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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1891

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Heft 1/2
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Die Persische Teppichweberei
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M., F. von: Paul Sayer
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https://doi.org/10.11588/diglit.7907#0016

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Eine Besonderheit Persiens sind ferner die Seidentepxiche.^)
Man sieht oft wolltexpiche mit Seidenfransen oder mit seidener Kette,
allein ganzseidene Teppiche sind selten, heute noch seltener als ehemals.
Sie sind in der Regel klein und eher als Zimmerschmuck als zum
Gebrauche bestimmt. Ihr Preis ist sehr hoch. Lin über einem Grabe
befindlicher Seidentexpich in Teheran, der kaum zwei pards im Ouadrat
maß, wurde auf 200 Tomans oder 360 Dollars (mehr als ^00 nr.)
bewerthet.

Mas den Marktpreis der persischen Teppiche anlangt, so lassen
sich nur annähernde Daten darüber geben, eine feste Preisscala gibt
es nicht. Das besondere Gepräge jedes einzelnen Teppichs spielt bei
der Preisbestimmung eine Rolle, und während das eine Stück mit
Verlust losgeschlagen wird, erzielt ein ähnlicher Teppich an einem
anderen Tage einen vorzüglichen Preis. Im Durchschnitt aber findet
der Verkäufer einen sehr beträchtlichen Nutzen.

Oftmals sind Mitglieder alter und vornehmer Familien genöthigt,
sich Geld zu verschaffen. Sie betrauen dann einen„Delläl" oder kjau-
sirer mit dem kommissionsweisen verkauf ihrer Kostbarkeiten, unter
denen sich nicht selten überaus werthvolle Teppiche ältesten Ursprunges
befinden; es werden dann Teppiche, die ;oo Tomans werth sind, um
30 oder no Tomans verkauft.

Die von der Kompagnie Ziegler in Persien bestellten und in
Europa in den Handel gebrachten Teppiche unterliegen einer regel-
mäßigen Preisbewegung.

Ganz antike, nicht allzusehr abgenutzte persische Teppiche werden
von Kennern und Liebhabern gesucht und erzielen dann Preise, welche
selbstverständlich dem künstlerischen Merthe des Artikels entsprechen. M.

B) Seidenteppiche werden noch immer in Kaschmir und den mittelasiatischen
Lhanaten angefertigt. A. d. R.


Nekrolog.

m Nachmittag des 4. Oktober umstand eine zahlreiche
Trauerbegleitung das Grab eines Künstlers, dessen von
Blumen überdeckten Sarg sie in die geweihte Erde
senkten.

Nur wenige kannten den aus der Ferne herbeigeeilten greisen
Bruder des verstorbenen; nicht einen Einzigen hatte amtliche Rücksicht
und Ehrenpflicht hiehergxführt. Kein Dank war für die Blumcnspende
zu erwarten, niemand beachtete, wer da kam, dem Todten das letzte
Geleite zu geben — und doch fanden sich alle Berufe vertreten, eine
Schaar von Künstlern, Beamten, Kunsthandwerkern, Geistlichen und
Laien. Ein geistliches Mitglied unserer alma rnater, das selbst zu
diesem Liebesdienste sich erboten, hielt einen letzten Nachruf, so tief
bewegt, so weihevoll und aus dem Herzen kommend, wie nur selten
wohl einem Geschiedenen solche Leichenrede wurde. Ls war der, dem
sie galt, den so zahlreiche Freunde bis zu seiner letzten Heimstätte be-
gleiteten, kein großer Künstler in dem Sinne, wie dies allgemein ver-
standen wird. Kein Orden bedeckte seine Brust, und die einzige Aus-
zeichnung, die ihm im Leben zu Theil wurde, blieb ein Ehrenpreis,
den die k. Akademie der bildenden Künste vor langer Zeit dem jungen,
fleißigen und talentvollen Schüler zuerkannte. —

Seine Merkstatt war eng und klein, seine Mahnung ein beschei-
denes Zimmerchen, und in der weißen Arbeitsblouse bearbeitete er
mit Säge und Beil erst selbst den Lindenblock, aus dem er dann die
Figuren schnitzte, die ihm als Auftrag nicht allzu zahlreich aber doch
genügend wurden, um ihn immer zu beschäftigen. Der Künstler, auf
den der Tod inmitten seines eifrigsten Schaffens die kalte Hand gelegt,
war ein solcher in des Wortes liebenswürdigster Bedeutung, sein
Leben ein Stück aus Albrecht Dürer's Zeit in unsere hastende, nach
äußeren Erfolgen haschende Gegenwart versetzt.

Paul Sayer, von dem wir sprechen, wurde X852 als der jüngste
Sohn braver Bauersleute in St. Märgen im Schwarzwald geboren.
Früh mußte er sich an Arbeit gewöhnen und als kleiner Bube schon
traf ihn die Aufgabe, das heimatliche Vieh zu hüten. Die Zeit ward
ihm dabei nie lange, denn er führte in der Tasche einen Schatz mit
sich, ein Messer, mit dem er, so gut es ging, aus dem Holze schnitzelte,
was ihm gefiel. Pauls älterer Bruder hatte in Freiburg Theologie
studiert — in den Ferien wanderte der junge Geistliche nach Hause
und mit Freuden beobachtete er in solcher Zeit die Versuche des kleinen
Paul, seines Lieblings, aus Venen ein entschiedenes Talent zu sprechen
schien. Seinen Bemühungen gelang es, dem Bruder Unterricht im
Zeichnen und Modelliren zu erwirken — zuerst in Freiburg, bis später
J853 Sayer nach München wanderte und dort Aufnahme in der
kgl. Akademie der bildenden Künste fand.

Da Paul der jüngste unter den Brüdern war, stand ihm nach
heimatlichem Rechte die Uebernahme des elterlichen Hofes zu; er ver-
zichtete aber darauf und schnitzte lieber Stockknöxfe, Krixpenfiguren und
was sonst ihm die kleinen Mittel bringen konnte, seinen Studien weiter
leben zu dürfen. Nicht lange, so war er auch der Liebling seines

Lehrers, Professors Midnmann, der den geschickten und doch so be-
scheidenen Schwarzwälder zu mancher Arbeit beizog, an welcher derselbe
lernen und zugleich verdienen konnte. So durste Sayer helfen bei
Einzelfiguren an einem Altäre in der hiesigen Liebfrauenkirche; er
modellirte die Büste seines vorzüglichen Gönners, des sel. Erzbischofs
von Freiburg, Herrn von vikari, und schuf eine allegorische Gruppe
eigener Art „die Dreisam" (Fluß im Schwarzwald), welche später der
Großherzog von Baden kaufte.

Endlich zog es ihn wieder hinaus in die Welt. Mehrere Monate
arbeitete er in Paris — später winkte ihm Italien und Rom, wo er
in vollen Zügen die Münder der Vergangenheit, die tiefinnigen Schöpf-
ungen eines Fiesole und anderer Meister des Linque Lento in sich
aufnahm, die so ganz dem eigenen Wesen, seinem tiefreligiösen Ge-
müthe entsprachen.

Der Hüterbub von früher war inzwischen zum selbständigen
Meister in seiner Kunst geworden. Er hatte sich in München eine kleine
Werkstatt eingerichtet, in welcher er, obwohl mit vermehrten Auf-
trägen oft die Versuchung an ihn herantrat, sich Hilfskräfte beizu-
gesellen, ganz allein blieb und unermüdlich schaffte.

von seinen Arbeiten in Holz, in Marmor und für Bronze
wäre eine lange Liste aufzuzählen. Zumeist waren es Merke der
christlichen Kunst, in welchen er die ganze Frömmigkeit, die Unschuld
und Lauterkeit seines eigenen Wesens zu verkörpern wußte.

Eine der bedeutsamsten und poetisch empfundensten dieser Ar-
beiten blieb wohl ein Altar für Sewen int Elsaß. Es folgten ver-
schiedene Altarwcrke für Lolmar, Straßburg u. a. m. Die Portal-
lünetten für die St. Benediktuskirche, eine große Zahl von Grab-
denkmälern, Heiligenstatuen, Lhristus und Marienbildern, welchen
Letzteren er insbesondere immer wieder eine neue Seite vornehmer
Hoheit, Innigkeit und Jungfräulichkeit zu geben wußte. Neben diesen
kirchlichen Werken beschäftigten ihn als Aufgaben der profanen Kunst
verschiedene Porträtbüsten — so u. a. die des Alban Stoltz, Ferdinand
von Miller, *) Geheimrathes Dr. von Nußbaum— es waren Männer,
denen er im Leben selbst mit größter Verehrung anhing und an deren
Darstellung er den Maßstab seiner eigenen Pietät und hingebenden
Treue legte. Eine Arbeit, auf die er besonderen Werth legte, war
das Denkmal für Herrn Erzbischof Gregor von Scherr in unserem
Liebfrauendome, während ein zweites Bischofsgrab — sein letztes
werk — das Denkmal für den verstorbenen Erzbischof Or. von
Strichele hier die gleiche Kirche schmücken wird.

wenn die Biographie versuchen soll, ein Lebensbild zu geben,
so sind beim Künstler die werke, die ihn überdauern, zwar die
wichtigsten und vollgiltigsten Zeugen seines Merthes, sie werden uns
aber erst verständlich im Zusammenhalt mit so manchen kleinen un-
scheinbaren Dingen, die uns näher in das wesen desjenigen ein-

*) Diese Büste, in Erz gegossen, ziert bekanntlich den Festsaal des Aunstgewerbe-
hauses in München.
 
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