Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nun wird die Herkunft der Phäaken hübsch aus der geographischen
Traumwelt berichtet. Einst wohnten sie im weitflurigen Oberland, nahe
bei den übermütigen Cyklopen, welche sie ausraubten und die stärkern
waren.

Sie sind Ausgewanderte, wie so mancher griechische Stamm; sie
haben eine noch sehr nahe Erinnerung an ihre neue Gründung; erst der
Vater des Alkinoos, Nausithoos, hat sie nach Scheria geführt, um die
Stadt eine Mauer gezogen, Häuser und Tempel gebaut und die Fluren
verteilt, wie ein rechter Stadtgründer zu tun hat.

Die Szene beginnt mit dem Morgentraum der den Unsterblichen
ähnlichen Königstochter Nausikaa, neben welcher zwei den Chariten
ähnliche Dienerinnen schlafen. Athene erscheint ihr als eine ihrer ver#
trauten Gespielinnen: Sie sei lässig, raunt sie ihr zu, und solle zu ihrer
bevorstehenden Vermählung für sich und für die Leute des Brautgeleites
die Gewande rüsten; denn die Edelsten im Volk werben um sie, die
edle; also auf mit dem Frührot! Sie will Nausikaa begleiten; Alkinoos
soll um Wagen und Maultiere gebeten werden. Eigentümlich und festlich
ist der Ton, welchen Homer hier anschlägt. Während Athene zum Olymp
eilt, wird in heiterer rascher Weise geschildert, wie Nausikaa erwacht und
den Vater um das Gespann bittet; statt ihrer bevorstehenden Verlobung
gibt sie Scheingründe an: unter andern, daß die Brüder zum Reigentanz
stets neugewaschene Gewänder begehren, eine kleine, niedliche Schlau?
heit, die das Gedicht sehr ziert. Dann wird ihr Wagen aufs Vollständigste
versehen und Nausikaa selber ergreift Geißel und Zügel.

Treibend schwang sie die Geißel und laut nun trabten die Mäuler,

Strengten sich ohne Verzug und trugen die Wäsch’ und sie selber;

Nicht sie allein; es gingen zugleich auch dienende Jungfraun.

Am Fluß angelangt, spannt man die Maultiere los und läßt sie eim
fach auf die Weide laufen. Dann tragen Nausikaa und die Dienerinnen
die Gewänder in die Waschbehälter und stampfen, wie eine Art von
Tanz, ohne Bücken, sie schnell um die Wette und lassen sie — Homer
macht hier sehr schnell fertig — auf dem reinen Kies trocknen. Dann baden
sie und salben sich. Kein Wort verliert Homer, wie sie sich dabei aus*
nahmen; dann essen sie und unverschleiert spielen sie Ball; sie sind
’ja nicht überanstrengt; Nausikaa aber singt dazu. Sie ragt unter den
Dienerinnen hervor wie Artemis unter den Nymphen, ein prachtvoll
durchgeführtes Bild.

119
 
Annotationen