Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,4.1918

DOI Heft:
Heft 24 (2. Septemberheft 1918)
DOI Artikel:
Mumbauer, Johannes: "Klassisch" und "romantisch" im heutigen Katholizismus, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14374#0193

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
sie als das erweist, was sis ist, klassizistisch, d. h. beschränkt". Als „katho-
lisches Zukunftsprogramm" tauge uur das romantische.

So stehen denn die Anschauungen anscheinend unversöhnlich gegeneinander.
Obwohl hier eine meritorische Auseinandersetzung bis in die letzten Tiefen des
Problems nicht beabsichtigt ist, wird es vielleicht doch wenigstens zur größeren
Klarheit der Fragestellung beitragen, wenn man sich einiger mehr äußerlich
formaler Schwächen in der Argumentation beider Gegner bewußt bleibt.

Wer — selbst Flaskamp nicht ausgenommen — wird Muth nicht beistimmen,
wenn er auch für die ersehnte katholische Dichtung der Zukunft möglichste
„Abereinstimmung von Form und Inhalt, von Seelischem und Sinnlichem",
in gewissem Sinne auch, wenn er »Ruhe, Klarheit und innere Geschlossenheit"
verlangt? Aber irwem er diese Ligenschaften der klassischen Kunst beilegt,
erhebt er diesen Begriff ins Allgemeine und Zeitlose, sieht also von den zeit-
lichen Erschcinungen der Klassik ab und hat es so leicht, hohe Forderungen zu
stellen, während er der Romantik, die er ganz konkret als jene bestimmte
„Schule" nimmt, das nachsichtige Abstrahieren von den „minder haltbaren
Tagesleistungen" einer begrenzten zeitgeschichtlichen Lpoche versagt. Hier ver-
mißt man ein wenig die Parität. Flaskamp dagegen erlaubt sich die methodische
Angenauigkeit, daß er zuerst „d ie Romantik" in ihrer ganz konkreten Gestalt
und im betonten Gegensatze zu „dem Romantischeu" auf den Schild erhebt,
dann aber seine ganze Beweisführung, unter der ausdrücklichen Erklärung,
es sei keine Wiederbelebung der romantischen Schule, sondern nur des ihr
innewohnenden Geistes beabsichtigt, auf jene allgemein „romantische",
d. h. christlich-universale Weltansicht aufbaut. Diese dem Gegner Blößen bie-
tende Inkonsequenz wäre vermieden worden, wenn er seine einseitige Vorliebe
für das nicht eindeutige Wort „Romantik" gezügelt und etwa die Bezeichnung
„gotisch" oder „christlich" oder eine ähnliche gewählt hätte — wobei zuzugeben
ist, daß jede Denomination des hier gemeinten Grundgefühls schwierig ist.

Worauf spitzt sich denn nun aber die Meinungsverschiedenheit eigentlich zu?
Ich uröchte mich nicht der Lächerlichkeit aussetzen, als „wohlmeinendcr Ver-
mittler" zu erklären, die beiden Gegner, die sich nur in „Mißverständnisse"
verrannt hätten, seien im Grunde einig. Nein, hier sind nicht zu vermittelnde
Gegensätze vorhanden — aber ebenso ist ein gemeinsamer Boden da, und zwar
im Allerwichtigsten. Linig sind beide, wie Muth offen bestätigt, in der Ab-
lehnung dcr „neueuropäisch-liberalen", d. h. rein diesseitigen Bildung; einig
aber sind sie auch in der Anerkennung des universal-transszendentalen Welt-
bildes mit all scinen geschichtlichen Gegebenheiten. In der Tat kann ein
christliches, ein katholisches Kultur- und Kunstprogramm nur auf dieser Grund-
lage und unter erklärtem Gegensatz zu dem humanistischen Fmmanentismus
sich aufbaucn. And dies — viel klarer und unmißverständlicher als Muth,
der sich in diesem Punkte unnötigerweise zurückhält — scharf betont zu haben,
ist das Verdienst Flaskamps, dem man gewiß nicht „zuviel große und un°
bestimmte Worte, zu geringe Schärfe der Begriffe und zu wenig Klarheit in
ihrer Vcrbindung" vorwerfen kann. Demnach liegt das Uirausgeglichene und
Unausgleichbarc auf cinem andern Gebiete, auf dem der Form, der geistigen
und künstlcrischen Form, wie auch die Bemängelungen und Forderungen Muths
nach dicscr Richtung wcisen. Hier aber wird es immer „griechische" und „gotische"
Menschen gcben, „klassische" unü „romantische" — auch innerhalb des Katholi-
zismus. Dcnn die Vcrschiedenheiten der ursprünglich menschlichen Grundver-
anlagungcn im Rhhthmus und Stil des Fühlens 'und Denkens, der Ruhe und
der Unruhe, des Glückgenießens und des Suchens, der Schönheit und der
Kraft, dcr Harmonie und des Ausdrucks, die weder einer Zeit, noch einer
Llation, noch einer Religion eigen, sondern unter alle Menschen bunt gemischt
sind, fehlen auch unter den Katholiken aller Zeiten uick> Völker nicht und
werdcn nie aus ihnen verschwinden. Wir haben da auf der einen Seite die
Basilius, Gregor von Nazianz, Thomas von Aquin, Tauler, Scuse, Bossuet,
Fenelon, Franz von Sales, Sailer, Hirscher, auf der andern die Chrhsostomus,
 
Annotationen