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Burckhardt, Jacob; Dürr, Emil [Hrsg.]
Vorträge 1844 - 1887 — Basel, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.30685#0411
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DEMETRIOS DER STADTEBEZWINGER

25. OKTOBER 1887.

nsere heutige Betrachtung hat zu beginnen mit einem Tages*
datum: den 11. Juni 323 vor Christi Geburt gegen Abend
starb zu Babylon im Palast Nebucadnezars Alexander der
Große, König von Macedonien und Herr von Asien bis an

den Indus. Er hatte noch eine letzte Revue seiner Macedonier abge?
nommen, indem man eine Mauer des Saales durchbrach, wo er lag; sein
letztes Wort soll gewesen sein: „Welch ein Kampf um mein Erbe!“

Noch nicht dreiunddreißigjährig, hinterließ er einen nicht ganz zu*
rechnungsfähigen Bruder und unmündige Kinder.

Daneben aber erhoben sich seine Kampfgenossen und Marschälle:
Perdikkas, Antipatros, Krateros, Lysimachos, Antigonos, Leonnatos,
Pithon, Ptolemäos und andere, unter diesen Seleukos, der erst avancierte.
Sie wurden nun Diadochen, Nachfolger Alexanders; meist vornehme
Macedonier, hätte man jeden für einen König gehalten; sie waren alle
sorgfältig von Philipp und Alexander ausgewählt worden, gewaltig, statt?
lich und kräftig; sie schienen ausgelesen nicht aus Einem Volk, sondern
aus der ganzen Welt (1). Sogleich in Gegenwart der Leiche Alexanders
teilten sie sich nach wilden Tumulten in die Statthalterschaften; über
ihnen, im Namen des Könighauses, sollte einer als Reichsverweser
walten; aber es war bereits, als hätten sie Reiche unter sich verteilt.
Der einzige, welcher bis zum letzten Atemzug das Haus Alexanders oben
halten wollte, war nur ein ehemaliger Sekretär und nicht einmal ein
Macedonier: der uneigennützige Eumenes. Einer von ihnen, Antipatros’
Sohn Kassandros, tatsächlich Erbe von Macedonien, das er anders als
durch Verbrechen nicht bekommen konnte, tat den übrigen den Ge*
fallen, allgemach fast das ganze Haus Alexanders auszurotten, so viel
davon Alexanders eigene Mutter übrig gelassen.

Einstweilen aber tobt durch mehrere Jahrzehnte jener unerhörte
Kampf um die Welt; auch auf den Erwerb von Ländern, welche Ale?
xander nicht gehabt hatte, tauchten Projekte auf, so auf den Westen und
auf Karthago (2). Es war eine desperate Zeit, da man der Sache lange
gar kein Ende absah. Mehrern wurde zugetraut, daß sie durchaus das
ganze Erbe an sich bringen wollten, zum Beispiel dem Perdikkas und dem
Antigonos. Es war eine hadernde Riesengesellschaft. Nur allmählich

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