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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1891

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Heft 7/8
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Semper, Hans: Ueber Monumentalbrunnen und Fontainen, [2]: stilgeschichtlicher Ueberblick bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.7907#0045

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ÄeM TonummtalörunnN üM FontamN.

Ztilgeschichtlicher lleberblicF bis zum Lude des H8. Jahrhunderts.

von Dans Semper.

(Fortsetzung.)

ie großartigste mittelalterliche Fontaine Italiens,
die Fontana della Riviera zu Aquila in den
Abruzzen, welche laut Inschrift in den Jahren
(270—{272 von HTeifter Tancredi di Pentima
di Valva errichtet ward, zeigt ebenfalls eine ähnliche monu-
mental-architektonische Anlage, wie die Fontaine von Siena.
Sk besteht aus drei mächtigen, fast rechtwinklig aneinander-
stoßenden Mauerconstructionen, die mit rothen und weißen
Marmorplatten (wie die Rirche S. Maria in Tokmaggio zu
Aquila) incrustirt sind und an deneir aus dreiundneunzig
verschiedenartigen Röpsen und Masken, in zwei Reihen
übereinander, das Wasser in ringsumlaufende ebenfalls in
zwei Stufen übereinander angebrachte Tröge stießt. Die
offene vierte Seite bildete den Zugang zu dieser hosartigen
Brunnenanlage, welche mit ihren massenhaften Ausgüssen
wahrscheinlich ebenfalls die Reminiszenz eines antiken Typus
für öffentliche Nutzbrunnen bildet und in Bezug auf den
Massenaufwand von aneinandergereihten Wandausgüssen
auch an die Fontana delle 13 cannelle aus dem (6. Jahr-
hundert in Ancona gemahnt. Die Inschrifttafel der Fontaine
zu Aquila befindet sich an der offenen Seite auf einem Sockel
und ist von einem gothischen Schutzgiebel überragt. Diese

Fontaine soll nach Schulz*) zahlreichen anderen Fontainen
in Aquila und anderwärts zum Muster gedient haben.

In der florentinifchen Frührenaissance erhielt
die Fontaine dagegen, bei aller Anlehnung an römische
Zierformen im Einzelnen, im Gesammtaufbau eine zier-
licheie, dabei ziemlich bescheidene, sedoch sein durchgebildete
Gestalt, welche dem antiken Reich oder dem Tantharus der
altchristlichen Rirchenatrien am nächsten steht, dessen Typus
auch für die Weihbecken und in kräftigeren Verhältnisse'!!
vielfach auch für Taufbecken**) bis auf den heutigen Tag

*) Denkmäler der Kunst in Unteritalien.

**) Daß die Klosterbrunnen des Mittelalters häufig die altchrist-
liche Tantharusform beibehieltcn, wurde schon früher (S. 32) bemerkt.
Ein solcher Klosterbrunuen findet sich z. B. im Prämonstratenserstift
Sayn (gegründet \20\)\ auf kräftigem, schön profilirtem Fuß ruht
eine weite, runde Schale, die von sechs schlanken Säulchen außerdem
am Rande gestützt ist, darüber steigt ein zweiter, schön profilirter
Tautharus auf, über welchem noch ein kurzer Stamm mit Ausgußrohr
eine Traube trägt, die vermuthlich Master spritzte. (S. Aus'm lveerth,
Taf. L, S.) Den Lautharustypus besitzt u. A. auch der Klosterbrunnen
zu Maulbronn, dessen beide unteren Sandsteinschalen noch romanisch, die
oberste (von Bronre), sowie die bleierne Bekrönung gothisch, — sowie
derjenige zu Lüne, von welchem wir auf S. 42 eine Abbildung mittheilen.

Zeitschrift des baser. Aunstgewerbe-Vcrcins München.

sgys. Heft 7 & 8 (Bg. O-
 
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