Kallistonikos (13). Stärker als alle Bedenken sowohl wegen Banausie als
wegen fremder Herkunft der Künstler war eben jene große Grundkraft
alles griechischen Lebens, der Agon, hier als Wetteifer der Städte, ein
nicht minder vollkommenes Gebilde zu erhalten als anderswo schon vor^
handen war. Und mit dem Künstler wird auch oft der vollkommene
Stein gewandert sein, und aus pentelischem und parischem Marmor wurde
gemeißelt und selbst gebaut in Böotien, Arkadien und Phokis. Attische
Kunst und pentelischer Marmor mögen schon, wenn einiger Aufwand
möglich war, oft zusammen gegangen sein; man wird sich oft einfach
an attische Werkstätten gewandt haben, wenn die k-iycopioc ungenügend
waren oder fehlten (14).
Auch der Baumeister war schon seit der mythischen Zeit überall
zu Hause, wo man seiner bedurfte, und Trophonios und Agamedes „als
sie heranwuchsen, wurden gewaltig im Bau von Tempeln für Götter und
von Königsburgen für Menschen“ (15).
Warum aber machten die Maler eine Ausnahme von jener Miß?
achtung und galten nicht als Banausen? Das Faktum steht außer allem
Zweifel schon durch das Auftreten, welches die Berühmten unter ihnen
sich erlaubten (16). Daher es denn von den Malern Anekdoten gibt,
von den Bildhauern nicht. Zeuxis erschien zu Glympia in einem Ge-
wande, in dessen Muster sein Name mit goldenen Buchstaben eingewebt
zu lesen war. Parrhasios vollends trug sich in Purpur und Gold, mit
einem goldenen Kranz; er gab sich selber in Versen als einen Sprößling
Apolls, als den ersten griechischen Künstler, als den, welcher die
Grenzen der Kunst erreicht habe. Ferner gab es Malerbildnisse, während
die Züge eines Polyklet, Skopas und Praxiteles der Nachwelt verloren
gingen; denn Banausenstatuen durfte man doch nicht in Olympia und
anderswo aufstellen! (17) Daß Phidias sein und des Perikles Bildnis in die
Amazonenschlacht auf dem Schilde der Pallas Parthenos eingeschmuggelt
hatte (18), zog ihm bekanntlich zu der Veruntreuungsklage noch eine
Asebieklage zu. Perikles wenigstens erhielt in der folgenden Gene*
ration seine Statue von der Hand des Kresilas, wenn auch nicht durch
den Staat und nicht auf der Agora oder dem Kerameikos, sondern durch
Angehörige oder Verehrer auf der Akropolis, als Anathem. Für eine Statue
des Phidias dagegen gab es nirgends eine Stelle, und von seiner Persön?
lichkeit erfahren wir nichts, während die Maler in aller Munde waren.
Der Grund dieser höhern sozialen Stellung der Maler kann nur
in dem vermeintlich viel geringern Grade körperlicher Anstrengung und
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wegen fremder Herkunft der Künstler war eben jene große Grundkraft
alles griechischen Lebens, der Agon, hier als Wetteifer der Städte, ein
nicht minder vollkommenes Gebilde zu erhalten als anderswo schon vor^
handen war. Und mit dem Künstler wird auch oft der vollkommene
Stein gewandert sein, und aus pentelischem und parischem Marmor wurde
gemeißelt und selbst gebaut in Böotien, Arkadien und Phokis. Attische
Kunst und pentelischer Marmor mögen schon, wenn einiger Aufwand
möglich war, oft zusammen gegangen sein; man wird sich oft einfach
an attische Werkstätten gewandt haben, wenn die k-iycopioc ungenügend
waren oder fehlten (14).
Auch der Baumeister war schon seit der mythischen Zeit überall
zu Hause, wo man seiner bedurfte, und Trophonios und Agamedes „als
sie heranwuchsen, wurden gewaltig im Bau von Tempeln für Götter und
von Königsburgen für Menschen“ (15).
Warum aber machten die Maler eine Ausnahme von jener Miß?
achtung und galten nicht als Banausen? Das Faktum steht außer allem
Zweifel schon durch das Auftreten, welches die Berühmten unter ihnen
sich erlaubten (16). Daher es denn von den Malern Anekdoten gibt,
von den Bildhauern nicht. Zeuxis erschien zu Glympia in einem Ge-
wande, in dessen Muster sein Name mit goldenen Buchstaben eingewebt
zu lesen war. Parrhasios vollends trug sich in Purpur und Gold, mit
einem goldenen Kranz; er gab sich selber in Versen als einen Sprößling
Apolls, als den ersten griechischen Künstler, als den, welcher die
Grenzen der Kunst erreicht habe. Ferner gab es Malerbildnisse, während
die Züge eines Polyklet, Skopas und Praxiteles der Nachwelt verloren
gingen; denn Banausenstatuen durfte man doch nicht in Olympia und
anderswo aufstellen! (17) Daß Phidias sein und des Perikles Bildnis in die
Amazonenschlacht auf dem Schilde der Pallas Parthenos eingeschmuggelt
hatte (18), zog ihm bekanntlich zu der Veruntreuungsklage noch eine
Asebieklage zu. Perikles wenigstens erhielt in der folgenden Gene*
ration seine Statue von der Hand des Kresilas, wenn auch nicht durch
den Staat und nicht auf der Agora oder dem Kerameikos, sondern durch
Angehörige oder Verehrer auf der Akropolis, als Anathem. Für eine Statue
des Phidias dagegen gab es nirgends eine Stelle, und von seiner Persön?
lichkeit erfahren wir nichts, während die Maler in aller Munde waren.
Der Grund dieser höhern sozialen Stellung der Maler kann nur
in dem vermeintlich viel geringern Grade körperlicher Anstrengung und
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