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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 42.1907

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Heft 21
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https://doi.org/10.11588/diglit.60738#0505
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Var Luch fülMe
Illustrierte stgmilierireitung
21. liest. 1907.

Der pririr-stemastl.*)
stomari von steuriette v. Meersteimb.
^i'ste? l(3s)stel. — (Nachdruck verböte».)
ir wollten doch auf die Jagd gehen,
Junge!"
Der alte Herr v. Stechow stieß die
Tür, die zu dem Zimmer seines Soh-
nes führte, heftig auf und schrie dem
behaglich auf dem breiten Diwan Hingestrecktcn
die Worte zu.
„Komm nur herein, Papa! Mach dir's bequem
— hier, bitte!" sagte Georg v. Stechow, hob kaum
den Kopf ein wenig von den buntseidenen Kissen, auf


A Die Forschung des Romans „Die Geschwister Villone"
befindet sich ans Seite 461 dieses HeftcS.

denen er lag, und rollte mit lässig ausgestreckter Hand
einen juchtenledernen Klubsessel dem Vater näher.
Der alte Herr lehnte sein Gewehr vorsichtig in
die Ecke. Erst blieb er unschlüssig vor dem Sofa
stehen, dann nahm er, auf eine erneute Hand-
bewegung des Sohnes hin, wirklich auf dem tiefen
Sessel Platz. Seine gewichtige Person versank in
den weichen Polstern, seinem breiten Rücken bot die
niedrige Lehne wenig Halt.
„Verwünschtes Möbel!" schalt er. „Na — über-
haupt die ganze Einrichtung hier! Konntest du nicht
noch wahnsinnigeres Zeug zusammensuchen?"
„Etwas Stilvolleres, mir Behaglicheres jeden-
falls nicht." Dabei stieß Georg eine leichte blaue
Rauchwolke aus dem Mund. Mit mattem Wohl-
gefallen sah er an den ebenmäßig blaßgrün ge-
strichenen Wänden hoch, von denen sich die eigen
artigen Klingerschen Radierungen in ihren roten
Mahagonirnhmen wirkungsvoll abhoben. Auf dem

Holzpaneel, das sich an den Zimmerwänden ent-
langzog, standen Tonabgüsse klassischer Statuen, da-
zwischen einige zart abgetönte Tanagrafiguren und
ein paar pompejanischc Vasen, aus denen leuchtend-
gelbe Narzissen mit spitzgrünen Blättern heraus-
wuchsen. Bücher, Mappen mit Kupferstichen,
Aquarcllskizzen bedeckten die Tische, verstreuten sich
sogar über die Sessel, die teils mit Leder bezogen,
teils nur mit lose darübergeworfenen Teppichen be-
hangen waren. Die übrigen Möbel, ein breiter,
offener Diplomatenschreibtisch, ein großer Schrank,
der auf kunstvoll gewundenen Säulen stand, waren
aus olivgrüngebeiztem Holz gearbeitet, dessen Mase-
rung wie zartblaue Adern durchschimmerte.
„Stilvoll!" wiederholte der alte Stechow brum-
mig. „Das Wort ist mir direkt verhaßt. Gemütlich
will ich's haben, nicht stilvoll. Übrigens heißt ihr
modernen Leute von beutzutage alles stilvoll, was
vernünftige Menschen verdreht nennen. Und diese


XXI. 1907.

8tark umworben. Nach einem SemZIbe von üugust Kugler.
 
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