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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1891

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Heft 3/4
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Krell, F.: Mittelalterliche Wohnungsausstattung und Kleidertracht in Deutschland, [2]: Vortrag, gehalten im bayer. Kunstgewerbe-Verein von F. Krell
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https://doi.org/10.11588/diglit.7907#0023

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s. Bank.

Nach eineni Bilde von Herri
(met de) Bles. (f nach (52(.)

Die Schautische stellte man, wenn man sie mit den
Anrichtetischen verband, frei in den Raum des Zimmers
hinein, sonst aber rückte man sie an die Wand. Dieselben
bauten sich in Stufenabsätzen auf, wobei man anfänglich
nur bis zur Zahl vier ging, später bis zu zwölf. lieber
diese Stufen legte man kostbare Decken.

Jetzt besaß man zum vorzeigen
schon eine gewisse Fülle an schönen
Geräthen. Da, wie wir schon be-
merkten, das Hauptschlafzimmer von
der Hausfrau als Besuchszimmer ver-
wendet wurde, so machte man das
Ehebett zu einem Schaustück. Bor-
nehme Leute verwendeten zu den
Decken, Borhängen, und dem Himmel
desselben Seide, Sammet und Gold-
stoff. Das Bettzeug erfuhr überhaupt
eine Vermehrung gegen früher,
war das Bett in der romanischen Epoche ein Gestell
gewesen, dessen vier Eckpfosten aus gedrehten hölzern oder
aus runden Bronzestäben bestanden, so wurde dasselbe jetzt
zunr gezimmerten Gehäuse. Anfänglich war der Bett-
himmel nur am Kopfende damit verbunden. Derselbe
wurde gebildet durch einen wagrecht vorspringenden am
Plafond befestigten Baldachin. Die von ihm herabfallenden
Vorhänge wurden bei Nacht geschlossen; eine im Znnern
in der Mitte hängende Lampe sorgte für die Beleuchtung.
Bei Tag wurden die Vorhänge zusammengeschoben und
ihre Enden in der Weise hinaufgenommen und zusammen-
geschlungen, daß eine Form entstand, ähnlich jener eines
hängenden Beutels. (Fig. 9.) Zn vornehmen Häusern rückte
man das Bett in die Nähe einer Zimmerecke, so daß sich ein
Gängchen bildete, die bei den Franzosen so viel genannte
raelle. — Durch die zunehmende Architektonisirung des
Akobiliars wurde in der Spätzeit der Gothik das Bett
Zu einem förmlichen Aasten mit Durchbrechungen.

Zur Vervollständigung der Auf-
zählung der Zimmereinrichtungsgegen-
stände wären auch noch besonders die
w a n d b r e t t e r zu erwähnen, sowie die
an den Wänden angenagelten Riemen.
Allerlei Geräthe, das man schnell zur
Hand haben muß, welches wir heute m
Schränken und Tischen zu verwahren für
angemessen halten, oder auch in andern
N-Ich oinem Bilde aus der Räumlichkeiten, als im Wohnzimmer,
...iin|(tbth;w ^ mm bamals mi (Olcfjtn
Brettern abgelegt, oder in jene Riemen gesteckt. Zn diesem,
an die Werkstätte erinnernden Gebrauch, ist ein für jene <-)eit

ganz charakteristischer Zug enthalten. (S. die Abbildungen
\ und

Bänkchen.

Ein-

£0 heimelig aber allmahlig steh _ meisten

richtung gestaltete, so blieb doch iinmer noch Knickt,

Wohnungen die Beleuchtungsfrage em noch

denn Glasfenster kamen in Privatwohnungen ar .^selben
nur sehr vereinzelt vor. Es ist nicht festgestcllt, .
zuerst in der originellen Form der Butzenfche! e
tauchten. Zm Uebrigen versah man die Fensteroffn

mit Vorhängen und zusammenklappbaren Fei

laden.

Daß man zu jener Zeit gegen die Zugluft empfind-
licher geworden, das ergibt sich aus dem Gebrauch von
Flügel wänden (spanischen Wänden), welche man vor
Fenster und Thüren stellte. Wan benützte dieselben auch
am Kamin zur Abhaltung der Hitze.

Was nun das Geräthe betrifft, so blieb die Bronze

9. Tisch.

Nach einem Bilde des „Meisters von
Frankfurt" (um (520).

für eine Reihe von Gegenständen im Gebrauch, fo für
Lichterständer, Hängelampen, Kronleuchter, Dreifüße, Feuer-
böcke, für einzelne Gefäße u. s. w. Aber die Kunst-
schmiedearbeit, welche mit ihren kantigen Formen der
Gothik so sehr entsprach, gewann der Bronze doch vielfach
den Rang ab. Als Stücke, die so recht zu einer Aus-
stattung damaliger Zeit gehören, sind noch die kleinen,
hölzernen, mit Leder überzogenen Kästchen zu erwähnen,
die übrigens auch schon in der Zeit des romanischen Stiles
Vorkommen.

Noch nicht so eigentlich unter die Zimmerausstattungs-
gegenstände aufgenommen finden wir die Spiegel, welche
in der Zetztzeit einen so wichtigen Antheil an derselben
nehmen, denn man bediente sich ihrer namentlich in der
Form von Hand- und Trag spiegeln, die man aus
polirtem Metall verfertigte, oder aber aus Krystall, dem
man eine metallene Unterlage gab. Bei den Gefäßen
prunkten die Reicheren mit Gold und Silber, die Wohl-
habenden mit Zinn; Glasgefäße
waren immer noch eine Seltenheit.

Solch' zerbrechliche Dinge um theures
Geld zu kaufen, das war nicht nach
den: Sinne des häuslichen Mittel-
alters. An den Gefäßen aus Edel-
metall dagegen hatte man eine
ausnehmende Freude, da man mit
ihnen prahlen konnte, und sie doch
immer ihren Nietallwerth behielten.

Mit besonderer Vorliebe beschäftigte io. Klapptisch,
man sich mit der variirung der ^4°in°mBiid°°.^°messen.

Trinkgefäße, indem man Stein, Holz, Elfenbein und
Kristalle verarbeitete, sowie auch Straußeneier und Muscheln
benützte. Die thönernen Gefäße dagegen besaßen in
Deutschland ein solch unscheinbares Aussehen, daß sie sich
unter den Schaustücken nicht blicken lassen durften.

Zn den reichen Häusern gab es außer den geschilderten
Möbelstücken auch noch Schreib-, Lese- und Betpulte,
welche den in der Kirche gebrauchten sehr ähnlich waren.
Das Mobiliar erinnerte in Gestaltung und Verzierung über-
haupt an die kirchliche Ausstattung. (Die direkte Nach-
ahmung baulicher Formen aber, diese Verirrung, gehört erst
der Zeit der Spätgothik an, welche damit ein Mobiliar
 
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