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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1891

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Heft 3/4
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G., L.: Franz Keller-Leuzinger: (geb. den 30. August 1835 zu Mannheim, gest. den 19. Juli 1890 zu München)
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https://doi.org/10.11588/diglit.7907#0028

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Majoliken,

nach Entwürfen von j)rof. Keller-Leuzin ge r für die Firma Trit sch ler 6c Tie. (Stuttgart), ausgeführt von G latz in villingen (Schwarzwald).

(Geb. den 20. August H855 zu Mannheim, gest. den f9. Juli f890 zu München.)

KeKrolog.

»ährend die Vorbereitungen zu der Münchner Kunst- und
Kunstgewerbe-Ausstellnng des Jahres tS76 ihrem Ab-
schluß entgegeneilten, mar eine der im Glaspalaste ein-
gelieferten Risten von einem übereifrigen Bediensteten
ausgcpackt morde», ehe der Name des Absenders festgestellt worden
war; der Inhalt, bestehend aus einer Reihe originell bemalter und
glasirter Thongefäße, erregte sofort bei den mit der Aufstellung der
Gegenstände betrauten Rüustlern großes Aufsehen, welches durch das
mystische Dunkel, in das der Aussteller dieser Gegenstände während
der nächsten Wochen gehüllt blieb, nur noch gesteigert wurde. Der
Mann, welcher sich hiermit so erfolgreich auf dem Boden des Münchener
Runstgewerbes einführte, war Franz Rel l er - § euzinger; bis
dahin in diesen Kreisen fast völlig unbekannt, hatte sich derselbe durch
diese Erzeugnisse seiner kraftvollen Rüustlerphantasie die Anerkennung
von Künstlern wie Gedon u. A. im Sturme erobert.

Franz Keller war am 20. August ;82L zu Mannheim
geboren als ältester Sohn des im badischen Staatsdienste stehenden
Ingenieurs Joseph Keller?) Seine bedeutenden künstlerischen Anlagen,
vom Vater ererbt und von beiden Eltern sorgsam gepflegt, zeigten
sich schon in frühester Kindheit in einem unwiderstehlichen Drange
zum Zeichnen. Kein Bleistift, kein Stückchen Kreide oder Kohle
waren sicher vor ihm — und Wände wie Stubeuböden mußten für
feine ersten Leistungen auf dem Gebiet der zeichnenden Künste her-

i) Die Schwierigkeit, geeignete Illustrationen zu beschaffen, hat leider den Ab-
druck dieses Nekrologs unlieb verzögert.

2) Der größte Theil der biographischen Daten wurde nach Mittheilungen der
Schwester des Verstorbenen zusannnengestellt.

halten, wenn ihm das reichlich gespendete Papier ausging. Auf dem
Gymnasium und dem Polytechnikum zu Karlsruhe, wohin später die
Familie übersiedelte und wo er sich zum Ingenieur ausbildete, war
er bald, wie später sein jüngerer Bruder Ferdinand^), als der beste
Zeichner bekannt.

von entscheidendem Einfluß auf sein ganzes späteres Leben war
ein Ruf nach Brasilien, welchen sein Vater (;855) erhielt, um Straßen
in's Innere zu bauen, Vermessungen vorzunehmen u. s. w. Er war
damals zwanzig Jahre alt, hatte soeben seine Studien vollendet, und
mit der vollen Kraft seiner feurigen Seele ergriss er die Gelegenheit,
als Gehilfe seines Vaters die Reise in die Tropenwelt mitzumachen,
welche seiner erregbaren Phantasie die reichste Nahrung und seinen
künstlerischen Anlagen die Möglichkeit freier Entfaltung bot. Zahlreiche
Aquarelle und Federzeichnungen in Briefen geben lebendiges Zeugniß
von dem gewaltiger: Eindruck, den ihm die neue Welt machte, welche
sich ihm aufthat, als er den Boden Südamerika's in Rio de
Janeiro betrat.

Der Aufenthalt im Urwald war ein Leben voll Anstrengung
und Entbehrung, aber auch voll Genuß für eine farbenfreudige
Künstlernatur wie Keller. Ueberdieß waren ihm als Ingenieur
Aufgaben gestellt, deren Lösung sein Interesse fesselte und ihn
befriedigte ; dahin gehören eine Brücke über den Parhyba, sowie
Untersuchungen der Flüsse Ivahy, Ignassu, Amazonas und Madeira.
Gleich gewandt mit der Feder wie mit den: Pinsel verwerthete er
sein bei der letzten Forschungsreise geführtes Tagebuch nach seiner

3) Jetzt bekanntlich Professor und Direktor der Kunstschule zu Karlsruhe.

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