Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
und anderm noch immer ansehnliche Bilder hervorbringen, konnten aber
die schwere Inkongruenz, welche in der Sache liegt, nicht verbergen.
Doch hat die Welt wenigstens einmal erfahren müssen, wie sich ein
Genius höchsten Ranges zu diesem Momente stellen würde, und zwar
durch das von Lionardo entworfene und vielleicht angefangene, von
B. Luini (5) ausgeführte Bild der Nationalgalerie. Wie so gerne bei
Gegenständen, welche schon durch physiognomische Gegensätze erledigt
werden können, sind es diesmal bloße Halbfiguren, und Tempel und
Accessorien haben einem bloßen dunkeln Grunde Platz gemacht;
Christus aber, in Gestalt eines jugendlichen Engels von überirdischer
Schönheit, argumentiert nicht gegen die vier anwesenden Schriftgelehrten,
sondern er spricht nach vorn zum Beschauer.

Im spätern Leben Christi sind die Gespräche mit den Pharisäern
und Schriftgelehrten bekanntlich nie ausgegangen, und zwei dieser
Momente: Die Szene der Ehebrecherin und des Zinsgroschen, sind wahr*
haft kunstüblich geworden. Allein die Malerei nahm den SchrifL
gelehrten hier schon durch ihre geringere Zahl und durch Beschränkung
auf Halbfiguren oder Kniefiguren gewissermaßen die physische Ueber?
macht und stellte ihnen einen erwachsenen Christus voll Hoheit gegen?
über, welcher überdies im vollen Lichte zu stehen pflegt, während jene
das Licht vom Rücken haben. Tizian hat den Zinsgroschen sogar auf
zwei Halbfiguren beschränkt und auf dieses Bild seinen höchsten
Christustypus verwendet. Und doch wird die noch mächtigere Wirkung
jenem Bilde Lionardos mit der jugendlichen Engelgestalt verbleiben.

Neben der Jugend Christi tritt nun Persönlichkeit und Geschichte
Johannes des Täufers groß und bedeutungsvoll in die Kunst ein, welche
dem Vorläufer viele Einzeldarstellungen, auch durch Rafael und Tizian,
und ganze Zyklen gewidmet hat, letztere durch Dom. Ghirlandajo und
A. del Sarto. Denn für diese Florentiner war der Täufer der große Schutz*
heilige ihrer Stadt. Es gibt einzelne herrliche Bilder, da Johannes seine
Zuhörer auf den in der Ferne wandelnden Christus weist, und der Jordan
rief öfter einer schönen Landschaft; in höherem Grade kunstüblich wurde
aber nur die Taufe Christi und das letzte Schicksal des Täufers. Die Taufe
hat aus der goldenen Zeit ein Wunderbild wie das des Cesare da Sesto (6)
aufzuweisen und aus dem XV. Jahrhundert dasGemälde vonVerrochio(7),
und auch bei den Spätern gehört diese Szene meist zum vorzüglichsten
und reinsten, was sie geschaffen haben; so bei Guido Reni (8), Albani (9)
und Maratta (Chor von S. Maria degli Angeli zu Rom). Guido verlieh

289

19
 
Annotationen