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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.7907#0089

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leichzeitig mit der Wiederherstellung der durch die Fresken
/ Pinturicchio's berühmtenApartamemi Borgia im vati-
I kan, die die Zonservirung der kostbaren Gemälde und
' die Erneuerung des ehemaligen Majolika-Fußbodens in
sich schließt, werden schon seit etwa Jahresfrist seitens
einer eigens von Sr. Heiligkeit Leo XIII. hiefür eingesetzten Zommis-
sion auch Studien gemacht, um wenn möglich, den derzeitigen weißen
Marmor-Fußboden der Raphael'schen Loggien durch einen Fußboden
in glasierten Fliesen, wie er früher war, zu ersetzen und zwar
möglichst nach derselben Zeichnung, die Raphael hatte ausführcn lassen.

Wie uns vasari erzählt, bestellte Raphael dieses Paviment bei
Luca della Robbia, hinter dem übrigens nicht der berühmte, sondern

der jüngere Luca, sein Neffe
zu suchen ist (von Müntz in
seinem „Raphael" auch durch
eine aus dem Staatsarchiv
beigebrachte Zahlungsnotiz
belegt.). Den im Laufe der
Zeiten ganz ausgetretenen
Boden ersetzen heute, wie
schon erwähnt, Marmor-
platten; von dem ehemaligen Fliesenboden ffnden sich aber vorläufig
bedauerlicherweise weder irgendwelche Zeichnungen vor, noch etwa er-
hebliche Reste.

Der der Lommission zugetheilte technische Direktor der Lehrwerk-
stätten des Aunstgewerbe-Museums der Stadt Neapel, Professor Giovanni
Tesorone hat nun vor kurzem seine aus unfern Gegenstand bezüglichen
Studien und Untersuchungen (L’antico pavimento delle logge di
Raffaello in Vaticano) herausgegeben und damit doch erheblich mehr
Licht in die dunkle Frage gebracht, auch ein Project
zur Restauration vorgclegt, das zunächst an der Hand
der von Beamten des Vatikans gemachten Beschreib-
ungen entstand, da andere und richtige Anhalts-
ximkte sich nicht einmal in den zahlreichen eiufchläg-
lichen Publikationen finden. Nach den auch von
Andern bestätigten Aussagen eines der ältesten Lu-
stoden des Vatikans, der schon als Rind in den
Loggien gespielt, folgte der ganze im Grund ein-
farbige, nur durch schmale Friese gefaßte Boden der
architektonischen Theilung und trennte, korresxon-
dirend den Pilastern und Bögen, jeden Theil vom
andern ein breites, sozusagen Schwellstück. Auch
dieses, wie das Lentruin, aus quadratischen Plättchen
bestehend und zwar aus einer vierfachen Reihe,
zeigt auf halbem Grund ein Geflechtmuster von erbsengrünen Lichen-
zweigen (die Eiche der Rovere, Julius II.), an denen, ganz sym-
metrisch vertheilt, die Nebenästchen abgeschnitten erscheinen. In den
Zwischenräumen der verästung fitzen oder saßen dann kleine, runde,
kastanienfarbene Reifen. Der schmale Fries ringsum (rechteckige Plättchen
von etwa 22—25 Zentimeter Länge) zeigte wieder eine 2lrt verästung
oder verknotung — il nodo di Giulio II. — erbsengrün auf weiß,
inmitten ein gelber Reif mit kastanienfarbener Füllung. Das vanirte
in anderen Theilen: der Fries wies da eine einfache, weiße Ein-
fassung und dunkelgelben Streif auf und dort die Federn und Ringe, und
den Diamant Leo X. zu einem reichen Vrnament ineinander verstochten.
Entsprechend dem Grund der Wandflächen der Loggien waren denn
auch die Platten des Zentrums gewöhnlich azurblau, ohne Zeichnung,
in manchen Theilen indessen gelb und geschlossen alsdann durch Schwell-
stücke und Friese von blauer Färbung. Der Mitteltheil des Zentrum s
war ja am meisten beschädigt, dock; ließ sich noch ein großes Rund
von über einem Meter Durchmesser wahrnehmen, in dem offenbar,
ganz der Deckentheilung entsprechend, das xäpstliche Wappen eingesetzt war.

So weit die Aussagen, von Fragmenten dieses Bodens hat
sich bis dahin nur ein Friesstück gefunden, das nach Tesorone in
Größe, Form, Farbe, Technik und Allem, auch den Versatz-Ripxen
an der Unterseite, den gemachten Beschreibungen entspricht und un-
zweifelhaft robbianisch ist. Man sieht daraus zugleich, daß die
Zeichnung nicht separat per Stück gemacht war, sondern auf den
ganzen Fries, weshalb die Plättchen auch an der Seite nummerirt sind.

Alles in Allem genommen, haben wir es hier also mit keinem
besonders reichen Muster zu thun, wohl aber mit einem zu dem ein-
stigen lebhaften Farbenschmuk der Wandmalereien harmonisch gestimm-
ten Bodenbelag, was uns Professor Tesorone in farbiger Tafel als
Restauration gibt, darf wohl dem „Linst" entsprechen, doch auch
er selbst ist sich dessen bewußt, daß man, um wieder jene nothwendige
Harmonie herzustellen, die Rücksicht auf den heutigen Zustand der
Wanddekoration nickst außer Acht lassen darf. Inzwischen sind denn
auch noch weitere Studien angeordnet worden und ist die Hoffnung
ja noch nicht ausgeschlossen, daß sich vielleicht noch irgendwo versteckt
Fragmente des alten Bodens finden und so noch sicherere Anhalts-
punkte für die Wiederherstellung gewinnen lassen.


















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Das reichere Friesstllck zeigt, gleich den in den Loggien gesehenen,
grünen oder blauen Grund, die Federn weiß, kastanienfarben und
dunkelgrün, die Ringe gelb, der Diamant weiK mit aelber Fassung
und grünen resx. blauen Lappen. Ls gehö-

Paoiment der Aatharinenkapellc in St. S Er ^\1
und dürfte sicher, wenn auch nicht direkt a — "
aus den Aammern des Vatikan stammen, i E
ses Stück, namentlich um zu weiteren NaE'cv
der trefflichen Studie Tesorone's; eine nuEE-^
feiefes Bodens findet sich im Archivio storio EL
- la cappella di Fra Mariano del Piomb = P
menico Gnoli.

Rom, Mktober (Lgt.
 
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