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Burckhardt, Jacob; Dürr, Emil [Hrsg.]
Vorträge 1844 - 1887 — Basel, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.30685#0119
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UBER DIE KOCHKUNST DER SPATERN

GRIECHEN

7. NOVEMBER 1876.

Von allem Anfang der Bildung an hat man stets lieber gut als
schlecht gegessen und große Unterschiede gemacht. Scherz?
hafte Poeten haben sogar die Kochkunst als Mutter aller
Kultur gepriesen.

An den Höfen der ältesten Potentaten waren gewiß die Köche in
hohen Ehren, von den Pharaonen an. Zum Obersten der Bäcker und
zum Obersten der Mundschenke des Pharao wird auch der Oberste der
Köche nicht gefehlt haben.

Bei den Griechen lernt man die einfache, aber gediegene homer*
ische Küche kennen, schon bei Anlaß der zahllosen Opfer. Die Helden
selber verstehen sich auf das Bereiten der Speisen schon gut, und gut
Feuer anmachen zu können ist auch für einen Heros ein sehr wünscfu
bares Talent, das nicht jeder besitzt.

Im übrigen aber imponiert Homer durch so viele wunderbare
Eigenschaften, daß man auf seine Angaben über das Essen nur wenig
aufmerksam zu sein pflegt. Und ebenso verhält es sich dann mit der
ganzen seitherigen Griechenwelt (1); in Staat und Kultur, in Kunst und
Poesie erregt sie eine so gewaltige Teilnahme und wirkt zum Teil noch
so stark auf unser jetziges geistiges Tun und Schauen ein, daß wir auf
ihre Küchenangelegenheiten hie und da kaum eine untergeordnete antb
quarische Aufmerksamkeit zu wenden vermögen. Wohl gab es früher
im Osten und Westen Kolonien, wie zum Beispiel die sizilischen, welche
in ihrem Fett erstickten und für ihr Wohlleben bekannt waren; auch von
den Tyrannen gilt obenhin dasselbe. Allein der große mittlere Feuer*
herd des griechischen Geistes hatte andere Lebensinteressen als die des
Gaumens, und in den glänzenden griechischen Zeiten ist von diesen
Dingen wenig und nur bei besonderm, unvermeidlichem Anlaß die Rede;
sehr häufig werden Trinkgelage erwähnt und geschildert, fast nirgends
aber ist der Gerichte Meldung getan, welche man dabei genoß; denn
die Geselligkeit und nicht die Bewirtung war die Hauptsache.

Dies wird nun mit dem IV. Jahrhundert vor Christi Geburt
beträchtlich und auffallend anders; nicht nur wird eine ganze Anzahl von
Kochbüchern, in poetischer und prosaischer Form, erwähnt, wovon Reste

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