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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,2.1916

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Heft 8 (2. Januarheft 1916)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14292#0098

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rnüsse sich auch der Friede, ja der
„ewige Friede" machen lassen.
>Es ist doch ein so „klares" und
„vernünftiges" Ideal — warum
soll's nicht gehn? Man einigt sich
eben: die Staatsgrenzen bleiben ein-
für allemal wie sie sind, aller weitere
Zankstoff wird durch Schiedsgerichte
entschieden und durch vernünftige
Verträge reinlich aus der Welt ge«
schafft. Der Weltfriede ist nur eine
Frage der Organisation und der
Disziplin. So meinen die, welche
selbst keine Disziplin halten. Die
Staaten sollen Mehrheitsbeschlüssen
gehorchen. So fordern die, welche
sich selbst nicht durch Mehrheitsbe«
schlüsse binden lassen.

Bei der Mehrheitsgruppe dagegen
ist ein lebendiges Gefühl dafür, daß
es sich in Kriegen wie dem gegen-
wärtigen nicht um einzelmenschliches
Belieben und Mchtbelieben handelt,
vielleicht nicht einmal um Völker«
belieben, sondern um Entwicklungs«,
um Wachstumserscheinungen von
Volkskörpern und Staatskörpern, um
ein Auswirken von entwicklungsge-
schichtlichen Triebkrästen, die von der
Vernunft nicht, jedenfalls noch nicht
rationell geregelt werden können.
Schon deshalb noch nicht, weil sie
ja erst im Begriffe sind, sich selber
zu klären, sich darzustellen. Vorläufig
sehn sie ja noch in jedem Lande an-
ders aus, während doch die Voraus-
setzung der Verständigung ein we«
nigstens annähernd gemeinsames
Sachbild wäre. Der Wille zum An-
halten und tzemmen einer überwäl-
tigend großen Entwicklung ist, das
fühlt man, letzten Endes unvernünf-
tig. Man muß also mit Verständ-
nis vorbereiten und mit Be-
sonnenheit warten können, um im
richtigen Augenblick einzugreifen.
Dann wird sich nicht nur ein schein-
barer, künstlicher „Weltfriede" er-
geben, der vor dem nächsten Aus-
bruch des Mißtrauens und Neides
wieder zusammenbricht, dann wird

der geflickte europäische Kessel nicht
trotz aller Ventile wie demokratische
Kontrolle der Diplomatie u. dergl.
durch die Leidenschaften wieder aus»
einandergesprengt, sondern es wird
sich eine neue, junge Ordnung auf
Grund der tatsächlichen Gegenwarts«
und Zukunftskräfte ergeben, die wie-
derum die Entwicklungsgrundlage
für spätere, höhere Organisations«
formen sein kann. So gelangen
wir auf dem Boden der Wirklich-
keit und nicht durch eine bloße Aber-
siedelung ins rationalistische Wolken«
kuckucksheim zu einem schließlichen
Weltfrieden. Das ist der Weg des
alten, iponischen Pessimisten Kant,
der nicht ohne Laune und Behagen
den Wrrklichkeitsweg zum Weltfrie-
den beschrieb. Es ist nicht zufällig,
daß diese Anschauung gerade bei den
praktischen Köpfen der Sozialdemo-
kratie die Vorherrschaft hat, bei jenen
Männern, deren Leben sich nicht
allein in Volksreden und Aufsätzen
auswirkt.

Ob rn der sozialdemokratischen
Partei schließlich eine Spaltung ein-
tritt oder nicht, das läßt sich nicht
voraussagen. Wir meinen, die Zu-
schauer tun,am besten, sowohl rhre
Wünsche wie Lhre Prophezeiungen
und ihre Zurufe in die Arena zu«
rückzuhalten. St.

Ein Kriegerdenkrnal für
Freund und Feind

m nördlichen Frankreich ist St.
Ouentin ein Mittelpunkt für
kriegerische Operationen und, seit-
dem diese endgültig weiter vorge-
rückt waren, für die deutsche Ver-
waltung geworden. Durch eignen
Zufall traf es sich, daß dort ein
Kirchhof neu angelegt war und dem
Gebrauch übergeben werden sollte,
als der Krieg ausbrach. Schneller,
als man geahnt hatte, begann er
nun sich zu füllen. Dabei entstand
der Wunsch, die vielen Tapferen,
die hier zur letzten Ruhe gebettet
 
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