Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1891

DOI Heft:
Heft 3/4
DOI Artikel:
Krell, F.: Mittelalterliche Wohnungsausstattung und Kleidertracht in Deutschland, [2]: Vortrag, gehalten im bayer. Kunstgewerbe-Verein von F. Krell
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7907#0021

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Gberlichtgitter aus Graz.
Ausgenommen und gezeichnet non U Brausewetter.

Vortrag, gehalten im bayr. Aunstgewerbe-Verein, von Prof. Or. p. K. Krell.

(Schluß.)

Innere Ausstattung.

Bei der inneren Ausstattung des gothifchen Wohm
Hauses hatte, wie schon angeführt, das Pol; inehr un
inehr an Terrain gewonnen, so daß es den Grundton cs
Ganzen bildete?) Die Vorliebe für dieses Material steigerte
sich im Verlaufe dieser Periode schließlich so sehr, daß man
;u total mit Pol; ausgekleideten Gemächern gelangte, und
größere Zimmer mit kleinen hölzernen Einbaute», Nischen
und Beischlägen versah, wie auch durch Flügelwände
Abtheilungen in denselben schuf.

Außer den ebenen Balkendecken waren auch polz-
gewölbe sehr beliebt. Eine Erhöhung der ehag ich er
der wohnräume erzielte man ferner durch erme 111113
der Teppiche als Fußbodenbelag und Wandüberspannung
An den wänden traten an Stelle derselben zuwerin
auch Ledertapeten. Von besonderer Bedeutung M )
auf die Ausbildung des nordischen Charakters er °
ausstattung war indeß die allmählige Aufiiahiiie e,
der, aus gebrannten und glasirten Aachcln Herges e ,
nur einen wichtigen Gebrauchsgegenstand bildete, fa11)1'1
zu einem integrirenden Dekorationsstück der deutschen wohnug
sich auswuchs. Die Einführung des Mfens gescha) ui rtz,
wie es scheint, nicht vor deni XIV. Jahrhundert.

Die Vermehrung der wohnräume führte zunächst
Zu einer Vermehrung der AIöbei. pndem sich danii
aber eine Abstufung in der Güte uiid Ausschmückung der-
stlben verband, gab dieselbe auch den Anstoß zu größerer
Mannigfaltigkeit der Fornren überhaupt. Zn der Zeit des
romanischen Stiles hatte die Bemalung der polzgegenstände
noch eine große Rolle gespielt; sie verschwand auch jetzt

S.

’) Siehe die Abbild,
s-i u. 55.

"'sm l> U u. ;5; vergl. auch Jahrg. (887

nicht vollständig, aber dein Wesen der Gothik entsprechend
erhielt die Schnitzerei die Vberhand. Zwischen Schreiner
und Schnitzer bestand zu damaliger Zeit kaunr eine äußere
Trennung.

Alit der erhöhten Werthschätzung des Mobiliars er-
wachte natürlich das Streben nach Verbesserung der
Techniken. Zu Anfang des XIV. Jahrhunderts (etwa
um \520), also in der pöhezeit der Gothik, wurden die
Sägemühlen erfunden. Gegen das Ende desselben Jahr-
hunderts trat an die Stelle des bisher geübten, einfachen
Zusammenfügens der polztheile das Verriegeln und
Einzapfen. Truhen und Laden blieben nach wie vor
im Gebrauch, und nicht nur während dieser Epoche, noch
bis in die Renaissance hinein, dienten sie als Sitzgelegenheit,
häufig findet sich eine Truhe an das Bett angerückt, ge-
wöhnlich am Fußende desselben, zuweilen aber auch an der
Langseite. Aber an die Stelle der gar großen schwer-
beweglichen Bankkästen traten kleinere mobilere.

Vor das Aamin oder neben dasselbe stellte man Bänke
mit Rückwand und Seitenwänden, sowie Doppelbänke
mit beweglicher Lehne hin, auf welchen man auch gelegentlich
zu schlafen pflegte. Es sind das die Vorgänger unserer Sophas.
war ein Gfen vorhanden, so umzog man denselben mit festen
Bänken. Die gothifchen Einzelsitze sind verschiedener
Art; als Ehrensessel dienten auch jetzt noch schwere, in
rechten Winkeln zusammengefügte Gerüste, zum Theil unten
kastenartig geschlossen, mit hoch hinaufgehender Rücklehne,
die, wenn es sich um eine Persönlichkeit von höherer
Stellung handelte, in der Spätzeit des Stiles zum Baldachin
sich vorwölbte.

Nach unseren Begriffen sind alle die erwähnten Sitze,
auch unter Zuhülfenahme von Polstern, und, wie es auch
geschah, von übergelegten Tüchern, nicht bequem. wenigstens

Zeitschrift des böser. Aunstgewerbe-vereins München.

_/

189U Heft 3 u. 4 (8g. U-
 
Annotationen