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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1891

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Heft 5/6
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Semper, Hans: Ueber Monumentalbrunnen und Fontainen, [1]: stilgeschichtlicher Ueberblick bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.7907#0036

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den früheren Päpsten oft mit großer Pracht aus Porphyr,
Erz und edlen Metallen hergestellt und mit wasserspeienden,
symbolischen Thieren, Löwen, pirschen, Tauben u. dgl.
geschmückt wurden.*) Besonders prächtig war der Tau-
tharus mit zwölf wasserspeienden Löwen, den Kaiser Iu-
stinian in der Vorhalle der Sophienkirche zu Aonstantinopel
stiftete. Die Hauptform dieser Reinigungsbecken war die
Kelchform, wie sie ein Mosaikgemälde in Lau Vitale
zu Ravenna und ein vonr Longobardenkönig Liutprand im
achten Iahrh. n. Thr. gestifteter Tantharus im Hof von
5. Stephano zu Bo-
lognazeigt. An diesen
Typus des Reini-
gung s b r u n n e n s,
oantllarus, imVorHof
derKirchen knüpfte iin
Mittelalter dann auch
häufig derKloster-
b r u n n e n im Kreuz-
gang an, sofern er
nicht aus einem bloßen
Schöpf- oder Zieh-
brunnen bestand.

Tin reizendes Bei-
spiel eines Kloster -
Springbrunnens ist
derjenige inr Kreuz-
gang des Domes von
Monreals (erbaut
fl 7^—39) in Sizilien.

Wie die unrgebende
Architektur, so zeigt
auch die zierliche Fon-
taine eine eigenthüm-
liche, aber harmo-
nische Verbindung
arabischer, klassischer
und normannischer
(Zickzack-Ornament)

Elemente. So einfach
der Aufbau dieser, aus
einem vertieften, vom
Achteck in's Viereck
übergehenden Bassin
emporsteigenden
Brunnensäule ist, so
graziös ist sie prosilirt
und so harmonisch
schließt sie sich der halborientalischen Architektur des Kreuz-
ganges an. Besonders originell ist die bekrönende Kugel
rnit dem Kranz von (6 hübschen nackten weiblichen Ge-
stalten, zwischen denen Löwenköpfe Wasser speien, während
die obere Hälfte der Kugel mit Akanthusblattwerk ge-
schmückt ist. (Abbildung 5. 55.)

Auch die großen, achtseitigen oder kreisförmigen
Immersionstaufbeckeu altchristlicher Zeit waren nicht
selten mit Springbrunnen vereinigt. So z. B. dasjenige,

*) Siehe Anastasius Bibliothecarius in dem Leben der jdäpste
Leo I., Anastasius II., S. lsilarius, Symmachus, S. Sixtus aus dem
5. Jahrhundert und Leo III. aus dem 8. Jahrhundert.

welches Tonstantin in der von ihm gestifteten Tauf-
kapelle zu Rom errichten ließ und das inmitten eines
silberplattirten Kupfertroges auf porphyrner Säule ein
goldenes Becken mit einer Kerze zeigte, während der Rand
mit wasserspeienden Thieren aus schwerem Gold und Silber,
sowie mit den Silberstatuetten Thristi und Johannes des
Täufers besetzt war.

An diese, dem religiösen Kult dienenden Brunnen
knüpften sich die Vorstellungen vom Brunnen des Le-
bens, welche man aus verschiedenen Stellen der hl. Schrift

schöpfte.*) Hiezu ge-
sellte sich die Vor-
stellung von den vier
paradiesesslüssen, die,
als Symbole der vier
Evangelien, aus dem
hl. Berg Horeb, auf
welchem der Heiland
oder fein Symbol
das Lamm thronte,
fließend gedacht wur-
den.**) - Die Vor-
stellung vom Lebens-
brunnen erhält sich
bis ins (5. Jahr-
hundert hinein und
liegt besonders auch
gothischen Fontainen
als Idee zu Grunde.
Klassische Darstell-
ungen dieser Idee be-
sitzen wir in zwei Ge-
mälden des Hubert u.
Johannes van Eyck,
am Genter Altar und
imGeniäldeder trium-
phirenden Kirche im
Museum ckel Prado
zu Madrid. In beiden
Fällen ist das Wasser
kaskadenartig vom
Altar des Lammes
in ein unteres Becken
fließend gedacht,
das auf dem Genter
Altar einen zierlichen
Epringbrunnen dar-
stellt. ***)

Von den in Stein ausgeführten gothischen Brunnen
sei hier nur die perle derselben, der sogenannte schöne
Brunnen am hauptmarkt zu Nürnberg, erwähnt, von
Schönhoven um die Mitte des 1^. Iahrh. ausgeführt.
Der gothischen Stilrichtung entsprechend, ist er durchaus

*) Diese Vorstellung ist besonders häufig auf ITTofaifbilbent
ausgeführt worden.

**) Offenbarung Johannis L. 22: „Und er zeigte mir einen
lauteren Strom des lebendigen Wassers, klar wie Kristall, der ging
vom Stuhle Gottes und des Lammes." Lohes Lied L. q V. ;s, wo
nach der dogmatischen Auffassung die Kirche mit einem „Brunnen
der Gärten, einem Born lebendigen Wassers" verglichen wird.

***) Abgebildet in „Der claffische Bildcrschatz" Nr. 25.


Brunnen im Löwenhof in der Alhambra.

Clichö von V. Lonsee, München. — Nach Photographie von Laurent, Madrid.
 
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