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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1891

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Heft 1/2
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Schulze, F. O.: Die Kunstgewerbeschulen Italiens
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https://doi.org/10.11588/diglit.7907#0019

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■§- (5

H-

Reihe von dem modernen Empfinden und Bedürfniß angepaßten
Kompositionen von Interieurs, Brunnen- und Gartenanlagen in «. nt.,
die daher als recht flotte Aquarellübungen betrachtet werden können,
ein weiterer Schluß aus den dem gemachten Studiengang und dessen
praktischen Nutzen bei dem Fehlen weiterer Belege aber nicht möglich
wird; im Allgemeinen scheint eine große Borliebe
des Lehrenden für Fremdartiges und Vriental-
isches vorzuherrschen. Die Schulen von Palermo,

Rom und Neapel begnügen sich nicht mit den
üblichen Erfolgen (Zeichnen, resp. Malen und
Modelliren) sondern sorgen auch für praktische
Unterweisung ihrer Schüler und setzen sie wenig-
stens in vielen Zweigen in Stand, Entwurf und
Modell auch sofort zur That werden zu lassen.

Die Schule von Palermo hat, als die jüngste,
auch nur in sehr bescheidenem Umfange ausgestellt,
um so reicher sind dafür die beiden andern Schulen
vertreten. Die Schule des Kunstgewerbe-Mufeums
der Hauptstadt verdient nicht nur wegen dieser und
in Folge ihrer tüchtigen Leistungen besondere Be-
achtung die Rührigkeit des Museums, das
schon seit Jahren bemüht gewesen ist, durch Ver-
anstaltung von Spezial-Ausstellungen alter, muster-
gültiger Schöpfungen weiter zur Hebung des Kunst-
gewerbcs und zur Weckung des guten Geschmackes
m weiteren Kreisen beizntrage» und die Lernenden
damit, durch die Möglichkeit der Vergleichung mit
den modernen Arbeiten gleicher Richtung, zum
Studium und zum Wetteifer anzuregcn, verdient
auch ungctheiltcs Lob — und wir wünschen das
von ganzem Perzen — den Sammlungen auch

mit ml Vt tUnier{anf^ heut müssen sic sich noch
hr a s unzulänglichen Räumen begnügen,

^"3° und unregelmäßiges Zusammengefüge
i,w enngermaßen passende Aufstellung negiren,

in ein ^ bcr I>pPutirte Fürst Gdescalchi
" «ammersitz,ing vom Jahre <88» sich
-micfte „die parodia impotente dessen, was ein
Aluseum se,n müßte.» Die Leistungen der Schule
d>e den Aufenthalt mit dem Museum in dieser qe!
priescnen Behausung thcilt — dekorative Malereien
m Tempera und Aquarell, auf Leinwand und
-piegel, Kompositionen in plastolin für Möbel
n Geräthe, j„ Wachs für Metallarbeiten, Gold-
m.s Srlberfchmuck, Ausführungen in Email und
~ IC, 0 m- Ünd durchaus tüchtige; zum Theil
vor ^ress , j sind die farbigen Kopien der reichen
- off- un Majolika-Sammlung des Museums,
rer großen Prachtstücke des fürstlichen Hauses der
ar erini, welche auf der ;88)er keramischen
usstellung figurirtcn; auch unter den Arbeiten
"r seitens des Pandelsministers, wie Privater
'Mt Prämien bedachter Schüler-Wettbewerbe lassen
llch, wenn diese auch nur zu oft eine zu strenge
Entlehnung an zu bekannte Vorbilder zeigen. Fort-
ri te verzeichnen. So waren hier einige recht
gu c Aontpositionen zu einem monumentalen Buch-
deckel nn Stile des XV. Jahrhunderts für Dante's
-tuna Commedia (auch die Mailänder Schule
Dlusterj — ° Buchdeckeln sehr gefällige und feine
zu sehr ^ ' weniger gelungen waren die Ehrenschalen und Lhrendegen,
wenn eie Aschennrncn, ungleich besser die Möbelkompositionen,

Rkodelliren de-e ^ ^p^ehen, daß wir dieses and, von Palermo geübte
staben ansehcu Möbels en miniature als etwas zu weitgehend

wüsten, wo die Zeichnung geübt werden und das Aus-

tragen der Details im Großen die Sicherheit und Beherrschung des
Stoffes und die konstruktive Fertigkeit zeigen soll. Die ausgestellten
Spiegelmalereien hätten füglich wegbleiben können.

Die Sdjttle von Neapel, deren Entstehen zusammen mit dem
Museum des kunstsinnigen Fürsten Filangieri zu verdanken ist, füllt
den ihr angewiesenen Gberlichtsaal, neben den
Studien der Zeichenklassen (sehr fleißige Pflanzen-
studicn und architektonisches Vrnament) mit zahl-
reichen und überraschenden Leistungen ihrer Lehr-
werkstätten für Keramik, Mctallarbeitcn, Iiseliren
und Treiben, Gold- und Silberschmiede- und Juwe-
lierkunst, Lithographie, Kupferstich und Gravir-
kuust und Kunsttischlerei aus; von den prächtigsten
färben- und metallschimmernden Vasen und
Schüsseln, den reichgemustcrten Fußbodenflächen
und wandbekleidnngsplatten zu den mächtigen
Architekturstücken und Reliesmedaillous, mit denen
die Schule selbst die poffagade ihres Museums sich
schmückt, zu den zierlichsten Metattgüßen und
dem äußerst sauber ausgeführten Nußbaumschreib-
tisch, alles Leistungen, die beredt von der trefflichen
Leitung der Anstalt sprechen.

Im Allgemeinen mag es auffallen, daß —
wenngleich auch alle Schulen neben dem Zeichnen
nach Gyps und Vorlagen mehr oder weniger
mit dem Nachzeichnen der Naturformen Vor-
gehen, solche, allerdings nur Pflanzengebilde, in
Konturen und farbigen Bildern bis zu den sehr
beliebten Effektstücken der Stillleben von den Schü-
lern darstellen lassen — doch im Unterricht der
Hinweis auf die innigen Beziehungen zwischen
den so tausendfach wechselnden Naturformen und
der Kunstform — als wesentliches Lehrmittel —
deren logische Entwickelung aus jenen, überhaupt
eine strengere Beobachtung und ein Zergliedern
der Natnrformcn nach ihrem Inhalt, gemäß ihrer
Grundidee und organischen Entwickelungsgesetze
— so ganz fehlt. Dies wird denn auch bei den
Arbeiten der verschiedenen Kompositions-und Fach-
klaffen fühlbar, wo im Vortrag oft durchaus
Tüchtiges zu Tage tritt, wo aber auch zugleich
die „Vrnamentiasis" überwuchert, ein falscher
Aufwand von Schmuckformc», die nur zu sehr
rein äußerlich und bedeutungslos dem konstruk-
tiven Gerippe aufgehangen sind. Der Schüler
wird zu wenig angchalten, richtig zu beobachten,
selbständig zu denken und zu schaffen und mit
todten Vorbildern geplagt, statt ihm die nie ver-
siegende Duelle der Natur, an der doch die Antiken
schöpften, die uns noch stets als Vorbild dienten,
vcrständnißvoll anfzuschließen, ihn auf ein ern-
stes Studium ihrer reichen Formenwelt und eine
vergleichende Betrachtung der in der Kunst ver-
wandten, analogen Form hinzuleiten und so zu
originellerem Schaffen zu kräftigen und auf das
Kunstgewerbe neu belebend und anregend zu wir-
ken. Auch scheint bei den Komxositionsübungen
von vornherein nur zu sehr den Luxusstückcn
gehuldigt zu werden, statt den Schüler von
den einfachstcit Aufgaben an allmählich aufwärts
zu führen, daß es so ganz in Fleisch und Blut übergehe und zur
Nothwendigkeit sich wieder herausbildct, auch das geringste pausgeräth
durch die Kunst zu adeln und so den richtigen festen Grundstock zu
weiterer künstlerischer Erziehung zu legen. V. O. 8.

Seitenansicht

zu dem auf Tafel S abgebildeten Schrank.
 
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