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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1891

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Heft 5/6
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Semper, Hans: Ueber Monumentalbrunnen und Fontainen, [1]: stilgeschichtlicher Ueberblick bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.7907#0033

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Gartenanlage im Hause des Marcus Lucretius zu Pompeji.

Nach Photographie gezeichnet von Maxim. Winterstein.

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^tilgeschichtlicher Ueberblick bis zum Lude des J8. Jahrhunderts.

von Daus Semper.

chiller's blos als Bild für den rhythmischen
Tonfall des elegischen Versmaßes angewcndete
Schilderung des Springbrunnens veranschaulicht
gleichwohl in trefflicher weise den poetischen
Reiz des von einer unsichtbaren Kraft emporgeschleuderten
Wasserstrahls, der sich in anmuthigem Bogen wieder herab-
senkt und plätschernd niederfällt, uni unaufhörlich durch
eine neue, nachdrängende Wassersäule erseht zu werden.
Dieses muntere, rastlose Spiel des Springquells geinahnt uns,
nn Rahmen der Kunst, an die bezaubernden Wirkungen
des nassen Elementes in der Natur, an das Rauschen des
Stromes, den stürzenden Wasserfall, das Tosen der Bran-
dung, und gilt uns, gleich diesen Naturerscheinungen, als
ein lebendiges Symbol der Dauer im Wechsel, der unver-
siegbaren und unermüdlichen Thätigkeit der Natur, sowie
er mannigfaltigen Segnungen des Wassers und der theil-
deff^" Herrschaft des Menschen über dasselbe, wodurch
büt-t" ^^^uten vermehrt, dessen Schäden möglichst vcr-

Philosop^ Wterthum erkannten nicht nur Dichter und
Haushalt der^he Bedeutung des Wassers für den
Pindar sogar UU^ menschliche Zivilisation, so daß
gibt, Thaies X ^ Wasser als das Bests pries, was es
zeichnete; die <£^1^ aIs öcn Urgrund aller Dinge be-
Gefahren wurzelt von ^effen Segnungen und auch

^ c '° iief im Bewußtsein aller Völker seit

X

Im Hexameter steigt des Springquells flüssige Säule,

Im Pentameter drauf fällt sie melodisch herab.

den ältesten Zeiten, daß wir fast überall in den Mythen
der Vorzeit das Wasser und dessen Kräfte eine der wich-
tigsten Stelle» einnehmen sehen. Bei den Aegyptern, sowie
bei allen arischen Völkern war nicht nur das Wasser an sich
heilig und galt als heiliges Symbol — besonders vermöge
seiner reinigenden Kraft —, sondern waren auch seine
mannigsaltigeit Wirkungen und Erscheinungsformen von
der Volksphantasie zu fast ebensovielen göttlichen Wesen
umgedichtet worden. Besonders reich und plastisch treten
uns die mythischen Gestalten entgegen, mit denen das
kunstbegnadcte Volk der Griechen das ganze Reich der
Natur und so auch die Erscheinungen des Wassers belebte.
Der segenspendende Regen, der die verdorrten Gefilde zu
fruchtbaren Saatländern verwandelt, war ein Geschenk des
Deus hjyetios, Jupiter pluvius, wie ihn die Römer nannten,
die wilden, verheerenden Gebirgsbäche fanden ihre Ver-
körperung in den Centauren; im Meere hauste der finstere
Poseidon mit seiner holden Gattin Amphitrite, von See-
pferden auf seinein Muschelschiff gezogen, umschwärmt von
einein ganzen Troß übermüthiger Tritonen, Nereiden und
allerlei Seeungethümen. Zn den Quellen und Seen wohnten
Nyniphcn uiid Najaden, jeder Fluß hatte seine Gottheit,
ja Aphrodite selbst, die Göttin der Liebe, hieß die wellen-
schaumgeborene.

Allen diesen Gottheiten wurden Vpfer dargebracht,
mit sie zu beschwichtigen oder ihre Gunst zu erflehen. Be-

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