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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 12.1911

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Nr. 6
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Fehleisen, Georg: Der alte Siederstanz in Schw. Hall
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https://doi.org/10.11588/diglit.31849#0137

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andere Frauen und Zungsrauen außer dem Kreis zu holen und zum Tanz aufzuziehen, es soll
sich aber keiner dabei gelüsten lassen, ohne Degen hinaus aus dem Kreis zu gehen. Auch soll
keiner, wenn er einer Frau oder Jungfrau außer dem Kreis einen Tanz offeriert, ohne die er-
heblichsten Ursachen eine abschlägige Antwort annehmen und sich damit abspeisen lassen, alles
bei Straf von 4 Maß Wein." Die Jungfernrede, die Einladung zum Tanz enthaltend, die
jedesmal von den 2 Ältesten gesprochen wurde, lautete: „Dieweil wir nun wiederum durch
Gottes Gnade die fröhliche Zeit erlebt haben, da es einem hochedelgeborenen und hochweisen
Magistrat hiesiger Stadt abermals gnädigst gefallen, uns ledigen Siederssöhnen die sogenannten
Siederskuchen auf den Gedächtnistag der heiligen Apostel Petri und Pauli wiederum groß-
günstig zu vergönnen, so konnten wir nicht unterlassen, den Herrn Vater, die Frau Mutter und


Abb. 7S. Der „Siederhof" von Schwül'. Hall.

die Jungfer Tochter zu bitten, mit ihr einen fröhlichen Tanz zu tun, und daß wir mit ihr,
was uns der gütige Gott in Küche und Keller bescheret, in aller Ehrbarkeit helfen zu verzehren,
und so wir ihnen anderwärts etwas dienen können, es mag sein, wann es will, früh oder spät,
bei Tag oder bei Nacht, bei Wasser- oder Feuersgefahr, wofür aber der gütige Gott Stadt und
Land in Gnaden bewahren wolle, wir jederzeit willig und bereit seien. Hierauf erwarten wir
eine fröhliche Antwort." Über den Tanz selbst lassen wir den bekannten Germanisten Gräter
(geb. 1768 in Hall, 1804—11 Rektor des Gymnasiums dort) reden. Er sagt: „Mitten aus dem
ünterwöhrd sitzen die Musikanten (ebenfalls Salzsieder) unter einer der größten Linden auf
ein paar großen umgestürzten Gölten oder Kufen. Ihre Instrumente sind die Trommel und
die gemeine Querpfeife. Rund um die Musikanten wird ein ovaler Kreis gezogen, in welchem
man tanzt. Der Tanzende nimmt die Hofjungser nur züchtig beim kleinen Finger und kommt
ihr während dein ganzen Tanz niemals näher. Der Text zu der Musik ist allgemein bekannt,
es sind nur 2 Verse, die mit der wiederkehrenden Musik immer wiederholt werden, weil sie
die Tanzschritte bestimmen. Mit dem Daktyle im ersten Vers wirbelt die Trommel und so auch
am Ende oder beim Wiederanfang. Bis aus den Wirbel machen die Tanzenden just 3 große
 
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