Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Denkmalpflege: Auszug aus d. stenograph. Berichten d. Tages für Denkmalpflege 1900 - 1912 — 1.1910

DOI Heft:
IV. Kommunale Denkmalpflege
DOI Artikel:
Über die Erhaltung alter Straßennamen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29654#0403

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erhaltung alter Straßennamen.

387

Über die Erhaltung alter Straßennamen
Bamberg 1905

Referent: Museumsdirektor, Professor Dr. Meier-Braunscliweig;

Euere Königliche Hoheit! Meine Herren! Wenn ich um meine
Meinung befragt würde, welchem «Denkmal“ einer beliebigen Stadt, die zu
inventarisieren wäre, seiner ganzen geschichtlichen Bedeutung nach der
Platz an erster Stelle gebührt, so würde ich ohne weiteres Besinnen sagen:
dem Grundriß der Stadt mit dem Laufe ihrer Straßen, der Lage und
Gestalt ihrer Plätze, dem Zuge der Stadtmauern. Denn die innere und
äußere Geschichte einer alten Stadt findet eigentlich auch in dem präch-
tigsten Dom oder dem schönsten Rathause lange nicht in dem Maße ihren
klaren und unzweideutigen Ausdruck, wie in dem Stadtplan, der eine Fülle
von geschichtlichen Aufklärungen enthält. Man kann vielleicht sagen, der
Grundriß einer Stadt ist die monumentalste Urkunde ihrer Geschichte, und
man versteht eigentlich deshalb nicht, warum bisher eine umfassende Ge-
schichte der Stadtpläne, namentlich des Mittelalters, das in erster Linie in
Frage kommt, nicht geschrieben ist. Aber man begreift doch auch wieder
diese Unterlassung, wenn man bedenkt, daß es sich bei dieser Arbeit darum
handelt, sehr tief in die Geschichte jeder einzelnen Stadt einzudringen, und
es auf der anderen Seite doch auch wieder nötig ist, eine möglichst große
Fülle von solchen Einzeluntersuchungen anzustellen. Aber die Arbeit, die
geschrieben werden muß, ist doch auch wieder eine ganz außerordentlich
lohnende, und vielleicht darf man auf einem späteren Denkmalpflegetage auch
einmal die Frage erörtern, oh denn nicht auch für die Erhaltung der alten
Grundrisse in unseren Städten etwas getan werden kann, die bisher mehr
oder weniger vogelfrei waren, und es wäre auch sehr zu wünschen, meine
Herren, wenn in unseren Inventarisationen auf die Gestaltung und die Ge-
schichte des Stadtplanes etwas mehr Gewicht gelegt würde.

Indes, das ist nicht mein eigentliches Thema heute. Es handelt sich
vielmehr darum, die Erhaltung der Kamen der alten Straßen ins Auge zu
fassen, denn auch diese Namen sind bisher — darüber kann ein Zweifel
wohl kaum bestehen — vogelfrei gewesen. Ein solcher Name aber, meine
Herren, der ist nicht eine Etikette, die rein äußerlich auf eine Straße
geklebt wird, wie eine Etikette auf eine Flasche Wein, die vielleicht einen
ganz anderen Inhalt hat. Der Name ist fest verwachsen mit der Straße
selbst, er ist entstanden aus ihrer Eigenart. Allerdings in heutiger Zeit —
wir wollen ihr doch ja nicht unrecht tun — ist das nicht der Fall; aber es
gilt unbedingt für die alten Straßennamen. Infolgedessen muß der Schutz,
auf den ein jedes Denkmal Anspruch hat, auch auf diese Namen ausgedehnt
werden, und damit ergibt sich ja schließlich auch wohl die Heimatberechtigung
dieses Themas auf dem Denkmalpflegetage, und ich darf wohl daran erinnern,
daß erst ganz vor kurzem auch in unserer Zeitschrift «Denkmalpflege“ ein
ähnlicher Schutz der Sprachdenkmäler wie es da heißt, gefordert worden ist.

Auch der Name also einer Straße ist zu bewahren und zu beschützen,
weil er eine wertvolle geschichtliche Urkunde ist. Ich will mich hier
ausschließlich auf Straßennamen beschränken — genau dasselbe ist aber
selbstverständlich der Fall bei den Namen von Brücken, bei den Namen

25*
 
Annotationen