Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,2.1916

DOI Heft:
Heft 9 (1. Februarheft 1916)
DOI Artikel:
Vom Heute fürs Morgen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14292#0146

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
amtlichen Reden derer hinaus, die
an den Spitzen stehen, schweifte man
gar auf die Felder und Wälder der
Presse — welche Scheunen könnte
man da mit Garben unerschütter-
licher Zuversicht, trumpfenden Aber-
legenheitsgefühls und ätzenden Spot-
tes über unsre Hoffnungen füllen!
Mit tauben Garben ohne ein ein-
ziges Korn. Alle diese Worte sind
nun tot. Und es bleiben nur zwei
Möglichkeiten: entweder man irrte
sich, auch die führenden politischen
Köpfe irrten sich, oder man betrog
und ward betrogen. Tut nichts, die
Millionen glauben denselben Füh-
rern und ihrer eigenen Einsicht weiter.
Der Selbstbetrug lebt fort. Wenn
man auf die Folgen dieses Welt-
wahnes blickt, ist er dann nicht viel-
leicht das Grauenhafteste, was je
über die Erde ging? ^ A

Aufklärung über Österreich?

m Iännerheft der „Reuen Rund-
schau" veröffentlicht tzermann
Bahr einen Aufsatz „Böhmen", der
ein gutes Beispiel dafür bietet, wie
die so notwendige Aufklärung über
Österreich-Ungarn im Reich nicht
betrieben werden soll. Österreich be-
deutet ihm einen „Staatenbund",
der „noch immer kein Bundesstaat
ist". „Iedem der österreichischen Län-
der ist sein eigenes Gesetz einge-
boren", daher muß Böhmen „böh-
misch regiert^ werden. „Aber das
will der tzofrat nicht." „Der All-
deutsche wie der Russenfreund war
seit Iahren der tzintertreppengast
des tzofrates." „Der tzofrat" ist be-
kanntlich der Bahrsche Urgrund aller
österreichischen Äbel. „Run hat aber
dieser Krieg gleich im Anfang dem
Hofrat ein Lnde gemacht." „Mit
dem Hofrat verschwand auch sein
Freund: der Rationalist." „And da
hätte dieser Krieg, so nebenbei, dann
auch die böhmischen Fragen er-
ledigt.^ Die rührend einfache Le-
gende, die Bahr uns hier erzählt,

soll aber, „so nebenbei", auch seine
große Entdeckung belegen: „Zeichen
einer russischen Gesinnung fand ich
(bei den Tschechen) nirgends." „Ich
könnte mir, wie paradox das auch
klingen mag, eher vorstellen, daß sie,
wenn sie sich von Wien aus in ihrem
Volkstum bedroht . . . glauben,
vielleicht einmal der Gefahr einer
politischen Reigung zu Deutschland
erliegen." Welcher Gefahr!

Gleichzeitig berichten die Zei-
tungen lakonisch: die „Ceska obec so-
kolska" in Prag, der Hauptverband
der Lschechischen Sokolvereine, und der
„Svaz slovanskeho sokolstva" sind
amtlich aufgelöst worden. Die Brün-
ner Statthalterei teilt in einem Erlaß
an die autonomen Gemeindeämter
und die Bezirkshauptleute Mährens
dieGründe dazu mit.Die erstgenannte
Vereinigung, die den Mittelpunkt
des tschechischen, alle Schichten des
Volkes umfassenden und beherr-
schenden Turnwesens bildet, hat „in
dem den kriegerischen Ereignissen
vorhergegangenen Zeitraum in ihren
Kreisen durch Pflege enger Be«
ziehungen mit dem Ausland die
brüderliche Gesinnung gegenüber
dem Russentum und Serbentum ge-
fördert. Die Folgen hiervon sind
in ihrer Staatsgefährlichkeit erst im
Verlaufe des Krieges mit Rußland
und Serbien klar in Erscheinung
getreten. Dies allein würde schon
unter den jetzt gegebenen Verhält-
nissen die Staatsgefährlichkeit der
C. o. s. begründen. Hierzu kommt
noch Folgendes: Bald nach Kriegs-
ausbruch traten nach den gepfloge-
nen Erhebungen in Nordamerika
verschiedene tschechische Organisa-
tionen hervor, welche seither offen
eine maßlose österreichfeindliche Pro-
paganda betrieben. Es ist nun er-
wiesen, daß an diesen hochverräte-
rischen Bestrebungen sich in hervor-
ragender Weise die nordamerikani-
schen Sokolvereine beteiligt haben.
Ebenso ist erwiesen, daß die C. o. s.
 
Annotationen