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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1891

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Heft 5/6
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Semper, Hans: Ueber Monumentalbrunnen und Fontainen, [1]: stilgeschichtlicher Ueberblick bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.7907#0034

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sonders innig war der Kult, welcher den aus schattigem
Grün hervorsprudelnden, den müden Landmann und Wan-
derer, sowie das Vieh labenden Quellen gespendet ward.*)
Das geheimnißvolle, liebliche Murmeln der Quellen, welches
den am Trunk erquickten Menschen zu süßer Rast und
Träumen iin schattigen Grün einladet, erweckte bei den
Alten die Vorstellung, daß die Auellennymphen auch
Orakel spendend seien, indem ja im stillen Sinnen oft die
besten Eingebungen kommen.**) Brunnen zu bohren oder
Quellen zu entdecken war im Alterthum eine ebenso rühm-
liche That, als es ein Frevel war, Brunnen zu ver-
unreinigen oder gar zu verschütten. Die Ortsnamen der
verschiedensten Länder, zumal auch Deutschlands, belehren
uns, daß Brunnen und Quellen gar häufig der Ausgangs-


Mosaikbrunnen tu Pompeji.

und Mittelpunkt für menschliche Niederlassungen waren,
wie es ja auch natürlich ist. Von Altersher suchten die
Menschen auch, wo es nöthig war, die natürlichen Wasser-
verhältnisse nach ihren Bedürfnissen umzugestalten, um deren
Nutzen zu vermehren, deren Gefahren abzuwenden. Alle
bisher angeführten Umstände weisen endlich mit Sicherheit
darauf hin, daß, fobald es der Mensch verstand, unbequem
gelegene Quellen zu fassen und in Brunne n in der Nähe
seiner Wohnstätte zu leiten, er dessen segenspendender Kraft,
in dankbarer Huldigung, auch ein Scherstein seines, wenn
auch kaum erwachten, schmückenden Kunsttriebes darbrachte.

*) vergleiche die reizende Ode des fforaz an die (puellen-
nymxhe Bandusia, die eitles der lieblichsten, antiken landschaftlichen
Stimmungsbilder enthält.

**) Man denke an die Brunnennymphe des Lrechtheion zu
Athen, sowie an die Nymphe Lgeria zn Rom, in deren Umarmungen
Numa Pompilius seine gesetzgeberische Weisheit fand.

Schon die alten Thaldäer und Babyl.onier
machten in der Kunst des Wasserbaues bedeutende Fort-
schritte, umgaben ihre großen Flüsse mit gewaltigen Ufer-
dämmen und lenktei: ihre Wassermassen in zahllosen Kanälen
durch ihre weiten Ebenen, dieselben zu gesegneten Gefilden
untwandelnd, während sie sonst vom glühenden Sonnen-
brand versengt worden wären. Ja, ihre auf gewaltigen
Substruktionsgewölben errichteten „hängenden Gärten"
speisten sie sogar durch Pumpwerke, welche das Wasser des
Euphrat zur obersten Terrasse emporführten, um es dann
in Kaskaden und Springbrunnen stufenweise durch die herr-
lichen Anlagen wieder abfließen zu lassen.

Die Assyrier waren auch in den Wasserkünsten
Erben der Babylonier; ein Felsbrunnen mit zwei steigen-
den Löwen in Relief, zwischen denen aus einer Bogen-
einfaffung das Wasser noch jetzt hervorquillt, in den Fels-
gebirgen von Bavian, wo sich eine königliche Villa befand,
ist ein erhaltenes Zeugniß ihrer Kunst im Wasserbau.*)

Allbekannt ist es, in wie hohen: Grad die Kunst des
Wasserbaues bei den einstigen Bewohnern Aegyptens, dieses
„Geschenkes des Nil" entwickelt war. Selbst die damm-
artig geböschten Mauern ihrer Tempel und Paläste weisen
aus einen Einfluß ihrer uralten Wasserbaukunst hin. Lines
ihrer großartigsten Wasserreservoirs, in denen sie den Ueber-
schuß an Nilwasser für die Zeiten der Dürre aufsparten,
war der von Amenenihat III. in: 3. Jahrtausend v. Ehr.
angelegte Moerissee, aus dessen altägyptischer Bezeichnung
meri (Becken) die Sage vom König Moeris entstand.

Die Wohlthaten des Wassers, denen die Aegypter fast
Alles verdankten, ließen sie selbstverständlich auch ihre::
Villen- uitd Gartenanlagen zu Theil werden, die sie mit
großen Wasserbassins wahrscheinlich und auch mit Pump-
werken und Wasserkünsten versahen.

Bei dem Bergvolk der Griechen genoß, wie schon
erwähnt, die aus deni Felsen sprudelnde Quelle, sowie das
in einer Wasserleitung gefaßte ^uellwasser besondere Ver-
ehrung, die sich sowohl im künstlerischen Schmuck der
^uellenmündungen und Brunnenhäuser, wie in der edlen
Durchbildung der zum Wasserholen bestimmten Gefäße
der Hydrien, aussprach.**) Ein jeder öffentliche Brunnen
war einer Gottheit geweiht und durch ein Schutzdach auf
Säulen gleichsan: zu einer Kapelle gestaltet, an deren Rück-
wand das Wasser aus einem Löwenkopf floß.

wahrscheinlich kannten die Griechen auch schon frei-
stehende Springbrunnen, da wir solche bei ihren Schülern
in der Kunst, den Römern, finden, welche sogar schon
alle erdenklichen Wasserkünste in höchster Entwickelung be-
saßen. Auf mächtigen Aquädukten führten sie das Wasser
aus den Gebirgen in die Städte und vertheilten es hier in
Bleiröhren in die einzelnen Wohnhäuser, wie in ihre groß-
artigen öffentlichen Bäder, die Thermen, wo dessen Hoch-
druck auch zu allerlei zierlichen Wasserkünsten verwendet
wurde. •— Solche Anlagen sind noch wohlerhalten in ein-
zelnen Häusern von Pompeji, die jedoch offenbar, ebenso
wie die ganze Stadt, nur ein verkleinertes Abbild ähnlicher
Anlagen im kaiserlichen Roin selbst darstellen.

*) Abgebildet bei Layard, Niniveh und Babylon; übers, von
Zenker; Caf. III ffig. E.

**) Siehe G. Semper, Stil; II. Ausl. ;87Z, II. p>. 5.
 
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