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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 12.1911

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Nr. 7
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Gerstenberg, Kurt: Die Schelenburg, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.31849#0150

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nach dem Brande eingesetzt wurden, kann die sormgleiche Eingangstür zum Wendeltreppen-
turm unmöglich ein höheres Alter haben. Als weiteren Beweis in der Treppenfrage kann man
die Steinmetzzeichen hinzunehmen. Wenn sich für die Fenster des neuen Baus und die Tür
nach dem Turm hinüber aus dem Formcharakter die gleichzeitige Entstehung ergibt, so müssen
auch die Steinmetzzeichen, die an der Eingangstür im Hos und an der Tür im ersten Stock nach
dem Turm zu wie an dem Treppenturm eingemeißelt sind, zur selben Feit entstanden sein.
Das Vorkommen der Steinmetzzeichen am Treppenturm und dem oberen Teil der Treppe
überhaupt ist demnach beweiskräftig für deren Bau nach dem Brande 1490.
Allein warum in aller Welt baute man den Treppenturm auf hohem Podest in dieser
geschlossenen Form? Warum die geschlossene Schale mit den geringen Öffnungen? Der
Grund kann kein anderer sein, als daß zuerst die Absicht bestand, die Hälfte dieses Sechsecks
wieder frei herauszustellen aus dem Gebäude wie bei dem gotischen Wohnbau. Daher suchte man

erst neue Räume zu
gewinnen durch den
vorspringenden Er-
ker, von dessen be-
sonderer Pilotierung
ja schon die Rede
war^).
Man muß sich
aber schon bald ent-
schlossen haben, auch
hier den Giebel der
Hauptfront zu wie-
derholen. Aus der
Hofseite wurde die
Mauerfläche außer-
halb des Giebels
stark mit Öffnungen
durchsetzt: vier Fen-


Abb. 88. Schelenburg, Steinmetzzeichen. Obere Reihe
an der Wendeltreppe. Untere Reihe an der Eingangstür
im Hof und an der Tür zum Turm im ersten Stockwerk.

ster paarweise über-
einander gruppiert,
das ist der große
Lichtquell, der nötig
wird, den Treppen-
laus der Wendel-
treppe im geschlosse-
nen Gehäuse zu er-
hellen. Über der
Tür unter diesen
Fenstern sind die
Namen des Schloß-
herrn und seiner
Gemahlin, die den
Bau vollendeten,
eingemeißelt:
Sweder Schele,
Anna van Welvelde.

Seitlich etwas höher ein schräggestellter Wappenschild mit Helmzier, bezeichnet: de Schelen.
Neben den Fenstern sind weitere gemeißelte Wappentafeln eingesetzt, die in halbrund
geschlossener Einrahmung je ein schräg stehendes Wappen enthalten. Es sind die Wappen der
Anna van Welvelde und ihrer Mutter von Rutenberg. Auch das Wappen der Mutter des Er-
bauers, der Gertrud von Knehem, die das Brandunglück herbeigeführt hatte, fehlt nicht.
Schon Heydenreich Schele, ihr Gemahl, der 1500 starb, hatte den Bau begonnen. So
ist die nächste Verwandtschaft des Bauherrn, die die Vollendung mit erlebte, hier überliefert.

Noch interessanter aber ist, daß man neben den Bauherrn und seiner Sippe auch dem Bau-
meister ein Plätzchen gönnte: Dicht unter dem Dachansatz verzeichnet eine schmale Tafel die
Jahreszahl 1532, die nach dem Vorangehenden als das Datum der Bauvollendung betrachtet
werden muß, und daneben aus einem Wappenschild Anfangsbuchstaben und Meisterzeichen des
unbekannten Architekten. Man scheint empfunden zu haben, daß hier etwas Bedeutsames vor
sich ging, und das Bedürfnis knüpfte sich daran, den eigenen Namen damit zu verbinden.

*) Dis schwächere Art der Pfählung hat sich nicht als sehr dauerhaft erwiesen. Der jetzige Besitzer mutzte IS04
den Erker neu sundamentieren lassen, weil er sich wesentlich gesenkt hatte.
 
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