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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 15.1914

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Nr. 1
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Wendlandt, Wilhelm: Die Wilhelmsburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.32140#0018
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kunstvollen Intarsien nebst den Anitialen (Wilhelm Landgraf zu Hessen) trägt. Wagner be-

richtet außerdem von einer Fahreszahl 1690, die im fürstlichen Speisesaal stehe, aus der hervorgehe, datz
damals sogar der Annenausbau des Schlosses vollendet gewesen sein mutz. Dieselbe Aahreszahl be-
findet sich in der Forstmeister-Wohnung, in der Amrahmung einer Tür im „Württembergischen Geinach"
(Nordflügel) steht die Aahreszahl 1686, in der Mitte des Gewölbes der Schloßkirche 1688.

An der Grundsteinlegung mußten sämtliche Knaben der Stadt teilnehmen. Drei von ihnen, mit
Namen Vincenz und Hans Marolt und Stephan Kirchner, mutzten je drei Hammerschläge auf den Stein
tun, wofür sie je einen hessischen Groschen und einen Trunk roten und weitzen Weines erhielten, während
sie der Landgraf — zur besseren Erinnerung an den grotzen Augenblick — „eigenhündig bei den Haaren
raufte". Der Landgraf war mehrfach persönlich zur Besichtigung des Fortganges des Baues anwesend,
am 29. Auni 1686 in Begleitung seines Sohnes Moritz und des Herzogs Adolf von Holstein. Die Zimmer-
leute begannen mit dem „jnngebau", mit der Annenarchitektur. Der Bildhauer war seit Mitte Auli „in

seiner Hütte" tätig.
Er wurde beauftragt,
„die vier portal"nach
der Zeichnung des
Baumeisters zu fer-
tigen (Abb. 6). Er-
halten ist der Wort-
laut des Vertrages
mit dem Bildhauer
Wilhelm Vernu -
ken, einem Nieder-
länder, über die aus-
zuführenden Bild-
hauerarbeiten in der
Schlotzkapelle, die,
wie wir bereits ge-
sehen haben, zu den
wertvollsten und den
grundlegendsten
Denkmälern der Re-
naissance gehört. Be-

merkenswert ist in diesem Vertrag, daß Vernuken für den Predigtstuhl und den Altar eine besondere
Bezahlung erhalten sollte. Desgleichen ist der Vertrag von 1686 mit dem Orgelbauer Daniel Mayer
zu Göttingen über die Anfertigung der Orgeh die, wie noch näher auszuführen ist, Architekturen und
Malereien von erster Künstlerhand aufweist, im Wortlaut auf uns gekommen.

Es darf durch die Forschung Dr. Gerlands als nachgewiesen angesehen werden, datz zum Bau -
leiLer der Hofschreiner undBaumeister „C h r i st o p h Mülle r" und dessenSohn „HansMülle r"
eingesetzt worden sind. Lehterer hat nach den „B a u b e r i ch t e n" die vier Portale dem Bildhauer
„gewizen". Müller hat sich an niederländische Muster gehalten. Die Portale der kurfürstlichen Residenz
in Trier sollen Verwandtes und gleiche Steinmehzeichen aufweisen. Als eigentlicher Baumeister galt
im Volke der Landgraf Wilhelm selbsch der, wie Fürsten oftmals, den Grundritz und die Ausstattung in der
Tat selbst angegeben haben dürfte, wobei er sich, angeregt durch seine Gemahlin Sabine, die Tochter des
Herzogs Ehristoph zu Württemberg, des Erbauers des „Alten Schlosses" in Stuttgart, dieses Bauwerk
für eine friedliche Sommerresidenz als Erholungsaufenthalt für sich und seine Familie in jeder Beziehung
zum Vorbild nahm. Von den am Rohbau tätigen Werkleuten hat sich noch Meister Hans W e h e l für
Zimmerarbeiten und Meister A o st für Maurer- und Pflasterarbeiten feststellen lassen. Die sogenannte
„weitze Arbeit" vollführte der Stuckateur Hans Becker, dem man auch die Ausführung des berühmten

Kgl. Metzbildanstalt, Bcrlin.

Abb. 7. Die Wilhelmsburg in Schmalkalden. Hosansicht von Süden.
 
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