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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 12.1911

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Nr. 1
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Mielke, Robert: Die Plassenburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.31849#0013

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Die Weiße Frau.
Der Urtypus der Weißen Frau findet sich vermutlich in unserer mythologischen Vor-
geschichte, wo wizzan — strafen heißt, von dem wizzago — Wahrsager abgeleitet isU). Eine
Erinnerung an diesen Voraussager schließt noch das altbayerische „es woaßt, es weißt" ein?).
Da indessen weiß auch früher als Trauersarbe galt und eine „Weiße Frau" nichts anderes
als eine nitto -n^^von — Witwe ist?), so ist die Weiße Frau an sich in doppelter Weise erklärt.
Es finden sich eben mythologische und kulturgeschichtliche Erinnerungen zusammen, um als
unverstandene Nachklänge spukhafte Wesen zu erzeugen. Auch für die Weiße Frau der Hohen-
zollern würde dadurch eine ganz einwandfreie mythologische Formel gefunden sein, wenn
sie nicht mit Zähigkeit an der Plassenburg hängen würde und eine ganze Reihe von mehr oder
minder historisch beglaubigten Auslegungen gefunden hätte. Zwar ist das erste geschichtlich
feststellbare Erscheinen des Geistes nicht auf der Plassenburg, sondern in Bayreuth erfolgt,
wo nach dem Tode Albrecht Achills (1486) aus besonderen Gründen das Gerücht von seinem
Erscheinen verbreitet wurdet, aber alle Ausleger knüpfen an die Geschichte der Plassenburg
an. Hier erschien sie 1540, um — wie in Bayreuth und später in Berlin — von Zeit zu Zeit
wiederzukommen, was in den meisten Fällen aber als ein offenbarer Betrug entlarvt wurde.
So weit läßt sich der Hergang ganz gut zurückverfolgen; nur die beharrliche Ausdauer, mit
der die Sage immer wieder versuchte, geschichtlich beglaubigte Personen in ihren Kreis zu
ziehen und geschichtliche Unmöglichkeiten auszugleichen, bedarf noch einer Erklärung. Im
Vordergrund steht hier die Sage von dem orlamündischen Kindermord.
Burggraf Albrecht II., der Schöne, soll bekanntlich nach der Sage ein Liebesverhältnis
mit der hinterlassenen Witwe eines Orlamünders gehabt, aber angeblich erklärt haben, daß
einer Ehe zwei Paar Augen im Wege ständen. Gemeint sollen die Eltern Albrechts gewesen
sein, Kunigunde aber ihre beiden Kinder darunter verstanden und sie durch Stiche in das
Gehirn getötet haben. Das Verbrechen wäre aber ruchbar geworden; nach einer Lesart sollte
die unnatürliche Mutter zu Fuß nach Nom gepilgert sein, um dort Verzeihung für ihr fürchter-
liches Verbrechen zu finden. Nach einer anderen Version wäre sie zur Buße aus ihren Knien
zu dem 15 Irm entfernten, von Otto II. von Orlamünde gegründeten Kloster Himmelkron
gerutscht; nach einer dritten hätte sie gar Albrecht in Hof eingekerkert. Die Sage springt ganz
willkürlich mit der Geschichte um, indem sie eine Meranerin als die Verbrecherin bezeichnet.
Die einzige, die den Umständen nach in Frage kommen kann, ist Beatrix, welche den Orla-
mündern die Plassenburg zubrachte. Sie scheidet jedoch aus, da sie schon um 1500
gestorben ist und Albrecht erst 1504 geboren wurde. Spätere Geschichtsschreiber?) schieben
eine Burggräsin Agnes und eine völlig erdichtete Karintha ein oder nennen die Gattin Ottos IV.,
Kunigunde, die schließlich als die alleinige Sünderin bestehen bleibt. Die Unwahrscheinlichkeit
geht daraus hervor, daß Kunigunde erst 1541 Witwe geworden ist und Albrecht bald darauf
als Gatte einer Gräfin von Henneberg genannt wird. Der erste, der die Sage in Umlauf
setzte, war der Dichter Bruschius, ein unterrichteter, wenig vertrauenerweckender Vielschreiber,
der in seiner LNronoIoAia, Nonastoriorum Oormarnao prasoipuorum (1552) von zwei nu-

tz Globus 1901, S. 2IZ.
tz Schmeller: Bayerisches Wörterbuch.
tz So findet sich der Ausdruck bei Schütze: Dritte Schutzschrift für die alten Deutschen, I7SZ, S. auch „Bär",
V, S. 83.
tz v. Minutoli: Das Plassenburger Archiv als Quelle für die Hohenzollerisch-Brandenburgische Geschichte,
tz Hoen: Geschichtsuntersuchung des sächsischen Wappens, 1680. Falkenstein: Nordgauische Altertümer, 1733,
und derselbe in ymnulsotis Korü^ruvisnsikus, 3. Nachlese, 1738.
 
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