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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1891

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Heft 11/12
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Hofmann, Albert: Das Kunstgewerbe Indiens, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7907#0081

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Arm- und Halsringe, Ketten aus Muscheln, Finger- und
Fußringe aus Messing und Zink, oft mit farbigem Glas
verziert, landschaftlich zeigt jede Provinz ihre besonderen
Muster. Die Städte am mittleren Ganges halten noch
an Fassungen, wie sie an den Höfen der Fürsten zur Zeit
der Großmogule beliebt waren; für lucknow blieb eine
Spezialität die Herstellung des Diamant-Silber genannten
Schmuckes: aus Silberplatten werden Rauten geschnitten,
gestanzt und daraus Sterne gebildet, die aus der Ferne
wie Diamanten glitzern. Im ganzen hat der Handel mit
Gold und echten Steinen hier abgenommen. punjab ver-
braucht in Edelmetallen fast nur Silber, das dortige Er-
zeugniß heißt Sadakar, das ist unverziertes Metall, von
der Nichtanwendung von Edelsteinen bei der Verzierung.
Der Kreis Gudschcrat ist der Sitz der weltberühmten Kopf-
Industrie oder des Einritzens von Stahl und Ginhämmern
von Golddraht; das Ganze läßt man dann in der Hitze
blau anlaufen. Aus Radschputana ist Goldemail berühmt;
von europäischem Einflüsse zeugen die Emailbüchsen in
Form von Mangofrucht oder Medaillons, darin ein
Lompaß, damit sich der gläubige Moslim beinr Gebet
sicher in der Richtung nach Mekka stellt. Bombay richtet
sich bereits auf den europäischen Markt ein; — — die
Auswahl zeigt, wie die Hindu-Schöne nicht blos Haar,
Hals, Arm und Finger mit Schmuck bedeckt, sondern auch
die Fußknöchel, ja die Nase und Zehen." (Schlagintweit.)*)
wenig hervorragend im vergleich zu den vorange-
gangenen indischen Kunslindustrien ist die Thon- und
Glasindustrie, obgleich sie von hohem Alter ist und sich
als Hausindustrie allenthalben eingebürgert hat. Diese Indu-
strie erreicht ihren Höhepunkt in der Wiedergabe der Haus-
götter in Thon und in der Mooltan-Keramik. Aber wenn
man sonst in der indischen Kleinplastik, besonders wo sie den
vollen naturalistischen Eindruck anstrebt, nur rühmlich
sprechen kann, genügt diese Thonplastik kaum den niedrigsten
Anforderungen. Geist- und formlose Tradition sind be-
stimmend für die Gestaltung dieser Gebilde. Der Indier,
der sonst seine religiösen Gefühle nur durch kostbare Ob-
jekte angeregt wünscht, zeigt sich in Bezug auf seine Haus-
götter von einer seltenen Bedürfnißlosigkeit. Dieser verfällt
auch die Herstellung von gewöhnlichen Gebrauchsgefäßen.
Die einfachen, schlichten Urformen, wie sie die Metallotechnik
sich auch aneignete, genügen ohne jede weitere Decoralion.
Die unter englischem Einfluß entstandenen Erzeugnisse
zeigen bisweilen einen bescheidenen Schmuck von natura-
listischen Elementen. Die Kunst der Glasur, wie sie früher
bei der Herstellung von Aachein, Bautheilen für die Pracht-
bauten re. geübt wurde, ist sehr zurückgegangen. Bezeich-
nend überhaupt ist es, daß man für bessere keramische Er-
zeugnisse fremde Hilfe nimmt. Nach Albert Iacquemart
(kiistoire cle la Ceramique) wurde früher in Indien ge-
maltes und vergoldetes Porzellan gemacht, indeß scheint
dies chinesischem Einfluß seine Entstehung zu verdanken. Die
chinesischen Erzeugnisse waren in Indien wohlbekannt, die
gleichen Techniken wurden geübt und heute noch werden im
5ind Lhinesen für feinere keramische Erzeugnisse beschäftigt.

Eine besondere Technik betreibt Azimghur, es fertigt
Thongefäße von durchgehends gefälligen, zierlichen

*) t>crgl. die Abbildungen auf den Seiten so, 8\ u. 82.

Formen, welche es mit einem mattglänzenden, lackartigen
Mittel anstatt der Glasur überzieht. Auf diese mattschwarze
Oberfläche kommt ein angenehm wirkender Decor aus
Silberlinien, oft parallelschraffirungen, oft auch freiere
Ornamente. Eine eigenartige Töpferindustrie hat sich in
pattan erhalten. Eine nur geringe Anzahl vonFamilien widmet
sich der Erzeugung der Pattan-Keramik, welche einestheils in
Gefäßen, anderntheils in eigenartigen figürlichen Darstellungen
besteht. Die letzteren sind grün oder braun glasirt. Die
Wassergefäße, Hookah's rc. sind oft mit conventionellen
Blumen oder Schnörkeln in Golddruck gefchinückt. Die
höchste Stufe erreicht die indische Töpferkunst in den
keramischen Produkten von Mooltan. Die geringe Ausbil-
dung der indischen Töpferkunst ist eine Folge des Nmstan-
des, daß die Gewohnheiten und Gebräuche der Indier und
der Mohammedaner das Täpfergeräth in den seltensten

Geschwärzte Aupferflasche, ältere indische ZJlrbcit.

Mit Silber und Gold (?) tciuschirt. Höhe cca. (8 cm. Aus Bidar, Deccan. ()ndia-Abth.
des South-Kens.-ITlufeums).

Fällen und nur zu ganz untergeordneten Zwecken verwenden.
Das Metallgefäß herrscht überall im Gebrauch, während
das Metallgeräth durch ganz Indien verbreitet ist, ist die
keramische Production nur sporadisch vertheilt, am meisten
und bezeichnender weise in den Grenzdistrikten. Es ist
ein bedeutsames Zeichen, daß der Name des Glasirers
persischen Ursprungs ist: Nasbi§ar und daß Glasirer
fast nur im punjab und iin Sind und erst in den letzten
Jahren in Bombay (Stadt) und in Khurja in den Nord-
westprovinzen gefunden werden. Auch in Mooltan steht
die Keramik ganz unter persischem Einfluß. Mooltan
hatte an seinen alten Palästen und Moscheen nur blaue,
geometrische Muster als Vorbild, während das freiere
Pflanzenornament von Persien in Mooltan eingesührt ist,
freilich nicht ohne hier einen naturalistischen Tharacter an-
genommen zu haben. Es ist eigenthümlich, daß die
Glasirer Mooltans bis heute keine andere Farbe sich dienst-
bar machen konnten, als ein gebrochenes Blau, licht und
dunkel, mit einer grünlichen, türkisartigen Nuance und
 
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