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Der Dampf-Courier der Bergstraße: Anzeige- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land ((Januar-März)): Der Dampf-Courier der Bergstraße: Anzeige- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 1839

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Nr. 18 - Nr. 26 (2. März - 30. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42415#0107
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103

Thüre des Saals. Da lagen etliche Leichname.
Mein Blick streifte scheu über sie weg. Der
Aufseher erzählte mir mit geläufiger Zunge ihre
letzten Schicksale. Da sah ich einen weiblichen
liegen. Er war schon sehr entstellt. — Aber—
ich erkannte Julien. Es waren ihre Züge , ihre
Locken, ihre Gestalt. Der Wärter nannte sie
eine Deutsche. Das hörte ich noch. Weiter aber
wußte ich nichts mehr. Später erzählte mir
Stockinger, er sei mir nächgefolgt, denn meine
Schwermuth habe ihm Besorgnisse eingeflößt; er
sei gerade an La Morgue vorübergegangen, als
man mich für totst herausgebracht. Sechs ganze
Wochen lag ich schwer krank, darnieder, doch
meine unverdorbene Jugendkraft siegte: ich genaß
zu einem freudearmen, kummervollen Leben. „Das
Herz war gestorben, die Welt war leer, und
weiter gab sie dem Armen nichts mehr!" Was
sollte ich länger in Paris, wo mich Alles an
mein verlornes Glück erinnerte? Zerfallen mit
der Welt, mit dem Leben, das keine Hoffnun-
gen mehr für mich hatte, reiste ich ab. In
dumpfem Schmerz kam ich nach Deutschland.
Je näher wir nach Soeben kamen, desto schwerer
wurde mir das Herz. . Es war ein dunkler Ok-
tobcrabend, als wir nahe bei Soeben, so schien
cs mir, in einem steinigten Hohlweg nmgewor-
fen wurden, mit solcher Gewalt, daß der Wa-
gen zerbrach. Ich war aus dem Wagen ge-
stürzt, hatte meinen linken Arm zerbrochen, und
mehrere tiefe Wunden am Kopf erhalten. Be-
wußtlos trug man mich in das nahe Dorf. Wie
lange ich in der Ohnmacht gelegen, weiß ich
nicht; aber mein erwachen- glich dem eines Se-
ligen. Mir war's, als wäre ich im bessern Le-
ben, denn vor mir stand — meine Julie. Es
dauerte lange, bis ich's begriff. Sie war's. Ich
lag in Koödorf, in Kittwitz Schloß. Er war
Juliens Schwager. O, nun ging ein neues Le-
ben auf. Jetzt enträthselte sich der dunkle Zu-
sammenhang der letzten traurigen Begebenheiten.
Kornclie — Juliens Schwester, war erkrankt.
Eilig verließen die Eltern Paris, um ihr Kind
noch einmal zu sehen. Juliens düstre Stimmung,
das gestand sie mir jetzt mit züchtigem Erröthen,
galt meinem Scheiden. Jener Leichnach in La
Morgue mochte eine zufällige Aehnlichkeit gehabt
haben, die meine erregte Phantasie bis zur Iden-
tität gesteigert hatte. Kornelic war wieder ge-
nesen, und der Taustag ihres Erstgebornen war
mein und Juliens Hochzeittag. Den Kittwitz
verzieh ich, und lernte sie lieben.
O, rief Stockinger freudig, als wir Julie
als meine glückliche Gattin nach Soeben führten,
nun geht mein Wort in Erfüllung. Wie kehren

nicht heim ohne eine allerliebste Fran Rittmci-
sterin, die Kittwitz sind nicht alle böse, und ich
behalte meinen Säbel Und meine Uniform, bis
ich einst zur großen Revue muß, und Tabak
rauche ich, so viel ich will! — Viktoria !

Biographische Skizzen.
(Fortsetzun g.)
Hiller.
Johann Freiherr von Hiller, dieser Liebling
des großen Laudons, hat sich bereits im Tür-
kcnkrieg außerordentlich hervorgethan. Im Jahr
1788, den 11. Mai, kam er als Major bei dem
WarasdienerKreuzerregimente einem an der Uuna
angegriffenen.Kommando mit einer Division zur
Unterstützung, und trieb die Türken zurück. Im
Juni stand er mit einem Detaschement zu Lcber-
nitze gegen Novi; am 9. in der Frühe hat er
den feindlichen, auf drei Seiten unternommenen
Angriff, durch die eilends den Vorposten geschickte
Hilfe, zurück gewiesen. Den 27. Juli ließ er
Novi beschießen. Er ward 2ter Oberstlicutenant.
Am 12. August ließ er Freiparthisten über die
Unna setzen, welche die obere Vorstadt von Novi
und die umliegenden Gebäude, im Angesicht der
Festung und des türkischen Lagers abbrannten;
den 3. Okt., beim Sturm, hat er die Kolonne
angeführt, die Bresche bestiegen, die Gränzer
durch sein Beispiel aufgemnntert, und die Kor-
tine standhaft behauptet. Mit Ende Oktober
ward er von Laudon mit Depeschen an den Kai-
ser Joseph nach Semlin geschickt, der ihm das
Marien - Therestcn Kleinkreuz ertheilte. Im Jahr
1789 hat er sich bei der Belagerung von Ber-
bir so klug und tapfer ausgezeichnet, daß er auf
Laudons Fürsprache zum 2ten Obersten ernannt
wurde. Im August 1789 ward er von Laudon
mit dem Operationsplan zum Kaiser nach Wien
geschickt. Bei der Belagerung von Belgrad hat
sich der Freiherr v. Hiller ungemein ausgezeich-
net. Er folgte 1790 dem Fcldmarschall Laudon
zur Armee nach Mähren, und war bei dessen
Tode zu Neutirschin. Im Jahr 1792 ward er
zu der vom Kaiser Leopold angeordneten Mili-
tär-Verbesserungskommission als Assessor ange-
stellt. 1793 wurde er wirklicher Oberst und
1794 Generalmajor. In der Schlacht bei Würz-
burg 1796 und bei der Eroberung von Grau-
bündten 1799 hat er sich rühmlichst hervorgethan,
ward auch am 3. Juni bei Witikon blcssirt.
 
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