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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1891

DOI Heft:
Heft 11/12
DOI Artikel:
Hofmann, Albert: Das Kunstgewerbe Indiens, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7907#0076

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Indische Thongefäize;

die Mrnamente sind nuf den roden Tdonscherben breit aufgemalt und dann mit grüner (Hr. j, ^ und 5)/ bez. goldbraunerj.(Nr. 2 und 3) Glasur überzogen. Höhe

des größten Gefäßes cca. 27 cm. Aus Sind. (India-Abtheilung des 8ourd-Xens.-Museums.)

von Albert Nofmann-Reichenberg.

(Schluß.)

m hervorragendsten unter den indischen Iu-
^ H I dustriezweigen ist unstreitig die Textilindu-

strie. Hier glänzt der Inder, von dem ein-
fachsten Baumwollenstoff, bis zu den wunder-
vollen Geweben, welche im Dhaka für den Hof von
Delhi gewebt wurden. Die feinen Nluslingewebe der ben-
galischen Stadt der „verborgenen Göttin" Dhaka nannte
man ihrer Zartheit wegen fließendes Wasser (abrau-an)
und Abendthau (shabnam). Aeberboten aber werden alle
diese Gewebe von den Aaschmir-Shawls, jenen rauschenden
Akkorden von Farbensymphonien, welche nur einein mensch-
lichen Intellekt entspringen können, der in immerwährendem
Austausch mit der Natur steht und welchen diese herrliche
Natur für die vielen Entbehrungen des Lebens so ent-
schädigt und heiter stimntt, daß er diese Farbensymphonien
zu schassen vermag. Diese herrlichen Shawls werden nun
nicht mehr allein in Aaschmir gefertigt, sondern auch an
anderen Orten haben sich Eingeborene aus Aaschmir nieder-
gelassen, um die heimische Aunst einzuführen und weiter zu
betreiben. So hat Aaschmir Aolonien gegründet in den großen
Städten der Provinz Amritsar, in Ludianah, Ialalpur, Dina-
nagar, Nurpur, Tiloknath und ait eiitigen anderen Plätzen
wie Lahors. Die Shawlwirker aus Aaschmir sind zu ver-
schiedenen Zeiten ausgewandert, besonders aber in den
dritten und vierten Dezennien unseres Jahrhunderts, als
eine Hungersnoth in Aaschmir eilte große Anzahl der Ein-
geborenen zur Auswanderung nach dem punjab trieb. —
Die Aafchmirshawls sind, abgesehen von ihrer kostbareren

oder schlichteren Ausstattung, sehr verschieden geschätzt.
Die Shawls in Nurpur und Tiloknath sind minderwerthig,
weil jene Orte ein hartes Wasser haben, welches beini
Waschen der Shawls diesen eine gewisse Rauheit gibt, die
den Nlarktwerth beeinträchtigt. Die Schönheit der Shawls,
seien sie nun aus Aaschmir oder Amritsar, hängt sowohl
von der Brillanz und der Dauerhaftigkeit ihrer unüber-
troffenen Farben als auch von ihrer Harntonie und dem
zarten Materiale ab. Die Schafwolle, auch die feinste,
wird niemals den schönen und beständigen Farbcnglanz
annehmen, wie die heimische Wolle, aus welcher die Ge-
webe gefertigt werden. Das Aaschmirornament hat eine
spezifische Eigenart, die bei aller Shawlornamentik wieder-
kehrt: die sackartig langgezogene Form der Palmen,
unten sich bauchig erweiternd oder in eine Spitze endigend,
die entgegengesetzten Theile in Voluten sich ausrollend.
Es ist, wenn ntan will, ein durchaus stilistisches, stark um-
gefornttcs Ornament; das naturalistische Ornament ist
beinahe völlig ausgeschlossen. Was die Farbengebung
anbelangt, so herrscht, wo nicht eine einzige dunkle Farbe,
schwarz oder braun in einer Zeichnung aus Hellern Grunde
angenommen ist, immer eine Farbe, gewöhnlich ein mildes
Ziegelrotst vor, dem sich die andern Farben, ein gebrochenes
Blau, ein dunkles Rothbraun, zarte grüne Töne in spär-
licher Verwendung unterordnen. Seltener dominirt auch
die blaue Farbe. Die Farbe des Grundes ist immer ein
gebrochenes weiß bis gelb, mit welchem die Farben der
Zeichnung in warmer Stimmung Zusammengehen. Das

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