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Burckhardt, Jacob; Dürr, Emil [Hrsg.]
Vorträge 1844 - 1887 — Basel, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.30685#0412
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bildeten sich feste einzelne Territorien, und bis Rom sich einmischte,
hörten die Grenzkriege nie ganz auf.

Die Diadochen hatten den Vorteil, daß die persische Regierung als
solche überall nur die Erinnerung von Ohnmacht und Abscheu hinter*
lassen hatte und daß für sie wenigstens kein Rächer und Retter aufstand,
auch nicht im eigentlichen Persis.

Ihre größte Schwierigkeit und Gefahr war das Ueberlaufen der
Mannschaften, besonders der eigentlichen macedonischen Heereskörper.
Eumenes, als ihn die Argyraspiden an Antigonos verrieten, hielt ihnen
in Ketten noch jene Anrede: „Möge es euch Verlornen durch die schwur?
rächenden Götter so gehen, wie ihr es euern Feldherrn macht! möget ihr
arm und heimatlos all euer Leben im Lagerexil zubringen! mögen euch
dann eure eignen Waffen morden, an welchen schon mehr Blut von
euern eigenen als von feindlichen Anführern klebt!“ Allein das Ueber?
laufen blieb, zum Schrecken selbst sehr ausgezeichneter Anführer. Bis?
weilen, wenn die Reiterei das eine will, so will das Fußvolk das Gegenteil.

Und doch sind, mitten unter Asiaten, diese Truppen öfter das ein*
zige Publikum, in dessen Gegenwart, vor dessen Front, die Diadochen
wichtige politische Entscheide, Erklärungen zu Reichserben und anderes
vornehmen müssen. Ja im Grunde entscheiden die Soldaten öfter, wer Dia*
doche sein könne.

Dazwischen geht ein beständiges Gewirr von geheimen Unterhand*
lungen und momentanen Bündnissen, mit Ueberlistungen und Vorbe?
halten aller Art, und zwischen den verschiedenen Häusern werden Ehen
geschlossen. Alexander hatte sich mit Asiatinnen vermählt; die Dias
dochen heirateten bald ausschließlich Frauen anderer Diadochen*
resp. Fürstenhäuser; es dämmerte die Anschauung der „Ebenbürtig?
keit“. Bei veränderten politischen Umständen verstieß man dann
etwa die bisherige Gemahlin. Doch war dies nicht nötig, da schon die
macedonischen Könige, besonders Philipp, förmlich in Polygamie gelebt
hatten; man behielt mehrere Gemahlinnen neben einander, vielleicht
schon, weil ja die Lage wieder umschlagen konnte. Die Verhältnisse
waren erstaunlich, bisweilen gemütlich, bisweilen entsetzlich. Unglaubs
lich bunt erwiesen sich besonders die Familienverhältnisse des Ptolemäos
Lagi und die des Lysimachos, des Thersites unter der ersten Generation
der Diadochen.

Aber auch sonst ging es in diesen rein auf Behauptung und soge?
nannte Zweckmäßigkeit gestellten Familien meist herzlos und gewalt?

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