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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 42.1907

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Heft 19
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https://doi.org/10.11588/diglit.60738#0458
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varLuch fül-We
sllustnette ^amilienreitung
19. kiest. 1907.

Vie Seschrvistes vittone.
k^omnn von stug. Sponer.
lrvttlsftung.) . ... (Nachdruck vrrdivri.)
ehen Sie — ich hätte davon nicht reden
sollen, Herr Doktor," sagte Fräulein Frida.
Es paßt so wenig zu diesem festlichen Ge-
woge und der allgemeinen Heiterkeit.
Aber da wjr so hübsch allein sind, hat es
mich gezwungen, Ihnen meine Bewunderung aus-
zudrücken. Ihre Verteidigung war herrlich! Und
wenn die Unglückliche dennoch verurteilt wurde, so
kann das nur dem Buchstaben des Gesetzes nach
geschehen sein, oder weil die Richter nicht so in
die Herzen schauen können wie, wie —"

„Warum reden Sie nicht weiter, Fräulein
Frida?"
Die roten Lampions, welche sich zwischen den
rauschenden Schilfbogen, die sich über das Boot
wölbten, schaukelten, warfen zuweilen ihren warmen
Schein auf Fridas Gesicht, und dann war es wie
mit Glut übergossen.
„Sprechen Sie doch weiter!" bat Perthal, ihre
Hand fassend. „Ich glaube, Sie wollten sagen,
daß ich es wohl verstehe, in die Herzen zu schauen,
und — ich glaube wirklich, daß ich diese für meine
Stellung sehr nötige Eigenschaft tatsächlich bis zu
einem gewissen Grade besitze. Zuweilen aber ist
mein Blick doch recht unsicher."
„Herr Doktor!"
„Nun?"
„Reden doch Sie jetzt weiter!"


Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann
fuhrderDoktor, nunebenfalls plötzlich ernst werdend,
fort: „Sie haben also Kenntnis von jenem Gerichts-
fall?"
„Ja. Wir lasen alles, was die Zeitungen über
diesen Prozeß brachten. — Das arme Mädchen!"
„Ja, sie ist sehr zu bedauern."
„Und schön soll sie sein!"
„Ja, sie ist eine Schönheit."
„Eine Schönheit!" wiederholte Frida leise.
„Wie es ihre Mutter gewesen ist, die ich einst
voll Jugendschwärmerei angebetet habe."
Fridas Augen sahen ihn verwundert an.
„Maria Vittone war eine Heilige, die Güte und
Klugheit in Person, und da Pia in jeder Beziehung
das Ebenbild ihrer Mutter ist, weiß ich, daß sie eine
Gemeinheit nicht begehen kann. Ihre Verteidigung

fn der Rumpelkammer. Nach einem Semälde von kl. 5pring.


XIX- 1407.
 
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