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Denkmalpflege: Auszug aus d. stenograph. Berichten d. Tages für Denkmalpflege 1900 - 1912 — 1.1910

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II. Grundsätze für die Wiederherstellung der Baudenkmäler (Stilfragen)
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Beispiele praktischer Denkmalpflege aus neuester Zeit
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Die Stilfrage bei Wiederherstellung alter Baulichkeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.29654#0108

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Beispiele praktischer Denkmalpflege.

betont, und ich bin gar nicht im Zweifel, daß jede der beiden Richtungen
in dieser Beziehung ihre großen Vorzüge, jede für sich hat.

Um aber auf unsere Denkmalangelegenheiten im besonderen zu kommen,
möchte ich noch, ehe mich die Guillotine erreicht, schnell hinzufügen, daß
mir für die Denkmalpflege der Vorzug der Neuigkeit in zweite Linie zu
rücken scheint. Die Neuigkeit ist bekanntlich eine Sache, die sich sehr
schnell abnutzt, und wenn wir für unsere Denkmäler schaffen, müssen wir
weiter sehen in dieser Beziehung als der Privatmann oder auch die Kor-
poration, die sich für ihre modernen Bedürfnisse ein Haus baut. Wir müssen
an die Konkurrenz denken, an das Zusammenwirken mit dem, was künst-
lerisch unendlich gefestigtere Zeiten geschaffen haben. Wir werden leicht
in Gefahr kommen, recht ephemere Schöpfungen neben die Schöpfungen
dauernden Wertes zu stellen, wenn wir die Neuigkeit der Wirkung vor allem
suchen, und, meine Herren, ich glaube nicht, daß wir mit solchem Ausdruck
unserer Zeit in späterer Zeit Ehre einlegen werden.

Ich habe ungern diese Erörterung angefangen, weil sie ja eigentlich
viel zu weit führt und weil ich besonders in der kurzen mir gegebenen Zeit
nur ganz andeutungsweise einzelne wichtige Punkte berühren kann. Ich
möchte aber noch auf eins hinweisen, daß die Auffassung, die uns hier in
ähnlicher Weise wiederholt entgegengetragen worden ist, als ob nur die —
höchst-moderne Kunst will ich sie nennen — würdig wäre, die Denkmal-
pflege zu führen und zu bereichern, doch auch in einem recht schroffen
Gegensatz steht gegen die tatsächlichen Verhältnisse der Denkmalpflege.
Meine Herren! Ich würde es für sehr unerwünscht halten, wenn nach außen
hin — und der Denkmaltag will nach außen hin wirken — die Anschauung
entstünde, daß für uns nur die höchst-moderne Kunst maßgebend wäre. Das
Gegenteil ist eigentlich der Fall, sie befindet sich in sehr starker Minderheit.
Ich brauche nur hinzuweisen auf die vortrefflichen Sachen, die uns Herr
Baudirektor Baltzer gestern vorgeführt hat, die nicht auf diesem Stand-
punkt stehen. Meine Herren! Ich erinnere an die ganz hervorragenden
Leistungen unseres verehrten Herrn Vorstandsmitgliedes Herrn Geheimrat
Hoßfeld auf dem Gebiete des Landkirchenbaues, die ebenfalls auf einem
anderen Standpunkt stehen. Meine Herren! Dort oben auf der Galerie des
Saales haben Sie die Ausstellung der ganz hervorragenden Leistungen, die
in Bayern unter der Ägide des Vereins für Volkskunst und Volkskunde ge-
schaffen worden sind. Meine Herren! Das Land, das sozusagen das Mutter-
land der Denkmalpflege in vieler Beziehung ist, das gesegnete Großherzogtum
Hessen, steht in seiner höchst erfolgreichen Denkmalpflege auch im wesent-
lichen auf einem anderen Standpunkt. Alle diese führenden Arbeiten sehen
eine gesunde Heimats- und Denkmalpflege in der ruhigen Weiterbildung
älterer Kunstweisen unter Berücksichtigung modernen Empfindens und
moderner Bedürfnisse. Ich halte es für wichtig, auch das hier kurz her-
vorzuheben, damit nicht nach außen hin ein unrichtiger, unzutreffender Ein-
druck von unseren Bestrebungen erweckt wird. (Lebhafter Beifall.)
 
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