, wenn Sie sich
dereinst doch dazu entschließen könnten, Sie sollen
es nie bereuen."
„Das weiß ich." In ihren dunklen Augen lag
ein kindlich vertrauender Blick.
Ein Schauer der Sehnsucht durchrieselte ihn,
ihren weichen Mund mit seinen Lippen zu berühren,
die Arme um die zarte Gestalt zu legen. Aber er
bezwang sich. „Kommen Sie — sonst fährt uns
die elektrische Bahn vor der Nase fort. Und dort
im Westen braut sich ein Gewitter zusammen.
Das wird uns Abkühlung bringen. Wenn Paris
einmal wieder gründlich abgewaschen ist, wird's
wieder erträglicher sein."
Er half ihr in den ersten bereitstehenden Wagen
und blieb mit abgezogenem Hut auf der Straße
stehen.
Einen Augenblick sah er noch ihr feines Profil,
das sich grüßend hinausbog.
Wenn er heute nicht rechtzeitig am Ufer der
Seine gewesen wäre, würde dies reizende Gesicht
ebenso gelblichweiß und starr auf dem schwarzen
Holzgestell in der Morgue liegen, wie die drei
anderen Unglücklichen dort?
Da waren seine Gedanken wieder bei diesem
Vorwurf seines geplanten Bildes angekommen

coplwM 1?07 du cobnchon.
Vie Soldaten kommen! Nach einem 6em3Ide von I. Lobrichon.


XXVI. 1Y07.
 
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