130
Der alte Siederstanz in Schw. Hall.
Von Prof. Dr. G. Fehleisen.
m Leben der früheren Reichsstadt Schw. Hall bildete den Höhepunkt das
regelmäßig am Feiertag Peter und Paul stattsindende Siederssest, für das die
Vorbereitungen schon am Pfingstmontag begannen, das Glanzstück beim Fest
war die Ausführung des Siederstanzes. Es ist für den Historiker interessant,
der Entstehung dieses Brauches nachzusorschen. Der verstorbene Austizrat Hänle in
Ansbach hat es in einer sehr dankenswerten Abhandlung in den Württ. Vierteljahrsheften
1888 I, S. 62 ff. getan. Als sicher darf gelten, daß das Fest und der Tanz in eine ver-
hältnismäßig frühe Zeit, vielleicht bis in das 14. Jahrhundert zurückgehen. Eine Bemerkung
in einer Chronik zu dem großen Brand, der im Jahr 1376 Hall heimsuchte, besagt: „Wegen
dieser großen Brunstund daß die Salzsieder das äußerste in derRettung der Dorsmühlen getan,
Leib und Leben dabei gewagt, muß ihnen alle Jahr auf den heiligen Pfingstmontag der Dors-
müller einen großen Mühlkuchen neben Wecken und Schisslein backen und liefern." Die land-
läufige Erzählung ist, daß als am Feiertag Peter und Paul die Sieder aus dem Unterwöhrd
versammelt waren, in der gegenüberliegenden Dorsmühle ein Hahn mit Zetergeschrei zum
Dachboden hinausgeslogen sei, aus dem Feuer herausgeschlagen habe. Die Sieder haben
alsbald den Brand gelöscht, und das sei der Anlaß zur Stiftung des Siedersfestes gewesen, bei
dem ihnen alljährlich ein großer Kuchen verabreicht wurde. Nach der Oberamtsbeschreibung
Hall wäre die dieser Festlichkeit zugrunde liegende Idee die Feier des Segens, den die Salz-
quelle über Hall verbreitet, und der große Siederskuchen das Symbol des Wohlstands, der da-
von ausgeht. Hänle ist der Ansicht, daß das Fest nach und nach auf historischem Boden ent-
standen sei, ein Spiegelbild des ganzen Wesens der Siederschast, ihres Schaffens, ihrer Fest-
tagsfreuden und ihres Wirkens zu „Glimpf und Schimpf". Die Verordnungen über die Einzel-
heiten des Festes, über die Spende des Siederskuchens und die Aufführung des Siederstanzes
wurden 1764 und 1785 revidiert. Wir teilen das Wichtigste aus dieser Festordnung mit. Am
Pfingstmontag mußten sämtliche Kuchenholer rot gekleidet mit Degen und Degenbehang
auf dem Anterwöhrd erscheinen, um ihre Instruktion entgegenzunehmen. Zwischen Pfingsten
und dem Feiertag Peter und Paul mußten die ledigen Mitglieder der Siederskompagnie an
3 Sonntagen in Ordnung in die Kirche gehen, die beiden erstenmale rot, das lehtemal schwarz
in Mänteln, bei Strafe von 2 Maß Wein. Dies galt für den Fall, daß ein sogenannter „ganzer
Siederhos" zusammen kam, bestehend aus mehr als 18 „Hofburschen und Hofjungsern"; waren
es weniger Paare, so war der Kirchgang aus 2 Sonntage beschränkt. In der alten Dorsmühle
wurde beim Fest zuerst der blumenbekränzte große Siederskuchen beschaut. Bei dieser Feierlich-
keit war das „Duzen" bei Strafe von 2 Maß Wein verboten. Die vorgeschriebene Kleidung
war für die Hofburschen roter Kittel, schwarze Hosen, grüne Strümpfe und Degen, für die
Hofjungsern scharlachroter Rock, weiße Schürze, ein mit silberner Kette gezierter Vorstecker,
schwarze Stirnbinde mit Zitternadel. Nach Abholen des 10O Pfund schweren Kuchens zur
Verbringung in das „Kuchenhaus" zog der Siedershof paarweise mit Trommeln und Pfeifen
zum „Neuhaus", dem Sitz des sogenannten Haalgerichts, wo feierliche Ansprachen gehalten
und Gesundheiten ausgebracht wurden. Dann wurde der Kuchen in das Kuchenhaus gebracht.
Mittags ging es in festlichem Zug auf den Unterwöhrd, wo der Siederstanz abgehalten wurde.
Die Festordnung besagt über die Eröffnung des Tanzes: „Den gewöhnlichen Tanz haben die
Kuchenholer mit ihren Hofjungsern zu eröffnen, nachgehends ist ihnen gar gerne erlaubt, auch
Der alte Siederstanz in Schw. Hall.
Von Prof. Dr. G. Fehleisen.
m Leben der früheren Reichsstadt Schw. Hall bildete den Höhepunkt das
regelmäßig am Feiertag Peter und Paul stattsindende Siederssest, für das die
Vorbereitungen schon am Pfingstmontag begannen, das Glanzstück beim Fest
war die Ausführung des Siederstanzes. Es ist für den Historiker interessant,
der Entstehung dieses Brauches nachzusorschen. Der verstorbene Austizrat Hänle in
Ansbach hat es in einer sehr dankenswerten Abhandlung in den Württ. Vierteljahrsheften
1888 I, S. 62 ff. getan. Als sicher darf gelten, daß das Fest und der Tanz in eine ver-
hältnismäßig frühe Zeit, vielleicht bis in das 14. Jahrhundert zurückgehen. Eine Bemerkung
in einer Chronik zu dem großen Brand, der im Jahr 1376 Hall heimsuchte, besagt: „Wegen
dieser großen Brunstund daß die Salzsieder das äußerste in derRettung der Dorsmühlen getan,
Leib und Leben dabei gewagt, muß ihnen alle Jahr auf den heiligen Pfingstmontag der Dors-
müller einen großen Mühlkuchen neben Wecken und Schisslein backen und liefern." Die land-
läufige Erzählung ist, daß als am Feiertag Peter und Paul die Sieder aus dem Unterwöhrd
versammelt waren, in der gegenüberliegenden Dorsmühle ein Hahn mit Zetergeschrei zum
Dachboden hinausgeslogen sei, aus dem Feuer herausgeschlagen habe. Die Sieder haben
alsbald den Brand gelöscht, und das sei der Anlaß zur Stiftung des Siedersfestes gewesen, bei
dem ihnen alljährlich ein großer Kuchen verabreicht wurde. Nach der Oberamtsbeschreibung
Hall wäre die dieser Festlichkeit zugrunde liegende Idee die Feier des Segens, den die Salz-
quelle über Hall verbreitet, und der große Siederskuchen das Symbol des Wohlstands, der da-
von ausgeht. Hänle ist der Ansicht, daß das Fest nach und nach auf historischem Boden ent-
standen sei, ein Spiegelbild des ganzen Wesens der Siederschast, ihres Schaffens, ihrer Fest-
tagsfreuden und ihres Wirkens zu „Glimpf und Schimpf". Die Verordnungen über die Einzel-
heiten des Festes, über die Spende des Siederskuchens und die Aufführung des Siederstanzes
wurden 1764 und 1785 revidiert. Wir teilen das Wichtigste aus dieser Festordnung mit. Am
Pfingstmontag mußten sämtliche Kuchenholer rot gekleidet mit Degen und Degenbehang
auf dem Anterwöhrd erscheinen, um ihre Instruktion entgegenzunehmen. Zwischen Pfingsten
und dem Feiertag Peter und Paul mußten die ledigen Mitglieder der Siederskompagnie an
3 Sonntagen in Ordnung in die Kirche gehen, die beiden erstenmale rot, das lehtemal schwarz
in Mänteln, bei Strafe von 2 Maß Wein. Dies galt für den Fall, daß ein sogenannter „ganzer
Siederhos" zusammen kam, bestehend aus mehr als 18 „Hofburschen und Hofjungsern"; waren
es weniger Paare, so war der Kirchgang aus 2 Sonntage beschränkt. In der alten Dorsmühle
wurde beim Fest zuerst der blumenbekränzte große Siederskuchen beschaut. Bei dieser Feierlich-
keit war das „Duzen" bei Strafe von 2 Maß Wein verboten. Die vorgeschriebene Kleidung
war für die Hofburschen roter Kittel, schwarze Hosen, grüne Strümpfe und Degen, für die
Hofjungsern scharlachroter Rock, weiße Schürze, ein mit silberner Kette gezierter Vorstecker,
schwarze Stirnbinde mit Zitternadel. Nach Abholen des 10O Pfund schweren Kuchens zur
Verbringung in das „Kuchenhaus" zog der Siedershof paarweise mit Trommeln und Pfeifen
zum „Neuhaus", dem Sitz des sogenannten Haalgerichts, wo feierliche Ansprachen gehalten
und Gesundheiten ausgebracht wurden. Dann wurde der Kuchen in das Kuchenhaus gebracht.
Mittags ging es in festlichem Zug auf den Unterwöhrd, wo der Siederstanz abgehalten wurde.
Die Festordnung besagt über die Eröffnung des Tanzes: „Den gewöhnlichen Tanz haben die
Kuchenholer mit ihren Hofjungsern zu eröffnen, nachgehends ist ihnen gar gerne erlaubt, auch