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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1891

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Heft 9/10
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Hofmann, Albert: Das Kunstgewerbe Indiens, [1]
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Unsere kunstgewerblichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7907#0068

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Me Motive für seine Arbeit geben ihin Früchte und Bäume,
auf die sein Auge fällt, die traditionellen Formen, die sich
an den Gemälden oder Skulpturen jenes alten Tempels
finden, der dort am Dorfesende umschattet von Palm-
und Mangogruppen, am Rande des lotusbedeckten Wasser-
beckens fich erhebt. Ls ist Abends, die Etraße vor uns
wird durch die flatternden Gewänder der Weiberschaar
belebt, die dem Zugbrunnen sich nähert; in langer Reihe
schreiten sie, jede das Haupt mit den: metallenen oder
irdenen Aübel beladen, langsam und sinnend einher; einem
Titanischen Gemälde gleich, erglüht die Szene im Glanze
der scheidenden Sonne. Später treiben die Männer die
glatten grauen Aühe heim aus dem rauschenden Dschungels
der Webstuhl wird zusammengelegt, des Aupferfchmiedes
Hammer schweigt, des Dorfes Aelteste finden sich an: Thore
zusammen, einzelne Lämpchen erhellen die rasch einbrechende

Dunkelheit und schon beginnen Lustbarkeiten und Musik;
bis spät in die Nacht hinein ertönen die Weisen, zu welchem
das Ramajanah oder Mahabaratah die Worte leiht. Am
nächsten Morgen beginnt mit dem Sonnenaufgang ein
neuer Tag ähnlichen Daseins, welchem Gebete und die
unter freiem Fimmel vorgenommenen Waschungen die
Weihe geben. — So das Leben der Dorfgemeinden im
Westen Indiens, im Deccan, so der Traun: eines Volkes,
das fein Glück in seinen einfachen Sitten und geringen
Bedürfnissen findet, in der Aultur, welche von den Poesien
der Religion herrührt, in der dieses Volk lebt und denkt
und mit der die höchsten Leistungen seiner Literatur, seiner
Aunst und seiner Zivilisation seit zwei Jahrtausenden
erworben sind". (George T. M. Birdwood.)

Indien ist eine vollkommene Welt für sich, aber inner-
halb dieses abgeschlossenen Gebietes gibt es so verschieden-
artige Stämme, so verschiedenartige Provinzen, deren jede
ihren alten Glauben, ihre alten Gewohnheiten beizubehalten
trachtete, und dieses in allen Richtungei: ihrer hochent-
wickelten Aultur, daß sich die gesammte indische Aunst
gleichsam wie ein großes, farbenreiches Mosaikgemälde
ausnimmt. Nngeachtet der Verschiedenheit dieser Stämme
und Provinzen aber ist die Aunst innerhalb eines Stammes
im Laufe der Jahrhunderte gleich geblieben und zeigt nicht,
wie in Europa, immer wieder den Reflex einer kurzen
Spanne Zeit.

Die indische Aunstindustrie ist fast in allen
Materialien mit gleichem künstlerischen Erfolge thätig,
wenn auch die Erscheinung der Erzeugnisse der einzelnen
Gruppen bald prächtiger und prunkvoller, bald einfacher
und anspruchsloser ist, immer aber ist sie stilistisch d. h.
dem Materiale entsprechend richtig und immer frisch und
ursprünglich in Erfindung und Formengebung. Die schroffen
Aontraste, die sich in: sozialen Leben geltend machen, zeigen
sich auch hier in der gleichen ausgesprochenen weise.
Schlichteste Einfachheit in der Erscheinung, oft Dürftigkeit,
neben höchstem Prunk und einer Ueberfülle des Reichthums.

(Schluß folgt.)

Unsere Kunstgewerblichen MnsterblMer.

Tafel 26: Schlafzimmer-Einrichtung aus dem Pause
des Bildhauers Prof. Ant. peß, München. Täfelung und Plafond
aus Zirbelholz mit Nußholz-Linlagen; Beides sowie der grüne Vfcn
alte Arbeiten ans Südtyrol. Möbel vorwiegend Nußholz und gleich-
falls zum Theil alte Arbeiten.

Tafel 27: Gravirte Zinnkanne. (Aus der Wettbewerbung
des bayerischen Kunstgewerbevereins ;88Y.) Preisgekrönter Entwurf
von Fr. Naager, Akademiker, München, hierzu gehören auch die
auf den Seiten 62 und 64 abgebildeten Zeichnungen.

Tafel 28: Silberarbeiten. Entworfen und ausgeführt von
Earl Rothmüller, München.

Tafel 2y: Rauchzeug. Entwurf von Fr- Widnmann,
München.

Tafel 20: Beichtstuhl. Aus der Klosterkirche in St. Gallen.
Gezeichnet von K. Späth, München.

Tafel 2;: Stoffmuster. Nach einem Bilde eines Kölner
Meisters aus der Zeit von —;soo, in der Alten Pinakothek zu
München. Ausgenommen und gezeichnet von Bildhauer E. Pfeifer,
München. Dieses Stoffmuster stammt von dem Gewände des hl.
Lhristian auf dem rechten Flügelbilde des Boisferee'fchen Bartholomäus
Altares (Kölnischer Meister des Bartholomäus, thätig um 1490 — iöoo).
Aeltere Pinakothek, Katalog Nr. 39.

hierzu „Beilllall" Hlr. 9.

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verantw. Red.: Prof. £. Gmelin. — perausgegeb. v. bayer. Aunstgewerbeverein. — Druck u. Lomm.-Verl. von Knorr # Dirth in München.
 
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