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Denkmalpflege: Auszug aus d. stenograph. Berichten d. Tages für Denkmalpflege 1900 - 1912 — 1.1910

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IV. Kommunale Denkmalpflege
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Freilegung und Umbauung alter Kirchen
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Schutz der Grabdenkmäler und Friedhöfe
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https://doi.org/10.11588/diglit.29654#0496

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Schutz der Grabdenkmäler und Friedhöfe.

in ihrer ganzen Wucht erscheinen zu lassen. An der anderen Seite nach
dem Marktplatz hin, nach dem schönen Platze hin, der zwischen der Kirche
und dem Rathause liegt, sind an der Langseite der Kathedrale nach dem-
Chore hin kleine Häuser im 17. Jahrhundert angebaut worden. Diese kleinen
Häuser mit teilweise interessanten Lukarnen, möchte man gern abbrechen.
Herr Buls hat Ihnen vorhin vorgetragen, wie schädlich das wäre, und ich
hoffe, daß die Kommune Louvain, deren Ratgeber ich augenblicklich bin, die
Häuser erhalten wird, aber sie zunächst kaufen wird, damit nicht eines Tages
an ihrer Stelle andere Bauten entstehen, welche der Kirche zur größten
Unzierde gereichen könnten.

Dagegen sind nach dem Westturme hin eine Reihe von Häusern
angebaut, von drei oder vier Stockwerken, banal, wie Herr Buls sagt, nichts-
sagend, charakterlos, deren Erhaltung im jetzigen Zustande unmöglich
gewünscht werden kann. Wohl muß man wünschen, daß an dieser Stelle,
wie es übrigens ähnlich hier in Bremen, in Stralsund und an vielen anderen
Orten der Fall ist, zwischen Marktplatz und Kirche Wohngebäude, Laden-
geschäfte, kurz Bauten sich befinden, die zu dem Leben des Platzes passen
und die dem Verkehr auf dem Platze besser entsprechen, als eine immerhin
eswas düstere und verkehrslose Kirchenmauer. Es muß also im Westen
nach meiner unmaßgeblichen Meinung — und ähnlich kann die Sache oft
liegen —- in der Tat die Kirche in gswissem Sinne freigelegt werden;
andererseits aber muß man dafür sorgen, daß hier die Platzwand in dem von
Herrn Rehorst vorgetragenen Sinn zukünftig von Gebäuden kleinen Maß-
stabs gebildet werde, die den Charakter unserer Zeit tragen, aber nach der
anderen Seite geeignet sind, das große Baudenkmal in seiner ganzen Würde
erscheinen zu lassen und es nicht zu beeinträchtigen. Diese beiden Gesichts-
punkte des Verkehrs und des Eigentums, die bei den meisten Freilegungs-
fragen eine wichtige Rolle spielen, meine Herren, wollte ich nur kurz hervor-
gehoben haben.

Schutz der Grabdenkmäler und Friedhöfe
Lübeck 1908

Referent: Provinzialkonservator Professor Dr. Clemen-Bonn:

Nach den beiden Vorträgen über unsere größten Denkmäler, die an die
letzten Probleme unserer Kunst und der Denkmalpflege rührten, ein kurzes
Referat über eine sehr viel bescheidenere Denkmälergattung. Das Thema
»Erhaltung der Grabdenkmäler und Friedhöfe“ berührt ein Ge-
biet, auf dem vielleicht, -wenn man sich eines Superlativs bedienen darf, die
schlimmsten Unterlassungssünden und die ärgsten und ärgerlichsten Vergehen
des 19. Jahrhunderts liegen.

Die Grabdenkmäler in unseren Kirchen in ihrer Entwickelung von der
einfachen Grabplatte bis zu den prunkvollen, mit dem ganzen Reichtum von
lebensgroßen Figuren geschmückten Hochgräbern, in sich eine geschlossene
Entwickelungsreihe darstellend, lang und reich genug, um an diesem einen
Paradigma den ganzen Werdegang der deutschen Plastik vom 11. bis zum
18. Jahrhundert restlos abzuwandeln. Dann die Epitaphien, wieder in ihrer
Entwickelung vom einfachen Memorienstein über dem Totenschild hinaus bis
 
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