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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 12.1911

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Nr. 5
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Gerstenberg, Kurt: Die Schelenburg, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.31849#0112

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»

schoß, ehe die Treppe im Renaissancebau bestand? Man darf bei der allseitig gleich
gewaltigen Mauerstärke*) nicht annehmen, daß sich von vornherein ein Bau seitlich anlehnte.
Der Turm macht durchaus den Eindruck eines für sich geschlossenen Ganzen.
Man gelangt zu der Einsicht, daß hier eine Turmsorm vorliegt nach Art der Bergfriede
mit hochgelegenem Eingang, zu dem man auf Leitern gelangte, die nachgezogen wurden, um
den Feinden den Eintritt zu verwehren. Der Eingang zum ersten Stock des Turmes dürfte
noch der ursprüngliche sein. Eine feste eisenbeschlagene Tür wird den Eingang gesichert haben.
Noch heute läßt sich die Tür durch einen Querbalken verrammeln, der in die Mauer zurück-

geschoben wird.
Bei den Ver-
änderungen, die an
Innenwänden und
Decken oberhalb des
ersten Geschosses im
Laufe der Jahrhun-
derte vorgingen,
kann über die wei-
tere ursprüngliche
Verbindung der Ge-
schosse nichts mit
Sicherheit gesagt
werden. Andenkbar
wäre es nicht, daß
schmale Treppen in
der Mauerstürke
hochsührten, die
später vermauert
wurden**).
Als Wohnbau
kann der Turm bei
seiner schweren Zu-
gänglichkeit, bei der
geschlossenen Hal-
tung der Mauern,
wenig in Betracht
kommen. Er mag


Abb. VI. Schelenburg. Grundriß des ersten Stockwerks.


Add. S2. Schelenburg. Grundriß des zweiten Stockwerks.

noch erhaltenen niederländischen Burgen dürften nicht viel sprechende
gemacht werden können. Allein das Interesse, das der niederländische Adel schon
17. Jahrhundert an seinen Stammsitzen nahm, hat Abbildungswerke entstehen lassen, die ein

wohl als Versamm-
lungsort gedient
haben, sein eigent-
licher Zweck aber
war Wehrbau im
reinsten Sinne des
Wortes zu sein. Es
muß sich daher in
der Nähe des Tur-
mes zuerst eine
Siedelung befunden
haben, die man in
Zeiten der Gefahr
preisgab, um hinter
den starken Mauern
des Turmes Schutz
zu suchen.
Diese Art der
Burganlage, einen
isolierten Wehrturm
zu errichten, ist nicht
gang und gäbe in
Nordwestdeutsch-
land. Vielmehr ist
dieGrundform zwei-
fellos niederländi-
scher Provenienz.
Anter den heute
Analogien namhaft
im

*) Nach oben verjüngen sich die Mauern etwas. Vergl. die Maßangaben der Grundrisse.
**) Daß in den Ecken des Turms Wendeltreppen in der Mauerstärke waren, ist allerdings kaum anzunehmcn.
Hierzu hätte der Turm eines größeren plastischen Reichtums an vortretenden Mauergliedern bedurft, wie ihn die
französischen Burgen aufweisen. Bei diesen konnte die Schwächung der Mauern durch das zylindrische Aushöhlen
durch vorgelegte lisenenartige Strebepfeiler wieder überwunden werden. Vergl. etwa die Abbildung des Donjons
von Chauvigny: VivUet-Is-Ouo, i^roiiitsoturs ruilitairs au ino^sn Lgs. p. 8S.
 
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