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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1891

DOI Heft:
Heft 11/12
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Hofmann, Albert: Das Kunstgewerbe Indiens, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7907#0077

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ist die Ligenart des gestickten Rasch -
mirshawls. prunkvoller irn Anblick,
wenn auch weniger kostbar, sind die
seidengewebten Shawls. Pier ist die
Farbengebung eine reichere und
manigfaltigere, das vegetabilische
und figürliche Llement wird mit
Vorliebe in der Grnamentation ver-
wendet. Waren die gestickten Shawls
ruhig getragene Symphonien, so sind
diese rauschende Farbenakkorde, die
das Auge entzücken. Linen glück-
lichen Rivalen haben die wunder-
vollen Rafchmirgewebe in den gleich
prächtigen und kostbaren Rincobs,

Seidenstoffen mit eingewebten Me-
tallfäden, ineistens aus Gold und
Silber; diese Gewebe sind so hoch
geschätzt, daß die Yard — O.sts m
bis zu ^ 6 = s20 Mark bezahlt
wird. Sie werden hauptsächlich in Benares, Ahmedabad,
Aurungabad, Bhawulpore, Tanjore und Trichinopoly in
der Provinz Madras, in pyderabad im Deccan und in
Raschmir gewoben. Die Ausstattung dieser Stoffe ist eine
glanzvolle, blendende. Aus einein meist tiefen, satten,
rothen, blauen, weißen oder grünen Grund mit den ver-
schieden nuancirten Abarten des Weinroth, Ziegelrotst,
Purpurroth, violetten Blau, grünlichen Blau, das pell-
und Dunkelgrün, entwickelt sich in brillanten Metallfarben
die überaus mannigfaltige Zeichnung des Gewebes. Oft
tritt an die Stelle des dunklen Grundes des Gewebes ein
Heller Grund mit gebrochenem, gelblich- oder grünlich-weißem
Tone. Bisweilen ist das Grundgswebe auch in verschiedenen
Farben gestreift; die Zeichnung legt sich dann ohne Rück-
sicht auf diese Anordnung in ungezwungener Weise über
das ganze Gewebe. Zn selteneren Fällen ist der Grund
metallisch und Blätter und Blüthen heben sich in lichten,
brillanten Farben von dem alles dämpfenden, neutralen
Metallgrund ab. Die Anordnung der Zeichnung ist die
denkbar verschiedenste. Läßt man jenen Motiven den Vor-
antritt, welche sich nicht in streng geometrischen Formen
bewegen, so kann die Anordnung eine regelmäßige, ryth-
mische sein, oder das Dessin verbreitet sich als spinnende
Ranken mit Blättern und Blüthen ohne Intervalle über
den ganzen Grund. Bei der denkbar freiesten Bewegung
des ornamentalen Motivs kann durch Anordnung von
Intervalle» doch eine gewisse Regelmäßigkeit in der Ge-
sammtwirkung eintreten. Den Uebergang zur geometrischen
Anordnung des Motives bilden die sich in gleichen Ab-
ständen sowohl in der Seiten- und pöhenrichtung wie in
Diagonale wiederholenden Blümchen und Blättchen
lrt ihrer bescheidenen Form. In der geometrischen Form
verbreitet sich das Pflanzenornament in einer senkrechten
°ker gradlinig diagonalen Streifung, in einer horizontal,
DctWal oder diagonal angeordneten Zickzack- oder Schlangen-
°^er *n ari^eren §inienformen. Das streng geometrische
vnament ohne jede freiere vegetabilische Beimischung ist
nicht selten. In Folge des Fehlens des Metalles weniger
glänzend, doch in ihrer Art nicht minder brillant sind die
wit den einheimischen Namen Mushroo, Imroo, Gool-

buddun und Atlus belegten Stoffe, die vorzüglich in Benares,
pyderabad und Aurungabad im Deccan, Tanjore und
Trichinopoly in der Provinz Madras, in Surat, Ahmed-
abad, Rutch, Bokhara, Labul, Bhawulpore und Parbunder
in der Provinz Rattywar gewebt werden. Sie zeichnen
sich durch ungemeine Brillanz in der Farbengebung sowie
durch feinen, glänzenden Lustre aus. An Kostbarkeit stehen
sie den Aincobs nach. Die Zeichnung tritt bei den Mushroo-
Geweben nrehr zurück und beschränkt sich auf eine leichte,
meistens vertikale, selten horizontale Streifung, deren In-
tervallen hie und da von anderen Ornamentmotiven belebt
sind. Diese haben dann fast ausschließlich eine streng
geometrische Form, nur in pyderabad wird das Pflanzen-
motiv mit eingewebt, päufiger und in sehr schöner Stili-
sirung zeigen dies die Imroo-Gewebe von Aurungabad
im Deccan.

Verwandte Ligenschaften in der Lrscheinung mit diesen
Geweben zeigt das indische Seidengewebe. Die indische
Seide ist meistens sehr dick und fest, sie glänzt nicht und
hat keinen Lüstre, sondern ist durchgehends matt gehalten.
Das gebräuchlichste der indischen Seidenfabrikate ist eine
gestreifte Seide, „Gulbadan" genannt; die beliebtesten Farben
sind ein blasses Grün mit scharlachrotsten Streifen, ein
dunkles Grün, beinahe Schwarz mit den gleichen Streifen,
Gelb mit fcharlach- oder karmoisinrothen Streifen, Purpur
mit gelben Streifen, Weiß mit dunklen Streifen ic. Die
Seibe wird hauptsächlich zu Rleiderstücken, Pyjamas,
verwendet, welche von den reicheren Klaffen der pindus
und Sikhs getragen werden. Die glatte Seide ohne Streifen
führt den Namen Daryai, die roth und grüne Dhup chan.
Leidendamaste in ein oder zwei Farben, bisweilen gestreift
und mit Figuren auf den Streifen oder mit eingewebten
Goldfäden werden sehr viel in Bhawalpur fabrizirt und
führen die Bezeichnung Shuja khani. Die Grnamentation
des Seidendamastes ist eine verhältnißmäßig beschränkte.
Kombinationen in geraden Linien mit Diamantsormen
werden kaum überstiegen; der eingeborene Weber ist nicht
im Stande, eine Blume oder ein ähnliches Ornament,
welche die europäischen Seidendamaste so brillant machen,
zu weben. Mooltan, Tanjore, Bahawulpur, peshawur

Zeitschrift des bayer. Aunstgewerbe-Vereins München.

*89*- Heft U & \2 (Bg. 2).
 
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