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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 12.1911

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Nr. 7
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Pudor, Heinrich: Die Ringmauer von Visby auf Gotland
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Gerstenberg, Kurt: Die Schelenburg, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.31849#0142

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aus die Mauer, die uns heute mehr wie ein Traum, als wie Wirklichkeit anmutet und einem
Riesenspielzeug ähnelt, hat man, wenn man vom Hasen aus nach Norden am Strande geht, wo
man links die See, rechts die Ringmauer aus der Zeit der Hansablüte vor sich hat, dann die An-
höhe hinansteigt und nun ein langes Stück der Mauer mit vielen Türmen auf einmal, schräg
nach unten führend, überblicken kann. Denselben Weg muß man aber auch innerhalb der Mauer
machen, hier führt er durch den kleinen botanischen Garten mit der schönen St.-Olofs-Ruine und
dem modernen großstädtischen Pavillon-Restaurant, dann eine schöne Allee entlang zum
Nordturm. Vielfach ist übrigens die Mauer so gebaut, daß sie nach unten breiter wird,
dafür aber an der Innenseite unten in Spitzbogenblenden, die bis in die Erde hinab gehen,
sich wieder verjüngt.
Auf die ganze Stadt hat man den schönsten Blick von derSeeseite aus, und zwar am Abend,
wenn der Widerschein der Sonne auf den Ruinen und Ziegeldächern brennt und glüht, das
Ganze umschlossen von der hohen, turmgekrönten Ringmauer; dann scheint eine befestigte
Stadt aus dem Mittelalter plötzlich aus der See aufzusteigen, wie ein Traumbild, wie eine
Fata morgana, und wirklich erzählt ja die Gutasage (ein Anhang des um 1200 verfaßten Gesetz-
buches „Gutalagen"), die Gotland-Insel sei nachts aus dem Meere ausgestiegen und tagsüber
wieder versunken, bis ein Mann namens Tjelvar, der erste Ansiedler der Insel, ein heiliges
Feuer aus ihr angezündet habe.
Man hat Visby auch mit Karthago verglichen und man hat es das nordische Pompeji
genannt. Was Schönheit betrisst, nicht nur archäologisches Interesse, übertrisst es indessen
Pompeji. Und uns Deutschen sollte es besonders nahe stehen, weil zur Zeit seiner Blüte, als es
ein reiches und mächtiges Mitglied der Hansa war, die Deutschen dort so zahlreich waren, daß
weit mehr als die Hälfte aller Ratsherren Deutsche waren. Damals vermittelte Visby den
Handel zwischen Nordeuropa und Rußland bis zum Orient, es prägte von 1300 ab eigene
Münzen „Visby Brackteater" und „Gutniska Penninger" und gab sich eigene Gesetze. Sein
Stadtrecht „Stadslag" war aus gutnisch und niederdeutsch geschrieben. Zn seinem Seerecht
(waterrecht, dat de Kooplüde en de Schippers gemaket hebben to Wisby") sind die Statuten
von Lübeck, Antwerpen und Amsterdam ausgezogen.
Die Schelenburg.
Von Kurt Gerstenberg.
(Schluß.)
Der verschwundene gotische Wohnbau.
ir verlassen das Gebiet der formalen Betrachtung zu einem rein historischen Inter-
mezzo. Aus der Familiengeschichte der Freiherrn von Schele*) ist über das Alter
des gotischen Turmes nichts zu entnehmen als das Faktum, daß er schon bestand,
ehe sich ihr Name damit verknüpfte. Denn erst 1396 gelangte das Geschlecht in
den Besitz der Burg.
Rrsprünglich saßen die Schele aus der Burg Rahden und schlugen sich im Bunde mit dem
Grafen von Tecklenburg mit geistlichen Herren herum. In diesen Fehden erwies sich der
*) E. D. Frhr. v. Schele, Gesch. d. Familie v. Scheie zu Schelenburg. IMS.
 
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